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Großfeuer 1986 in Tröglitz Großfeuer 1986 in Tröglitz: Hort wird Raub der Flammen

Von Petrik Wittwika 26.01.2016, 17:07
So sah der Hort in Tröglitz nach dem Brand aus. Schnell war klar, dass es sich um Brandstiftung handelte.
So sah der Hort in Tröglitz nach dem Brand aus. Schnell war klar, dass es sich um Brandstiftung handelte. Petrik Wittwika Lizenz

Tröglitz - (Am Dienstag, den 12. August 1986, ging um 3.45 Uhr in der Fernmeldezentrale der Betriebsfeuerwehr des VEB Hydrierwerkes Zeitz die Meldung über den Brand des Tröglitzer Schulhortes ein. Das Feuer meldete der Brandschutzinspektor, der diese Feststellung von seiner Wohnung in der Ringstraße aus traf, nachdem er einen Feuerschein mit starker Rauchentwicklung im Wäldchen wahrgenommen hatte.

Als er am Brandort ankam, waren die Einsatzkräfte der Betriebsfeuerwehr gerade eingetroffen. Der komplette linke Flügel des Kinderhortes stand zu diesem Zeitpunkt in voller Ausdehnung in Flammen.

Das Dach des Hortes war überwiegend durchgebrochen, Haupteingang und teilweise die Fenster waren durch das Feuer zerstört. Zur Brandbekämpfung rückten noch das Feuerwehrkommando Zeitz sowie die Feuerwehren Tröglitz und Rehmsdorf an. Bemerkt worden war der Brand schon gegen 3.15 Uhr von Zeugen, die ihn aber als „irgendwo im Wäldchen“ in der Nähe der Schutthalde nicht genau lokalisieren konnten.

Der frühe Morgen graute. Langsam näherte sich der Pkw Trabant, das Einsatzfahrzeug der schnell gebildeten Einsatzgruppe des Volkspolizei-Kreisamtes Zeitz, knatternd über den Plattenweg im Wäldchen unweit der Bahnschienen zum Tröglitzer Hort.

„Erster Angriff“

Die Ermittler trafen am noch brennenden Objekt ein, um unverzüglich ihre Ermittlungen, in der Fachsprache als „Erster Angriff“ bezeichnet, durchzuführen. Noch am gleichen Tag stellten sie unter Oberleutnant der Kriminalpolizei Förster einen ausführlichen Untersuchungs- und Maßnahmeplan auf, um die Brandstiftung zielgerichtet aufzuklären.

Schnell stand fest, dass der Hort am Tag zuvor um 15.50 Uhr von der bis zu diesem Zeitpunkt noch vier Kinder betreuenden Erzieherin und dem Hausmeister nach Dienstschluss ordnungsgemäß verlassen und abgeschlossen worden war. Es war die Zeit der Sommerferien.

In den nächsten Tagen konzentrierte sich die Ermittlungsarbeit auf die Vernehmung und detaillierte Feststellung der Personenbewegung in der Nacht vom 11. auf den 12. August im Umfeld des Hortes. Der Erfassung der Personen, die sich am frühen Morgen zwischen 3 Uhr  und 4.30 Uhr im Bereich Garagenkomplex/Sportlerheim und Weg zum Hortgebäude aufhielten, galt besondere Aufmerksamkeit.

Die Spurensicherung stellte eine Fährte vom abgebrannten Hort über einen Feldweg bis zur Einmündung in die Landstraße sowie drei unverriegelte Fenster im Brandobjekt fest. Brandentstehungszentrum war der Gruppenraum der ersten Klasse, der sich an der Rückfront der Baracke befand. Hier lagerten leicht brennbare Materialien wie Steppdecken und Liegen. Ein möglicher Zusammenhang mit drei bis dahin ungeklärten Einbruchsdiebstählen in der Zeit davor spielte in der analytischen Tätigkeit der Ermittler eine wichtige Rolle.

Einbruch Anfang Juni

Beim Einbruch Anfang Juni 1986 wurden ein „Luxomat“-Fernseher und Mopedanhänger gestohlen. Der oder die Täter hatten während des letzten Einbruchs einige Tage vor dem Brand sogar mit Kerzen hantiert, woraus Wachstropfen auf dem Fußboden resultierten, die von den Erzieherinnen entdeckt worden waren.

Auch die Kreisdienststelle Zeitz des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) wurde über Verlauf und Ergebnisse der Ermittlungen genauestens informiert, da man in der am 12. August aufgestellten Version über die Brandursache auch mutmaßte, der Brand könne ebenso die Tat „gegnerischer Personen“ sein. „Maßnahmen zur Prüfung operativ-interessanter Personenkreise“ hatte die Polizei am 15. August längst eingeleitet. Vernommen wurden auch Personen, die in Tröglitz - nach damaligem Behörden-Sprachgebrauch - durch „asoziales Verhalten“, etwa Arbeitsbummelei, amtlich bekannt waren.

Die Volkspolizei ließ in der Lokalpresse nur sehr knappe Meldungen veröffentlichen, sowohl kurz nach dem Brand als auch nach Verhaftung der Täter, wobei gänzlich auf Spekulationen oder reißerische Schlagzeilen verzichtet wurde. Dennoch war der Brand des Schulhortes Gesprächsthema Nummer eins in Tröglitz. Der Autor des Beitrages kann sich sehr gut an einen Spaziergang mit seiner Kindergartengruppe kurz nach dem Brand erinnern, der zum ausgebrannten Hort führte. Aus Bastelpapier hergestellte Friedenstauben haben sich in sein Gedächtnis eingebrannt. Sie hatten dem Feuer getrotzt und hingen in den Fenstern. (mz)

1959 war der Hort aufgebaut worden, viele halfen mit.
1959 war der Hort aufgebaut worden, viele halfen mit.
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