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"Das habe ich in 20 Jahren noch nicht erlebt" "Das habe ich in 20 Jahren noch nicht erlebt": Zeitzerin ist Hebamme aus Leidenschaft

Von Yvette Meinhardt 04.05.2019, 05:00
Gabriele Knobloch (zweite von links) ist seit 20 Jahren selbstständige Hebamme und freut sich besonders über den individuellen Kontakt zu Müttern und Kindern.
Gabriele Knobloch (zweite von links) ist seit 20 Jahren selbstständige Hebamme und freut sich besonders über den individuellen Kontakt zu Müttern und Kindern. Hartmut Krimmer

Zeitz - Eine sehr ungewöhnlichen Entbindung erlebte Hebamme Gabriele Knobloch vor kurzem in Zeitz. „So etwas habe ich in 20 Jahren noch nicht erlebt“, erzählt die 56-Jährige. „Am Ostermontag telefonierte ich gegen 19.30 Uhr mit einer meiner Frauen, die ungeduldig darauf wartete, dass die Wehen endlich einsetzen mögen. Zu dieser Zeit spürte sie noch nichts“, erinnert sich Gabriele Knobloch. Um 22 Uhr der nächste Anruf, es sei jetzt ganz dringend. „Ich schnappte meinen Notfallkoffer und flitzte los. Zum Glück wohnt die Familie um die Ecke und ich war gleich da“, fährt die erfahrene Hebamme fort. Doch sie kam zu spät. Das Baby war schon da.

Schnelle Geburt: Vater übernimmt Rolle der Hebamme 

Der Vater hatte unfreiwillig die Rolle der Hebamme übernehmen müssen. Das kleine Mädchen Kaylynn Sydney Melody Brooklyn kam gesund und ohne Komplikationen zur Welt. „Alles kein Problem, mein Mann ist ganz ruhig und besonnen geblieben“, sagt Mutter Kathrin Rosick. Für sie ist es bereits das sechste Kind. Mutter und Tochter ließen sich noch am gleichen Abend ins Krankenhaus bringen, sind inzwischen schon wieder zu Hause.

Warum das Baby vier Namen hat? „Einen besonderen Grund gibt es nicht. Alle meine Kinder haben drei Namen und es sollten Namen sein, die nicht jeder hat“, erzählt die Mutter weiter. Die Geschwister sind zwischen vier und 14 Jahren alt und kümmern sich liebevoll um den Neuankömmling, der große Bruder wiegt es behutsam auf seinem Arm. Das freut Hebamme Gabriele Knobloch, die weiterhin bei der Großfamilie in Zeitz vorbeischaut.

Medizin war der Plan, Hebamme der Beruf aus Leidenschaft

Kurz vor dem 5. Mai, dem Tag der Hebamme, am 1. Mai vor 20 Jahren machte sich Knobloch als Hebamme selbstständig, der Weg dahin war für sie nicht leicht. „Ich habe 1984 mein Abitur gemacht und wollte Medizin studieren, doch ich bekam keinen Studienplatz“, erinnert sich die 56-Jährige. Also entschied sie sich, Hebamme zu werden, da dies auch ein medizinischer Beruf ist. Sie absolvierte eine dreijährige Ausbildung an der Fachschule in Merseburg. Praxiserfahrung sammelte sie am Zeitzer Krankenhaus, später wurde sie dort schließlich angestellt.

Parallel dazu bot Gaby Knobloch im Beratungspunkt der Diakonie Vorbereitungskurse für werdende Mütter an, machte seit 1992 Hausbesuche bei den jungen Müttern und gab ihnen Tipps für die ersten Tage mit dem Baby. So sammelte sie bereits Erfahrung, 1999 wurde sie schließlich freiberufliche Hebamme, bietet „ihren“ Müttern seitdem Vorsorge, Entbindung und Nachsorge aus einer Hand.

„Im Zeitzer Krankenhaus stand man anfangs diesem Vorhaben nicht so offen gegenüber. So fuhr ich mit meinen jungen Müttern 1999 bis 2000 zur Entbindung ins Krankenhaus nach Hohenmölsen“, blickt sie zurück. Erst mit der Eröffnung des neuen Krankenhauses kehrte sie nach Zeitz zurück. „Mein erstes Baby war das Kind meiner besten Freundin und noch heute haben wir guten Kontakt“, erzählt sie. 3220 Mädchen und Jungen hat sie als Hebamme inzwischen auf die Welt geholfen. Derzeit würden vor allem alte Namen wie Hugo, Henry und Elfriede wieder häufiger ausgesucht.

Das ein Kind zu Hause geboren wird, befürwortet Gabriele Knobloch eher nicht: „Hausgeburten finde ich persönlich sehr gefährlich. Ich favorisiere immer noch die Entbindung in einer Klinik, weil hier Ärzte zur medizinischen Absicherung im Hintergrund stehen“, sagt die erfahrene Frau vom Fach.

Und wie steht sie zur Selbstständigkeit? Immerhin steige laut aktuellen Zahlen des Statischen Landesamt Sachsen-Anhalt die Zahl der angestellten Hebammen kontinuierlich: Seit 2010 stieg die Zahl um 13,3 Prozent. Insgesamt 430 Geburtshelfer waren 2018 registriert, davon waren 239 angestellt. Eine solche käme für Gabriele Knobloch nicht mehr in Frage. „Ich mag die individuelle Betreuung der werdenden Mütter und der Babys“, begründet die 56-Jährige (mz)

Als seine Frau Kathrin entband, wurde Marko Rosick unfreiwillig zum Helfer und holte seine Tochter auf die Welt.
Als seine Frau Kathrin entband, wurde Marko Rosick unfreiwillig zum Helfer und holte seine Tochter auf die Welt.
Hartmut Krimmer