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Dienst endet in Nonnewitz

Von Karin Großmann 29.09.2004, 18:19

Kretzschau/MZ. - Die examinierte Krankenschwester Inge Stehfest aus Golben arbeitete einst im Krankenhaus, blieb dann zu Hause, als die Kinder kamen. Später war die Mutter zu pflegen. Dann traf sie 1991 ganz zufällig in einer Apotheke Sieglinde Eckardt, die ein Jahr zuvor einen ambulanten Kranken- und Pflegedienst eröffnet hatte. "Inge, hast du Arbeit?" fragte Schwester Sieglinde und setzte noch eins drauf, als die verneinte: "Willst du nicht bei mir anfangen?" Schwester Inge war meine erste Einstellung, das war im Februar 1991, denkt Sieglinde Eckardt zurück, nennt sie heute noch Chef-Schwester, weil Inge Stehfest für die ambulante Pflege einfach wie geschaffen war.

Im Zeitzer Hochhaus hatte sie anfangs die meisten Patienten. Da sei es kein Problem gewesen, dass Schwester Inge keinen Führerschein hatte. Wenn Frau Eckardt auf Tour ging, setzte sie Inge Stehfest einfach ab, holte sie später wieder ab. Doch mit wachsenden Aufgaben, immer mehr Patienten und einem größeren Einsatzgebiet war das nicht mehr zu händeln. "Kein Problem", sagte Schwester Inge, die genauso wie ihr Mann froh war, dass sie wieder Arbeit hatte, und noch dazu eine, die ihr lag und Freude machte. "Mein Mann fährt mich." Der Landwirt, heute 72 Jahre alt, war in den Vorruhestand geschickt worden, hatte irgendwann zu viel Zeit. Jetzt wurde er wieder gebraucht, von seiner Frau. Damit die ihrem geliebten Beruf nachgehen konnte, stieg er als Chauffeur hinters Lenkrad eines der weißen Opel Corsa mit der Aufschrift Seniorenlandhaus Kretzschau. "Da hatte ich wieder meine Beschäftigung", sagte Jürgen Stehfest, legte die Zeitung beiseite, die er immer liest, wenn er auf seine Frau wartet. Über die Jahre hat er sich aber nicht nur als Fahrer nützlich gemacht. Er trägt ihr zu Schichtbeginn die Arzttasche ins Auto und löst zwischendurch auch Rezepte für die Patienten ein.

"Es hat Spaß gemacht", sagt Schwester Inge über diesen Job, lobt die familiäre Atmosphäre, nennt Schwester Sieglinde eine Chefin nach Wunsch, die immer ein offenes Ohr hat, Lösungen für Probleme findet, aber natürlich auch Leistung von ihren Mitarbeitern fordert. Dorfschwester Inge hat Spuren hinterlassen und Menschen bis ans Lebensende begleitet. Dafür ist auch Gerhard Kupfer dankbar. Seit 1992 kam Schwester Inge nach Luckenau, manchmal dreimal am Tag, um gemeinsam mit ihm seine Frau zu pflegen. "Sie hat meiner Frau so gut getan", erzählt er. Achteinhalb Jahre sei sie nach Luckenau gekommen. Als es dem Mann gesundheitlich auch nicht mehr gut ging, zogen Kupfers vor zwei Jahren ins Seniorenlandhaus, wo seine Frau bis zu ihrem Tod betreut wurde und er weiterleben und nicht zur Tochter nach Schwerin ziehen will.

In Nonnewitz wird Schwester Inge am Donnerstag ihre letzten Patienten versorgen. Else und Walter Meinhardt hat sie seit über zehn Jahren betreut. Dann gibt sie ihre Schwesterntasche ab. "Abschied wird dann aber noch richtig gefeiert", verspricht ihre Chefin.