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Hausarzt bald ein Auslaufmodell?

Von UTA KUNICK 09.04.2010, 18:14

ZEITZ/MZ. - Die Zahl der Hausärzte sinkt immer weiter. Das trifft auch auf die Elsterstadt zu. Allgemeinmediziner, die aus Altersgründen ausscheiden, finden kaum noch Nachfolger für ihre Praxis. Der jüngste Fall ist Dr. Bruno Hartung. Der Facharzt für Allgemeinmedizin trat am 1. April mit 68 Jahren den Ruhestand an.

Sämtliche Bemühungen, die Praxis einem Jüngeren zu übergeben, schlugen fehl. Daher stehen die Räume in der Theodor-Arnold-Promenade leer. Derzeit praktizieren in der Stadt 21 Hausärzte. Damit ist, rein rechnerisch gesehen, ein Hausarzt für 1 234 Einwohner da. Generell gibt es in Sachsen-Anhalt zu wenig Hausärzte, erklärt der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalts Dr. Burkhardt John. Der Landesdurchschnitt liegt zwischen 1 000 und

1 050 Patienten pro Hausarzt. Im Bundesdurchschnitt behandelt ein Hausarzt zwischen 900 und 950 Patienten. Die Stadt Zeitz gehört hinsichtlich der medizinischen Versorgung nicht zum Notstandsgebiet, räumt John ein. Doch wer in der Elsterstadt einen Hausarzt sucht, hat schlechte Karten.

Viele Praxen weisen neue Patienten ab. Diese Erfahrung machte auch die MZ bei einem Rundruf. "Die Praxis ist überlastet. Wir nehmen keine weiteren Patienten mehr an", war aus der Praxis von Sabine Göttsch zu hören. Dieselbe Antwort erhalten Patienten von Dr. Jörg Federbusch, der seit fünf Jahren wegen Überfüllung niemanden mehr aufnehmen kann. Dagegen gibt es in der Praxis des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) Dreiländer-Eck am Platz der deutschen Einheit noch freie Kapazitäten, erklärt Geschäftsführer Bernd Schnell. Demnächst soll eine Ärztin dazukommen.

Der Facharzt für Allgemeinmedizin Lutz Bemme praktiziert seit 30 Jahren. In einer vollen Praxis mit einem großen Patientenstamm. In Einzelfällen ist er bereit, neue Patienten aufzunehmen, sagt er der MZ. Aber nur, wenn diese in der Nähe der Praxis (Kurt-Eißner-Straße) wohnen. "Das zugeteilte Budget ist schnell erschöpft, wodurch uns die Hände gefesselt sind", kritisiert Bemme die Gesundheitspolitik. Bemme geht es wie vielen anderen Hausärzten in der Region. Der Anteil älterer Menschen, die häufiger einen Arzt brauchen und einer intensiveren Betreuung bedürfen, nimmt zu. Die Ursache liegt in der Entwicklung der Bevölkerungsstruktur. Aus diesen Gründen sei die budgetierte Vergütung um 14 Prozent erhöht worden, erklärt John. Das scheint jedoch nicht zu reichen, wie die Umfrage zeigt.

Der Rückgang der Zahl der Hausärzte macht selbst um das Georgius-Agricola-Klinikum Zeitz keinen Bogen. In der Notaufnahme treffen immer mehr Patienten ein, die angeben, keinen Hausarzt zu haben. Das Aufkommen ist in den letzten Jahren drastisch gestiegen. Im Jahr 2000 wurden in der Notaufnahme 12 600 Patienten registriert. Im Vorjahr stehen zirka 17 000 Fälle zu Buche. Und das bei gleichen Räumlichkeiten und weniger Personal. "Das Haus ist auf solch einen Andrang gar nicht ausgelegt", sagt der leitende Oberarzt der Notfallaufnahme Markus Preußler. In vielen Fällen liege kein Notfall vor, erklärt er und führt als Beispiel Patienten an, die den Notarzt in Anspruch nehmen, weil sie Rückenschmerzen oder Kopfschmerzen haben. Und das seit Tagen. "Das Ganze ist nicht mehr kompensierbar und geht auf Kosten des Personals", meint Preußler.

Das Durchschnittsalter der in Zeitz ansässigen Hausärzte beträgt 54 Jahre. In fünf Jahren sind elf von derzeit 21 Allgemeinmedizinern 60 Jahre und älter. Sie werden also in den Ruhestand gehen. Und möglicherweise - wie viele andere vor ihnen - keinen Nachfolger finden, weil der Hausarztberuf für Medizinstudenten nicht lukrativ genug ist. Am 28. April treffen sich Vertreter der Hausärzte, von Krankenkassen und aus dem Klinikum Zeitz mit Oberbürgermeister Volkmar Kunze (FDP), um über das Problem Hausarztversorgung zu beraten und nach Lösungen zu suchen.