Erfolgsgeschichte im Chemiepark Zeitz Erfolgsgeschichte im Chemiepark Zeitz : Radici auf Weg zu Bio-Kunststoff

Alttröglitz - Weißes Pulver verlässt die Firma Radici, rund um die Uhr, Tag für Tag, 365 Tage im Jahr. „Wir produzieren 107.000 Tonnen Adipinsäure im Jahr und haben damit unsere Kapazitätsgrenze komplett erreicht“, sagt Jens Metzner. Der Werkleiter hat das Werk im Chemie- und Industriepark Alttröglitz mit aufgebaut und damit ein Stück Industriegeschichte im Süden von Sachsen-Anhalt geschrieben. 1997 fiel der Startschuss für das Projekt, 1998 wurde das Gelände gekauft und 1999 begann der Bau.
„Es war im Umkreis von 100 Kilometern die erste große Industriebaustelle“, erinnert sich Metzner 20 Jahre später. Damals wurden rund 400 Millionen D-Mark in den neuen Standort investiert. Nach etwa drei Jahren Bauzeit lief die Produktion an. Bis heute wird Adipinsäure hergestellt. Es ist ein weißes Pulver, farblos, geruchlos, nicht giftig und der Grundstoff zur Herstellung zahlreicher Kunststoffe.
Seit 2011 läuft die Produktion an ihrer Kapazitätsgrenze
„Am bekanntesten ist wohl immer noch Nylon, doch es wird längst nicht mehr nur für Damenstrumpfhosen verwendet, sondern man findet es zum Beispiel in Armaturenbrettern und Airbags von Autos“, zählt Metzner auf. Laut Betriebsleiter gehört das Zeitzer Werk zu den modernsten Chemiestätten der Welt.
Seit 2011 läuft die Produktion an ihrer Kapazitätsgrenze. „Mit weiteren Investitionen tun wir uns schwer“, so Metzner. Das Unternehmen besitzt zwar nebenan eine komfortable Optionsfläche, wo sie gut und gerne 300 mal 600 Meter bebauen könnten. „Doch für die klassische Chemie sehe ich nicht mehr die große Weiterentwicklung“ sagt Metzner beim Besuch des Landrates Götz Ulrich (CDU) im Chemiepark.
Radici: „Wir brauchen zwingend einen Bahnanschluss“
Die Probleme sind vielschichtig. Das weiß auch der Landrat: Das fange beim Fachkräftemangel an, reiche über die fehlende Standortfeuerwehr in Alttröglitz bis hin zum fehlenden Bahnanschluss. Beim Hochwasser im Juni 2013 wurde die Bahnbrücke über die Weiße Elster zerstört. Sechs Jahre später ist sie immer noch nicht wieder nutzbar.
„Wir brauchen zwingend einen Bahnanschluss, sonst bekommen wir kein Ammoniak für unsere Produktion und das Gefahrengut muss nun mal über die Schiene transportiert werden“, sagt Metzner. Derzeit werde die Strecke in Richtung Altenburg genutzt.
Radici unmittelbar von den Auswirkungen des Strukturwandels betroffen
Darüber hinaus ist Radici unmittelbar von den Auswirkungen des Strukturwandels in Chemie, Kohle und erneuerbarer Energie betroffen. Erst vor wenigen Jahren wurde ein modernes Heizkraftwerk gebaut, das den Dampfbedarf von Radici Chimica ganzjährig sichert. Dass in der Produktion anfallende klimaschädliche Lachgas werde mit Kohlestaub kombiniert und thermisch umgewandelt. „Das dient nicht nur dem Umweltschutz, sondern versetzt uns in die komfortable Lage, mit Kohlendioxid-Zertifikaten handeln zu können“, sagt Metzner.
Des Weiteren arbeitet das Unternehmen an einer Kunstfaser zur Herstellung von Bio-Kunststoff. „Vor allem nach dem Verbot für Einweg-Geschirr sehen wir damit eine große Chance auf dem Markt“, so Metzner. Das Material soll biologisch abbaubar sein.
RadiciGroup ist ein italienischer Hersteller von Polyamiden
Rund 180 Beschäftigte zählt das Unternehmen am Standort Alttröglitz. Etwa 70 sind über 50 Jahre alt, 90 über 30 Jahre alt und 20 Beschäftigte sind jünger als 30. Um perspektivisch Nachwuchs zu gewinnen, werden derzeit fünf Lehrlinge ausgebildet.
Die RadiciGroup ist ein italienischer Hersteller von Polyamiden, Kunstfasern und Kunststoffen. Die Firma wurde 1941 von Pietro Radici als Textilhersteller gegründet. Sein Sohn Gianni Radici setzte auf die Herstellung von Teppichen, Stoffen, Bodenbelägen und Automatten. Bis heute ist das Unternehmen in Familienbesitz. Denn wiederum Giannis Söhne Angelo Radici, Maurizio sowie Paolo führen die Tradition fort und leiten die Unternehmensgruppe. Das Unternehmen agiert weltweit und deckt die Polyamidproduktion von der Synthese von Adipinsäure, Polyamiden bis zur Garnproduktion ab. (mz)

