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Heimatgeschichte Zeitz Heimatgeschichte Zeitz: Herzog nächtigte im "Bär"

Von Petrik Wittwika 24.09.2016, 14:00
Das ist ein Blick zum „Schwarzen Bären“ am Zeitzer Altmarkt um das Jahr 1980.
Das ist ein Blick zum „Schwarzen Bären“ am Zeitzer Altmarkt um das Jahr 1980. Privat

Zeitz - Erwähnung findet der Gasthof „Zum Schwarzen Bären“ schriftlich erstmals 1614, wobei ausdrücklich bemerkt wird, dass er schon hundert Jahre vorher bestand. Über 150 Jahre und zwar bis 1650 gehörte er der Familie Fritzsche. Während des Fürstentages 1537 übernachtete hier neben Herzog Albrecht von Braunschweig-Grubenhagen auch Landgraf Philipp von Hessen.

Den Zeitzer Chronisten Raute und Zader sind ausführliche Berichte zu den Geschehnissen während des Dreißigjährigen Krieges zu verdanken, die sich auch immer wieder im „Schwarzen Bär“ in einer Zeit der Bedrohung durch Pest, Plünderung und Einquartierung vollzogen. So erschien am 3. November 1632 der kaiserliche Generalproviantmeister Liebholdt in der Stadt, in den Quellen als „Unhold“ bezeichnet, der sich mit lautstarken Beschimpfungen durch das Wassertor Einlass in die Stadt verschafft hatte, um Geldkontributionen und Proviant zu erzwingen, wozu er Bürgermeister Weigel zu Verhandlungen in den Gasthof kommen ließ.

Johann Graf von Götz

Johann Graf von Götz (1599-1645), Feldmarschall der kaiserlichen Armee, kam am 15. Februar 1637 mit seiner gesamten Armee nach Zeitz und bezog seine Zimmer im „Schwarzen Bären“. Am gleichen Tag empfing er in der „nach dem Markte zu gelegenen blauen Oberstube, auf seinen Wunsch“ eine Schutz-Deputation (eine „Salva guardia“) des Zeitzer Rates, die Graf von Götz am Folgetag auch tatsächlich einräumte.

Bereits 1614 und 1720 ist in den Quellen immer wieder von dem desolaten Zustand des Gasthauses „Schwarzer Bär“ die Rede, der durch die Eigentümer allerdings stets wieder beseitigt werden konnte.

Wem kommen nicht die einprägsamen Düfte der fremden Konsumwelt im „Intershop“ der DDR in die Nase, wenn er an den „Schwarzen Bär“ denkt? Doch dieses vorerst letzte Kapitel dieses Hauses war Anfang 1991 mit der Schließung der Verkaufseinrichtung beendet. Seitdem harrt es einer ungewissen Zukunft und genauso lange ist der Durchgang gesperrt. Dabei führte Jahrhunderte über den Ausspannhof des Hotels das historische Bärgässchen entlang als schnelle Verbindung zur Kalkstraße.

Baugeschichtliche Fundgrube

Erst in den letzten beiden Jahren tat sich etwas. Erst vor allem bei Gesprächen hinter den Kulissen, dann auch deutlich sichtbar: Das Gebäude ist inzwischen gesichert und konnte nun auch erstmalig zum Tag des offenen Denkmals besucht werden. Der Durchgang, der seinen Namen Bärgasse wiedererhält, wird nach umfangreichen Klärungen mit den Eigentümern der Teilgrundstücke bald wieder für Passanten freigegeben.

Das Gebäude ist eine baugeschichtliche Fundgrube: Mehrere Bohlenstuben im Haus, das unterirdische Gangsystem, überputzte Renaissancemalereien auf Holzbohlen in der „blauen Stube“, ornamentierte Schlusssteine. Keine quellengenaue Zeitzer Chronik kommt ohne die Erwähnung des Hotels „Schwarzer Bär“ am Altmarkt 8 aus. Stadtgeschichtlich bedeutsame Ereignisse, Erzählungen wie Kurt Fröhlichs „Heimat“ oder die Geschichte einer Magd, die im Keller durch Bierschwaden erstickte, und Anekdoten um betrunken randalierende Feudalherren anno 1549 ranken sich um die Geschichte eines der wichtigsten Zeitzer Bürgerhäuser am repräsentativsten Platz der Stadt, dessen älteste Gemäuer ein Spiegelbild der im 13. Jahrhundert einsetzenden Oberstadtbesiedlung darstellen.

„Zum Schwarzen Bären“ in Zeitz

An die Jahrhunderte währende Gastgewerbenutzung erinnert heute nur noch der Schriftzug „Hotel“ in den Glasfenstern der Empiretür. Dass das alte Gasthaus 1960 seinen historischen Namen „Zum Schwarzen Bären“ zurück erhielt, ist dem damaligen Eigentümer Willy Andreas zu verdanken, der 1950 das seit 1870 unter dem Namen „Hotel Herold“ geführte Haus übernommen hatte.

Für den Bauhistoriker ist der „Schwarze Bär“ ein besonderes Hausdenkmal, das ein solides Zeitzer Fachwerkzeugnis darstellt und unter sachverständiger Anleitung denkmalsgerecht zu retten ist. Und an der spannenden Frage, ob die zwei Satteldächer ursprünglich zwei Häuser darstellten, kann man sich wahrhaftig die Zähne ausbeißen. Durch die laufende Altmarktsanierung ist der „Bär“ nun stärker in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Seit langem hatte sich die Stadt um eine Rettung dieser steinernen Legende bemüht, die seit über 20 Jahren im Dornröschenschlaf liegt, der hoffentlich bald - wie im Märchen - überwunden ist.

Der Teilabbruch des völlig desolaten Hintergebäudes Ende des Jahres 2013 war die erste Etappe für die Wiederbelebung dieses unverzichtbaren Bestandteils der Zeitzer Architektur und Geschichte. Nach der nun erfolgten Sicherung des Gebäudes kann der Bär optimistischer in die Zukunft blicken. (mz)

Von 1870 bis 1960 war es Herolds Hotel.
Von 1870 bis 1960 war es Herolds Hotel.
Privat