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Diamantene Hochzeit Diamantene Hochzeit: Man muss sich lieben

Von Yvette Meinhardt 12.11.2013, 18:04
Annerose und Harry Stehfest nehmen sich zu ihrem 65. Hochzeitstag noch immer liebevoll in den Arm.
Annerose und Harry Stehfest nehmen sich zu ihrem 65. Hochzeitstag noch immer liebevoll in den Arm. Hartmut Krimmer Lizenz

Unterschwöditz/MZ - „Der 7. November 1953 war genau so ein sonniger Herbsttag wie in diesem Jahr“, strahlt Annerose Stehfest mit der Sonne um die Wette. Und sie weiß es ganz genau, denn vor 50 Jahren gab sie ihrem Harry das Jawort. Damals war sie gerade mal 19 Jahre alt. Jetzt - 60 Jahre später zur Diamanthochzeit - fuhren sie mit ihren Kindern und Verwandten noch einmal zur Kirche nach Göthewitz, an den Ort vieler schöner Erinnerungen.

Doch der 7. November 1953 wurde damals auch als Tag der Novemberrevolution gefeiert. „Wir hatten zwar eine Genehmigung, unsere Hochzeit auf dem Saal in Göthewitz zu feiern, doch um 22 Uhr kamen plötzlich die Ordnungshüter und warfen uns raus. Es war der 36. Jahrestag der Oktoberrevolution“, erinnert sich Harry Stehfest. Heute kann es das Paar schwarz auf weiß nachlesen, denn zum Jubiläum bekamen sie eine „Freiheit“ eben von jenem Tag. „Besonders die Anzeigen sind interessant, waren sie doch alle von schönen Geschäften und Gaststätten, die es heute längst nicht mehr in Zeitz und Umgebung gibt“, freut sich Stehfest über das ungewöhnliche Geschenk.

Kennengelernt haben sich die beiden schon zwei Jahre eher bei einer Hochzeit in Göthewitz. „Meine Oma hatte damals die Gastwirtschaft, da gingen natürlich alle aus dem Dorf ein und aus, wurde gefeiert und getanzt“, erzählt die heute 79-Jährige. Harry Stehfest stammt aus Unterschwöditz, wo das diamantene Hochzeitspaar heute noch lebt. Mit dem Fahrrad sind sie damals immer hin und her gefahren, 21 Kilometer pro Tour. Nach der Hochzeit zogen sie gemeinsam nach Unterschwöditz und bauten ein hübsches Einfamilienhaus.

"Die Chemie muss stimmen"

„Ich war eine gute Partie, denn ich war in Berlin auf Montage und ging auch gerne mal in Westberlin einkaufen. Meiner lieben Frau brachte ich zum Beispiel ein paar knallrote Lederstiefel mit, die mit Lammfell gefüttert waren“, erinnert sich der 83-Jährige. Erzählen die beiden aus ihrem Leben, so wird die Geschichte lebendig. Die Familie wurde enteignet und verlor doch nie den Mut. „Wir sind beide Kriegskinder, trugen abgetragene Sachen und gaben uns mit wenig zufrieden“, erzählt er. Doch Stillstand gab es für beide nicht. Er war als Vorarbeiter auf vielen Baustellen unterwegs, hat auch in der Region viele Spuren hinterlassen, so die Straße von der heutigen Zuckerfabrik bis weit ins Elstertal hinein gebaut. Annerose Stehfest hat in der Gastwirtschaft geholfen, dann Schneiderin gelernt und im Konsum gearbeitet.

Später baute sich das Paar gemeinsam eine sehr bekannte Nutriazucht auf, lieferte die Pelze in das Brühl nach Leipzig und das gute Fleisch ins Interhotel nach Gera. „Ach, ich hätte wirklich gern mal einen eigenen Pelz haben. Aber das war verboten. Wir mussten alle abgeben und bekamen auch kein Westgeld dafür, obwohl die Felle nur für harte Währung verkauft wurden“, sagt Annerose Stehfest. Mit der Wende brach das Geschäft schlagartig zusammen und die Zucht wurde aufgegeben.

Das Geheimnis einer so langen Ehe? „Man muss sich lieben, die Chemie muss stimmen, braucht eine Familie und Freunde, auf die man sich verlassen kann“, sagt Harry Stehfest. Das Jubiläum feierten sie im Kreise ihrer Kinder, Enkel, Urenkel, Freunde und Verwandten im Zeitzer Schloss Moritzburg. „Das Menü war einfach köstlich“, so schwärmen sie. Als besondere Überraschung gab es ein privates Orgelkonzert im Zeitzer Dom.