Existenzgründerseminar in Zeitz Existenzgründerseminar in Zeitz: Ausfall ist Ärgernis für alle

Zeitz/MZ - „Ich wünsche den Abwesenden ganz viele Aufträge - und dass keiner bezahlt.“ So etwas wünscht man eigentlich nicht. Dem Mann, der das am Montag trotzdem tat, war gerade genau das passiert. Olaf Reichelt ist Seminarleiter, er war um acht Uhr morgens aus dem thüringischen Bad Frankenhausen angereist, um ein Existenzgründerseminar zu halten. Doch statt der angemeldeten acht Personen erschienen drei - zu wenig, um das Seminar halten zu können.
Ob es der Jugendtraum ist oder man nur einfach mal eigener Chef sein will. Zur Selbstständigkeit gehört neben dem Fachwissen auch geschäftliches Know-how. Das bekommen Gründer im Kreis auf verschiedenen Wegen. Es gibt dreitägige Starterseminare, die - im Fall Olaf Reichelts und seiner Firma Agentur für Existenzgründungen - 40 Euro betragen. Als Berater und Gründungsbegleiter stehen Existenzgründern zwei Egopiloten zur Verfügung. Wenn das Unternehmen startet oder gerade gestartet wurde, kann die „Regionale Existenzgründer- qualifizierung“ besucht werden - der Grundlagenkurs geht über 200 Stunden, je einen Tag in der Woche und ist kostenfrei. Im Zusatzkurs gibt es Infos zu Recht, EDV, Marketing. (JUR)
Für den selbstständigen Seminarleiter ist das ein Verdienstausfall trotz Aufwendungen. Für die anwesenden Teilnehmer ein sehr frustrierender Moment. „Es ist sehr ärgerlich, dass der Kurs ausfällt. Ich habe extra Urlaub genommen“, sagt Bassran Zahran. Er will nächstes Jahr in der Merseburger Straße in Weißenfels einen Imbiss eröffnen, arbeitet seit einigen Jahren in der Gastronomie. In diesem Kurs wollte er sich mit der Selbstständigkeit vertraut machen. „Hier ist viel zu lernen, Businessplan aufstellen, Steuern, Kassenbuch schreiben.“
Zwei Drittel der Seminare fallen aus
Dass Seminare, obwohl geplant, nicht stattfinden, sei nicht ungewöhnlich, berichtet Reichelt. Er bietet jährlich 140 Seminare an, das sind drei, manchmal vier in der Woche. „Davon fallen zwei Drittel aus“, sagt er. Allerdings: Ein Ausfall, wenn das Seminar an sich schon begonnen hat, das sei die absolute Ausnahme.
Normalerweise werde der Termin bekanntgegeben, dann melden sich die Interessenten an. Kommen sieben und mehr Personen zusammen, erhalten alle kurzfristig die Bestätigung. Werden Anmeldungen zurückgezogen und keine - zur Durchführung nötigen - sieben Personen sind mehr dabei, dann würden die anderen Betroffenen noch informiert.
Das halten andere Anbieter solcher Seminare genauso. Volker Bart, Standortleiter des IHK-Bildungszentrums Halle-Dessau in Weißenfels, sagt, die IHK biete vier solcher „First Step“-Existenzgründerkurse, wie sie hier heißen, an. Dieses Jahr seien davon nur drei zustande gekommen. Aber das IHK-Bildungszentrum versucht, zehn Leute zusammenzubekommen, damit ganz sicher sieben auch wirklich kommen.
So geschah es bei einer jungen Weißenfelserin, als sie vor einem knappen Monat ein Existenzgründerseminar in Weißenfels besuchen wollte. Damals war sie angemeldet, aber es kam kein Kurs zustande. Zwei Tage vor dem Starttermin hatte sie einen Anruf erhalten, dass die Veranstaltung deshalb ausfalle. Drei Wochen später sitzt sie in Zeitz - und wieder wird es nichts mit dem Seminar.
Nun überlegt sie, an einem Kurs in Halle oder in Naumburg teilzunehmen. Die Zeit drängt für sie: Sie will im neuen Jahr ein Geschäft eröffnen. Sie ist bereits Meisterin, aber selbstständig war sie noch nie. Mit Hilfe des Egopiloten Rüdiger Warnicke - Begleiter der Existenzgründer im Kreis - hat sie einen Businessplan begonnen aufzustellen. Der soll noch den letzten Schliff bekommen. Aber sie interessiert sich auch für die anderen Informationen: „Ich möchte alles noch mal erfahren.“
Teilnehmer nehmen Anfahrt in Kauf
Kursleiter Reichelt begrüßt das. Er sagt, es sei sehr hilfreich, wenn Informationen mehrmals gegeben werden, erst so werden die Existenzgründer sicher. Dass die Teilnehmer, die letztlich zu Veranstaltungen kommen, auch weitere Wege in Kauf nehmen, hat er häufig beobachtet. Er sagt, er glaube, dass es daran liegt, dass heute mehr Menschen aus einem bestehenden Angestelltenverhältnis heraus gründen. Früher seien es fast ausschließlich Menschen ohne aktuelles Arbeitsverhältnis gewesen. „Die Leute sind heute eher bereit, zu fahren“, sagt Reichelt.
Eine Kursteilnehmerin hatte er aus Bad Frankenhausen mitgebracht. Kathrin Kopf wollte eigentlich dort an einem Seminar teilnehmen, aber es fehlten die Teilnehmer. Da sie gründen möchte, während sie noch Arbeitslosengeld I bezieht, also eine Frist für sich selbst sieht, hatte sie sich für den Kurs in Zeitz entschieden. Auch sie ist Opfer derjenigen, die einige wichtige Regeln für Unternehmer missachten: Absprachen einhalten, im Ernstfall so zeitig wie möglich absagen, pünktlich zahlen.