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Abschied Abschied: Mibrags Tausendsassa sagt Tschüss

Von Yvette Meinhardt 20.03.2019, 07:00
Arbeitsdirektor Heinz Junge geht Ende des Monats in Rente.
Arbeitsdirektor Heinz Junge geht Ende des Monats in Rente. René Weimer

Theissen - „Vor einem spannenden Prozess mit interessanten neuen Aufgaben steht die Mibrag im Rahmen des Kohleausstieges“, sagt Heinz Junge. Seit 20 Jahren ist er als Geschäftsführer für Arbeit und Personal für das Bergbauunternehmen tätig. Doch bei den Herausforderungen, die auf die Mibrag zukommen werden, wird Heinz Junge nicht mehr an der Suche nach Lösungen beteiligt sein. „Am 29. März ist meine letzte Schicht aus bergmännischer Sicht“, sagt der 64-Jährige.

Seinen Ruhestand hatte er noch einmal drei Monate hinausgeschoben. Es sei eine große Herausforderung, das Unternehmen auf einen neuen Weg zu führen. „Die Mibrag wird es in ihrer heutigen Form nicht mehr geben, doch bis zum Ende werden die Tagebau ihre volle Leistung erbringen müssen. Denn wir sind der Vollversorger für die Kraftwerke Lippendorf und Schkopau. Diese liefern den Strom 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr.“

Strukturwandel: Region sei auf einem guten Weg

Deutschland sei ein Industrieland und brauche auch weiterhin verlässliche Stromversorger. Junge geht davon aus, dass es nach 2038 einen kleinen Tagebau für die stoffliche Verwertung der Kohle geben wird. Auf den anderen Flächen sollte neue Industrie angesiedelt werden. Er könnte sich alternative Formen der Energiegewinnung vorstellen. „Unsere wichtigste Forderung aus dem Revier ist jetzt, dass die Beschlüsse der Kohlekommission in Gesetze und Verträge zwischen der Bundesregierung und den Ländern umgesetzt werden“, sagt Junge. Die Region sei auf einem guten Weg und habe sich in der Vergangenheit achtbar entwickelt, weiß Heinz Junge aus eigener Erfahrung.

Junge stammt aus der Lausitz, hat in Leipzig Rechtswissenschaften studiert und von 1994 bis 1999 in der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV) als Jurist gearbeitet. „Als ich im Frühjahr 1999 zum ersten Mal in Zeitz war, fand ich die Stadt schrecklich. Doch inzwischen gibt es in Zeitz eine gute Entwicklung“, sagt der 64-Jährige. Das fange bei Schloss Moritzburg, dem dazugehörigen Schlosspark und der Stiftsbibliothek an, reicht über die schrittweise Belebung der Innenstadt bis zu neuen Restaurants und Hotels.

Tausendsassa: Arbeitsdirektor mit Ehrenämter

Seinen Zweitwohnsitz hatte er trotzdem nie in Zeitz, sondern lebte fast 20 Jahre lang in Leipzig. Seine Frau, die Kinder und Enkel wohnen in Hannover. „Dass ich in der Woche nicht zuhause war, gab mir viel Spielraum für meine zahlreichen Ehrenämter“, sagt er. Doch von den meisten müsse er sich verabschieden, denn sie sind an den Job bei der Mibrag gebunden. In so manchem sei die Region Vorreiter gewesen.

So hat sich Junge vor allem in der Ausbildung engagiert. „Wir hatten in den neuen Ländern als erste eine Praktikumsbörse, bundesweit waren wir nach Paderborn die zweiten“, sagt Junge. Die Mibrag hat gerade erst mit dem 1000. Auszubildenden einen Vertrag abgeschlossen und in den letzten 15 Jahren etwa 120  Absolventen von Hoch- und Fachschulen eingestellt. Heute sind 43 Prozent der Beschäftigten unter 40 Jahre alt. „Mein Nachfolger steht noch nicht fest. Ich kenne zwar einen Namen, aber zuerst muss der Aufsichtsrat am 28. März diese Entscheidung treffen“, sagt Junge.

Von der Braunkohle zum Schöffe in Hannover

Und was will er mit seiner vielen Freizeit machen? „Ich gehe zu meiner Familie nach Hannover und habe mich bereits als Schöffe am Landgericht Hannover verpflichtet“, sagt Junge. Daneben will er etwas mehr für seine Gesundheit tun.

„Bis Ostern faste ich auf meine Art, verzichte auf Schokolade und Alkohol“, verrät Junge. Und natürlich will er sich um die Familie kümmern, besonders um die Enkel. „Wir basteln und heimwerken gerne. Gemeinsam bauen wir ein Wasserrad mit Dynamo für den Garten.“ Der Kontakt zur Region soll nicht ganz abreißen. „Ich würde mich freuen, wenn ich ab und zu mal eingeladen werde, ob zum 25-jährigen Bestehen der Mibrag oder zum Barbara-Tag beispielsweise“, sagt Junge. Und wenn der Tagebau 2038 geschlossen wird, möchte er mit 84, mit dem Fahrrad ins Revier kommen. (mz)