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Braunkohle Braunkohle: Tausend Tonnen auf Achse

Von TOBIAS HEYNER 26.01.2012, 10:46

PROFEN/MZ. - Es hupt, laut und schrill. Kurz darauf setzt sich bei Profen der erste Koloss in Bewegung. Langsam bewegt er sich auf die Straße zu. Diese wurde zuvor großzügig mit Sand und Kies überschüttet, damit sie unter den Ketten des Bandwagens nicht nachgibt. Plötzlich geraten die schon fast festgefrorenen Medienvertreter in Bewegung und dutzende Schaulustige sammeln sich nach und nach vor Ort. Lautlos, fast unbemerkt, setzt sich auch der Eimerkettenbagger mit seinen knapp 1.000 Tonnen Gewicht in Bewegung und folgt in gebührendem Abstand. Ihm gilt das Hauptinteresse der Versammelten. Zwischendrin mehrere Fahrzeuge für Erdarbeiten, die den Weg immer wieder begradigen, so dass die Kolosse störungsfrei passieren können. Ringsum ein Gewusel und überall klicken Kameras. Es ist ein Großereignis, was hier stattfindet.

Anlass des Ganzen ist der Wechsel des letzten Baggers der Mitteldeutschen Braunkohlegesellschaft (Mibrag) vom Abbaufeld Profen Süd / D1 nach Schwerzau im Tagebau Profen. Etwa auf der Hälfte der sechs Kilometer langen Strecke muss der 960 Tonnen schwere Bagger zusammen mit seinem Bandwagen die Grüne Magistrale (Verbindungsstraße zwischen Profen und Hohenmölsen) überqueren. Eine dreistündige Sperrung der Straße war dafür notwendig.

Weg präpariert

Die Präparierung des Weges bedeutet dabei einiges an Aufwand und sorgt für ein Sonderaufgebot an Arbeitern. "Sieben Steiger für Tagebaugroßgeräte aus meiner Abteilung sind hier heute im Einsatz", erläutert Transportleiter Kai Schmale. "Neben dem Steuern der Fahrzeuge sind sie auch dafür zuständig zu kontrollieren, dass die Überfahrt störungsfrei vonstatten geht", erklärt der 33-Jährige. Ein unbeachtetes Hindernis könnte sonst einen Schaden an einer der Ketten verursachen und diese im schlimmsten Fall reißen lassen. Keine unbegründete Sorge, muss der Bagger auf seiner Fahrt doch Steigungen von bis zu 40 Metern überwinden.

"Für die nächsten paar Jahre kann das Gerät locker an die zehn Millionen Tonnen Kohle im Jahr aus dem neuen Abbaufeldfeld fördern", so Sylvia Werner, die Pressesprecherin der Mibrag. Die übrigen circa drei Millionen Tonnen Restkohle in Profen Süd hingegen sollen mit einem Großgerät und mobiler Technik bis spätestens 2014 gewonnen sein. "Lassen Sie sich vom Äußeren des Gerätes nicht täuschen, die Innentechnik wurde erst vor kurzem generalüberholt", berichtet Werner über den 1963 gebauten Eimerkettenbagger. Unter den zahlreichen Schaulustigen vor Ort befinden sich unter anderem Mädchen und Jungen die Kindertagesstätte Montalino aus Draschwitz. Sie ist der erste Bergbaukindergarten Sachsen-Anhalts. Fasziniert beobachten die Kleinen, wie sich der 22 Meter hohe und 72 Meter lange Stahlgigant stückweise voranschiebt. Nur mit der Kälte haben die Kinder zu kämpfen. So wie alle Anwesenden an diesem frostigen Donnerstagmorgen.

Spontane Entscheidung

Rolf Reißmann (67) ist ebenfalls unter den Zuschauern. "Ich habe von der Überfahrt heute früh im Radio gehört und bin spontan hergekommen", sagt der technikbegeisterte Rentner. Es ist das erste Mal, dass er eine Verlegung solch riesiger Geräte live miterlebt. Genauso wie Max Schubert. Der Sechsjährige ist mit seinem Vater Sven Schubert (43) gerade noch rechtzeitig gekommen, bevor der Bagger die Straße komplett überquert hat. "Das ist ja super", ruft der Junge begeistert. Und dann ist es geschafft. Bagger und Bandwagen sind auf der anderen Straßenseite angelangt und bewegen sich schleichend weiter in Richtung ihres Ziels. Bis sie dieses endlich erreicht haben, wird es aber schon später Nachmittag sein.