Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Frauen organisieren sich ihre kreativen Abende selbst
LANGENDORF/MZ. - Blütensterne, Fröbelsterne, Bascettasterne liegen auf dem großen Tisch im Gemeinderaum des Pfarrhauses Langendorf, dazu eine schier unübersehbare Zahl von Stern-Vorlagen in Fadengrafik. Man könnte meinen, der erste Advent steht vor der Tür. "Na klar, ist doch so", sagt Katrin Eifrig, "am Wochenende haben wir Erntedank gefeiert und jetzt gucken wir auf Weihnachten."
Die Langendorferin, Annett Fritzsche aus dem selben Dorf in der Gemeinde Elsteraue und Heidemarie Vogel aus dem benachbarten Döbitzschen gehören der Kirchgemeinde Langendorf an und sind die Organisatorinnen dieses Abends, der nicht an feste Termine gebunden ist, sondern freihändig ausgemacht wird. Meistens sind es zwei Abende in kürzeren Abständen. Beim ersten Mal zeigen sie, was man so machen könnte zum Beispiel zum Thema Ostern und Frühling, Erntedank und Herbst, Advent und Weihnachten, beim zweiten Mal wird noch mal geübt, man tauscht Erfahrungen und Tipps aus, dann muss jeder zu Hause sehen, was er zustande bringt. Aber auch dann darf man das "Nottelefon" nutzen, damit niemand über dem Zusammenstecken der 30 gefalteten Einzelteile für den Weihnachtsstern verzweifeln muss. Der Blütenstern hat sogar 60 Teile und selbst für den Fröbelstern, gefaltet aus vier langen Papierstreifen, braucht man 40 Arbeitsschritte, bis er aussieht wie die Anschauungsstücke auf dem Tisch.
Die Ersten an diesem Mittwochabend sind Grenzgängerinnen aus dem thüringischen Falkenhain. Ursula Gruber hat Ilse Nickel und Reinhild Schlegel in ihr Auto geladen und sie mit nach Langendorf "gekutscht." Falkenhain und Langendorf gehörten früher zu einer Kirchgemeinde. Man hält noch immer eine lockere Verbindung, hofft auf ein gemeinsames Bundesland "Mitteldeutschland" und dann auch wieder auf eine gemeinsame Kirchgemeinde.
Spätestens jetzt wird klar: dieser Abend ist mehr als ein Bastelabend. Er könnte auch Frauentreff heißen oder Handarbeitsabend. Manchmal sind auch die Männer dabei. Die rostern lieber für alle oder besorgen mal Bastelmaterial. Das sei auch irgendwie Handarbeit, meint Heidemarie Vogel und betont, dass sich das Angebot keineswegs nur an die Mitglieder der Kirchgemeinde richtet. Renate Lippold zum Beispiel macht seit jeher gern mit, geht aber nicht in die Kirche. Sie ist Fröbelstern-Spezialistin und lehrt ihre Tischnachbarin das Geheimnis dieses Papiersterns.
Mit Beginn des Bastelns, Faltens und Stickens steigt der Geräuschpegel, denn anfangs scheint alles noch leicht und es gibt viel Gesprächsstoff, wenn man sich selten sieht. Da geht es ums Kochen, um den Familiennachwuchs und um Besuche bei betagten oder kranken Nachbarn. Und warum es beim Falten und Zusammenstecken eines Sterns eine Rolle spielt, ob man links- oder rechtshändig ist. Unversehens steckt man in einer Diskussion über alte Maße wie Schock, Mandel und Gros und dass es doch überhaupt schade sei, wie viele schöne deutsche Wörter kaum noch benutzt würden. Doch bevor die Frauen den Duden umschreiben, wird es allmählich schwierig beim Basteln und es wird immer ruhiger. Das ist der richtige Moment für Heidemarie Vogels Auftritt mit den Hallorenkugeln. "Kein Alkohol! Blutorange und Joghurt", preist sie ihr Stärkungsmittel.
Zum Schluss haben alle etwas fertig gebracht oder angefangen oder sind sich wenigstens über den Fehler klar, den sie in einem frühen Faltstadium begangen haben. Macht ja nichts, sie treffen sich bald wieder. Und dann gibt es ja immer noch das Nottelefon.