Eine Französin in Zeitz Eine Französin in Zeitz: Welche Rolle Reneé bei der Prüfer'schen Fabrik spielte

Zeitz - Auch der Name Prüfer ist mit der Zeitzer Stadt- und Wirtschaftsgeschichte eng verbunden. Philippe Prüfer aus Brasilien war unlängst in Zeitz zu Gast - auf den Spuren seiner Vorfahren vor allem im Altstadtquartier des Brühls.
Nach Schließung der Prüfer’schen Fabrik übernahm der aus der Scharrenstraße 3/4 stammende Glasermeister Helmut Pfeiffer die idealen Fabrikräume im Brühl 32 und richtete dort seine Fenster-Fabrik ein. Um 1945 beschäftigte Pfeiffer 25 Arbeiter in seinem Betrieb. Am 1. August 1949 erwarb er schließlich das Grundstück Brühl 32 von den Erben der Magdalene Prüfer.
Von Paris nach Zeitz
Renée, die junge Witwe Wilhelm Prüfers, war eine geborene Wohlfarth und Französin, die am 7. November 1901 in der Villa Niel 4 im 17. Bezirk von Paris das Licht der Welt erblickt hatte. Gleich nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges musste sie mit ihren Eltern, dem Großkaufmann Georges Wohlfarth und dessen gebürtig aus Köln stammender Frau Gertrud, geborene Crüger, sowie den drei Geschwistern Georgette, Elisabeth und Guido ihre Heimat Hals über Kopf für immer verlassen, da die große Politik vorerst nur noch Feindschaft zwischen Deutschland und Frankreich kennen sollte und der Aufenthalt der Wohlfarths in Paris fortan nicht mehr erwünscht war.
Am 6. Februar 1926 war die gebildete Schönheit mit dem Fabrikantensohn Wilhelm Prüfer in Berlin-Zehlendorf den Lebensbund eingegangen. Nach dessen Ableben hielt sie nichts mehr in Zeitz, wo ihr zudem viele Schicksalsschläge widerfahren waren. Auch der unerbittliche Tod, der dem Ehepaar die beiden 1926 bzw. 1929 geborenen Töchter Renate und Ruth im Babyalter entrissen hatte, gehörte mit zu den leidvollen Erfahrungen.
Gemeinsam mit dem erst vierjährigen Sohn Otti verließ Renée Prüfer Zeitz wohl auch auf Anraten ihrer Schwiegermutter Magdalene im Jahr 1935. Dennoch kehrte sie in den folgenden Jahren immer wieder zu Besuch in die Elsterstadt zurück, denn im Jahr ihres Weggangs war ihre zwei Jahre jüngere Schwester Elisabeth, die Anfang 1935 in Berlin den verwitweten Generaldirektor Walter Naether geheiratet hatte, Zeitzerin geworden.
Gegenüber der Villa
Das 1902 erbaute villenartige Wohnhaus in der Richard-Leißling-Straße 4, das gegenüber Naethers schlossartigem Haus Steineck, weithin nach wie vor bekannt als beliebtes „Kulturhaus Weltfrieden“, steht, hatte Wilhelm Prüfer für seine neu gegründete Familie von der Privatierswitwe Henriette Sauerzapf erworben. Nach seinem Tod verkaufte es seine Witwe bald darauf.
Bei der „Allgemeinen Internationalen Weltausstellung Brüssel“ fand Renée Prüfer zunächst zwischen April und November 1935 eine Anstellung im dortigen Deutschen Pavillon. Der eleganten Dame von Welt kam neben ihrer vom Einfluss der Belle Époque geprägten Etikette insbesondere ihre perfekte Mehrsprachigkeit zu Gute. Sie arbeitete als Dolmetscherin und Simultanübersetzerin, später sogar in Brüssel für die allmählich im Entstehen befindliche Europäische Union.
Dabei lernte sie den einen oder anderen Staatsmann höchstpersönlich kennen. Bis zu ihrem im 100. Lebensjahr am 10. Juli 2001 in Brüssel erfolgten Tod verband Renée eine innige Beziehung mit ihrem einzigen Sohn Otti, der 1958 in Brasilien die Frau seines Lebens, Irmgard Elizabeth Stupakoff, geheiratet hatte, deren Vorfahren die erste Bierbrauerei Brasiliens, nämlich die „Bavaria-Brauerei“ gehörte und ebenfalls in Hamburg ein beachtliches Handelshaus besaßen. (mz)



