1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Zeitz
  6. >
  7. Den Gießern stehen heiße Zeiten mit Gussriesen bevor

Den Gießern stehen heiße Zeiten mit Gussriesen bevor

Von HEIKE RIEDEL 26.04.2010, 16:47

ZEITZ/MZ. - "Das ist schon eine Herausforderung", sagt Matthias Eckner zu seinem neuem Arbeitsplatz in Zeitz. Im Juni vergangenen Jahres hat der Schmelzer aus Bürgel seinen vertrauten Platz, den er seit der Lehre 32 Jahre bei Silbitz Guss hatte, zu Zeitzer Guss verlegt. Denn sein Chef, Geschäftsführer Frank Göttert, legte Wert darauf, einige seiner erfahrenen Mitarbeiter an den neuen Anlagen des Tochterunternehmens in Zeitz einzusetzen. "Hier sind das Riesenteile im Vergleich zu denen, die wir in Silbitz gegossen haben", beschreibt Eckner, was ihn beeindruckt hat. Fünf bis 30 Tonnen sind die Produkte schwer. Vor allem werden aber auch neue innovative Verfahren eingesetzt.

Am Kopf der 260 Meter langen Produktionshalle zeigt eine Leuchttafel an, was Eckners dreiköpfiges Team laut dem Produktionssteuerungssystem in welchen Mengen in den Schmelzofen geben muss. Hochwertiger Spezialschrott und Roheisen sowie sogenanntes Kreislaufmaterial liegen dafür bereit, aber auch Zusatzstoffe, mit denen das Eisen legiert wird. Die Kollegen der Arbeitsvorbereitung und des Qualitätswesens haben den Computer mit den Daten gefüttert, die sicherstellen, dass das Flüssigeisen, das den Schmelzofen 1 450 Grad Celsius heiß verlässt, die vom Kunden geforderte Qualität erreicht.

Um Qualitätsanforderungen geht es aber überall, bei der Formherstellung ebenso wie in der Putzerei, wo die Teile gestrahlt und schließlich beschliffen und geputzt werden, bei den Wärmebehandlungsprozessen, durch die die Produkte die gewünschten mechanischen Eigenschaften erhalten, und selbst bei der Farbgebung. Die Teile müssen schließlich einmal zuverlässig arbeiten und eine Menge leisten, zum Beispiel in Windkraftanlagen, Kraftwerken, Getrieben. Noch in diesem Jahr will Frank Göttert das Zertifikat für das ISO-Qualitätsmanagementsystem 9001 erreichen.

Das Unternehmen habe seine unerwartet ruhig verlaufene Startphase genutzt, die Investitionen abzuschließen, nachzurüsten und den Betriebsmittelpark aufzubauen, berichtet der Geschäftsführer. Die Mitarbeiter hätten sich sehr gut eingearbeitet und seien hochmotiviert. Die Aggregate liefen störungsfrei und funktionssicher, eine Vielzahl Erstmuster und Prototypen seien hergestellt worden, beschreibt er die Situation.

Angesichts der Wirtschaftskrise haben sich die Produktionserwartungen, vor deren Hintergrund 2007 die Wiederbelebung der einstigen Zemag-Hallen in Zeitz durch eine neue Gießerei in Angriff genommen wurde, bisher nicht erfüllt. "Unser Starttempo ist etwas langsamer", nennt es Göttert, man habe sich aber darauf einstellen können.

Gezielt wurde die Kraft eingesetzt für die Optimierung der Produktionslogistik, wodurch Kosten und Zeit gespart werden können. Die Entwicklungsabteilung im Silbitzer Unternehmen hat zum Beispiel Wege gefunden, die Abkühlzeiten, die manchmal mehrere Tage in Anspruch nehmen, teilweise um die Hälfte zu verkürzen. Wenn weniger Betriebsmittel oder Formsand eingesetzt werden können, spart das auch. So erklärt Göttert, was "nebenbei" in der Startphase erreicht wurde.

Mehr als 120 verschiedene Großteile seien bereits produziert worden. In den Versand geht ein jedes mit genauer Dokumentation, was an den einzelnen Arbeitsstationen bei Zeitzer Guss wie ausgeführt wurde. Und wenn zum Beispiel einmal der Ursache von Unfällen bei den Kunden nachgegangen werden muss und deswegen auch das Material unter die Lupe genommen wird, kommt man auf die Dokumentationen zurück.

"Ich habe gutes Personal", das macht den Geschäftsführer auch sicher, dass Qualität die Werkhalle verlässt. Als technischer Betriebsleiter gehört zum Beispiel Frank Kirchner dazu. Dem Diplomingenieur, der bei der Gisag in Leipzig schon Erfahrungen gesammelt hat und seit 1989 in einer Gießerei in Hessen Leiter war, macht seine Arbeit richtig Spaß. Auch weil er sich in Zeitz wieder heimisch fühlen kann. "Ich wollte wieder in den Osten zurück und freue mich, dass an diesem Standort wieder so ein Werk entstanden ist und ich von Anfang an dabei bin, es aufzubauen", sagt Kirchner.

Jetzt sind Aufträge eingegangen und Rahmenvereinbarungen mit wichtigen Kunden getroffen worden, die der derzeit 70-köpfigen Belegschaft im zweiten Halbjahr nach den Worten des Chefs "eine heiße Zeit" versprechen. Nicht nur europaweit werde geliefert, sondern auch mit Russland und den USA sei man im Exportgeschäft. Und das Ziel, das Geschäft so aufbauen zu können, dass einmal 230 Menschen bei Zeitzer Guss in Lohn und Brot stehen können, rückt damit wieder ins Blickfeld.