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Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Debatte über Sanierung und Hausabriss

Von Angelika Andräs 23.03.2012, 18:49

Zeitz/MZ. - Mut zur Lücke oder Mut zum Geschichtsbewusstsein? Im Hinblick auf verfallende Häuser in Zeitz eine spannende Frage. Die übrigens auch ganz unterschiedlich beantwortet wird, wenn man in der Stadt herumfragt. Die Meinungen reichen von "Am besten alle Bruchbuden weg, um die sich niemand mehr kümmert", wie Roland Wedel meint, bis zu "Man muss erhalten, was nur zu erhalten geht, das ist doch alles ein Stück altes Zeitz". Das sagt Sieglinde Müller. Möglicherweise liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen. Doch spätestens nach einem Fernsehbeitrag, der Zeitz erscheinen ließ wie eine barocke Ruinenstadt ohne sanierte Häuser und Leben, ist die Debatte angeschoben, suchen und finden die Vertreter beider Standpunkte Argumente.

Im Zusammenhang mit dem Fernsehbeitrag gingen bei der MZ Lesermeinungen und Briefe nicht nur aus Zeitz, sondern auch aus Leipzig und Berlin ein. Mit dem Motto "Mut zur Lücke" stelle man sich ein Armutszeugnis aus, argumentierte Burkhard Hirzinger aus Leipzig: "Wenn Sie nicht auf Biegen und Brechen versuchen, die noch verbliebene Altbausubstanz zu erhalten und entsprechend laute Hilferufe in die Welt senden, wird Zeitz 2030 nur 8 000 bis 10 000 Einwohner haben." Ganz anders die E-Mail von Beate Sieg aus Berlin. "Wenn in Zeitz die verfallenen Häuser nicht, natürlich wohlüberlegt, abgerissen werden, vermittelt die Stadt tatsächlich den Eindruck, der im Fernsehbeitrag rüberkam." Sie meint außerdem, dass es nie und nimmer zu finanzieren sei, alle alten Häuser zu erhalten. "Das kann die Stadt nicht stemmen, das können auch keine Fördermittel bewirken, und so viel privates Engagement gibt es garantiert nicht."

Ähnliche Meinungen sind auch in der Zeitzer Innenstadt zu hören. Immer wieder wird die Ecke Braustraße / Rahnestraße als Beispiel genannt. Hier habe der Abriss nicht nur Platz geschaffen, sondern auch eine entscheidende Veränderung im Anblick gebracht. "Wer darauf besteht, dass in Zeitz alles erhalten wird, um Geschichtsbewusstsein zu demonstrieren, der soll ein altes Gemäuer, instand setzen und bewohnen", schrieb der ehemalige Zeitzer Horst Kuhn, "die Forderung an die Stadt ist die bequemste und einfachste Lösung."

"Ich weiß, dass das Konzept ,Mut zur Lücke' ein sehr umstrittenes Thema ist", sagt Oberbürgermeister Volkmar Kunze (FDP), "leider wird dieses Konzept immer nur mit Abriss und Vernichtung von denkmalswürdigen Wohnlandschaften in Verbindung gebracht, werden die Chancen dieses Konzeptes immer wieder vernachlässigt." Eine wesentliche Rolle spiele, dass die alte Substanz leider in den letzten Jahrzehnten sehr verfallen sei und an manchem Haus gar nicht mehr so viel Grundsubstanz bestehe, dass ein Wiederaufbau möglich sei. Von Deckenhöhe und Raumgrößen nicht zu reden. Um Familien in die Innenstadt zu bekommen, seien aber Parkplätze, Grünflächen und Spielbereiche nötig, ebenso wie attraktive Investitionsflächen. Wobei das wiederum noch lange keinen gedankenlosen Abriss der Altbausubstanz bedeute.

Stadtrat Jörn Röhler (ALL) gibt zu bedenken, dass neu entstandene Wohngebiete potenzielle Bewohner der Innenstadt "an den Rand gesaugt" haben. Und: "Die Sanierung von Wohnraum mit Steuermitteln ohne Wohninteressenten ist Steuerverschwendung - das Geld benötigen wir dringender in unseren Grund- und Sekundarschulen." Der Grundstein für die fatale städtebauliche Entwicklung sei bereits zu DDR-Zeiten gelegt worden, ergänzt Jens Weißbrodt (ALL). Bereits damals sei die Innenstadt dem Verfall preisgegeben und das Hauptaugenmerk auf die Plattenbaugebiete gelegt worden. "Das Problem der leerstehenden und verfallenden Häuser ist aber wohl kaum schnell in den Griff zu kriegen, solange die Einwohnerzahl sinkt und der Leerstand besteht", so Weißbrodt.