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Gebäude und Denkmale Gebäude und Denkmale: Ein Leben im Quartier des Ney

Von Heike Riedel 29.04.2003, 16:28

Kaja/MZ. - Wer Marschall Michael Ney besuchen möchte, soll einmal klingeln. Wer an Peter Mechler, dem Sachsen, Polygraphy-Ingenieur, Lehrausbilder oder Chef der Felddruckerei 1813 interessiert ist, der muss dreimal klingeln. Steht das Tor zu dem ältesten Gehöft in Kaja auf, wird in beiden Fällen der moderne Ruf nach dem Hausherrn ein und dieselbe Person herbeiholen: Einen aufgeschlossenen Mittvierziger mit dichtem Bart, der Gäste in das Wohnhaus einlädt und ihnen von seiner Geschichte erzählt, bei Interesse bis in Details der Befreiungskriege vordringt und dabei auch sein Hobby als einer der Darsteller dieser Zeit nicht vergisst. "Jetzt muss ich mich zwangsläufig auch ganz speziell Marschall Ney widmen. Ich werde nicht in seine Rolle schlüpfen, aber Literatur über den Mann lesen, der unter Napoleon als der Tapferste unter den Tapferen galt." So hat Mechler seine neue Aufgabe angenommen, die mit der Sanierung des mehr als 200 Jahre alten Hauses in Kaja wuchs. Denn hier soll in der Nacht vor der Schlacht im Dörferviereck Großgörschen-Rahna- Kaja-Kleingörschen am 2.- Mai 1813 Marschall Ney sein Hauptquartier aufgeschlagen haben.

Demonstrativ bürstet Peter Mechler den Staub von der Uniform der königlich preußischen Feldbuchdruckerei 1813, die er seit 1988 zu Biwakauftritten immer trägt. Sie hat den im Schatten des Völkerschlachtdenkmals aufgewachsenen Leipziger eng mit der Gemeinde Großgörschen verbunden. Erst ihr Gast beim Scharnhorstfest, wurde er 1994 als Mitglied des Scharnhorstkomitees erstmals mit zu dessen Gastgeber. Er lädt jedes Jahr mit zu dem Großereignis am ersten Maiwochenende ein, zu dem sich auf dem einstigen Schlachtfeld mehr als 1000 Mitglieder historischer Darstellungsgruppen treffen und Geschichte lebendig werden lassen.

Peter Mechler, das war für Bürgermeister Heinrich Hexel auch genau der richtige Mann, der dem Marschall-Ney-Haus das Leben erhalten könnte. Das leerstehende und verfallende Gebäude hatte die Gemeinde vor etwa sechs Jahren erworben, um mit ihm ein Stück Historie zu erhalten, doch war ohne Nutzer der Erhalt kaum zu sichern. Gesucht wurde ein Mieter, der die alten Türen, die abschüssigen Holzfußböden, die Schiffsbalkendecke und die vielen anderen Details vergangener Zeiten zu schätzen wusste. Mehr noch konnte Peter Mechler sogar bieten. Selbst legte er innen Hand an, das historische Ambiente zu bewahren, ohne auf Komfort wie elektrisches Licht, Heizung, moderne Sanitäreinrichtungen und eben jene Klingel am Hauseingang zu verzichten. Er hat Wände mit repariert, Türen und Balken von Farbe befreit, alte Schlösser angeschraubt. . . Die Handwerker legten jetzt ein alt aussehendes Dach auf, bauten grau-blaue zergliederte Fenster ein und ließen die Balken des Fachwerks unter Fassadenputz verschwinden. . .

"Schrittweise soll mit den bescheidenen Mitteln der Gemeinde und des Nutzers dieses Gehöft seinen ursprünglichen Charakter wieder erhalten", gibt Peter Mechler den interessierten Besuchern mit auf den Weg. Sie haben vor allem um das Scharnhorstfest und zum Tag des offenen Denkmals im September die Gelegenheit, sich von den Fortschritten zu überzeugen.