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Zugverkehr Berlin-Wittenberg Zugverkehr Berlin-Wittenberg: Schreck in der Morgenstunde

Von Irina Steinmann 19.10.2019, 07:59
Da steht er noch: ICE ab 5.47 Uhr. Die Bahn verspricht Ersatz.
Da steht er noch: ICE ab 5.47 Uhr. Die Bahn verspricht Ersatz. Steinmann

Wittenberg - Für Bahnreisende, Pendler zumal, ist der 15. Oktober ein wichtiger Termin. Zwei Monate vor dem Fahrplanwechsel im Dezember sind die künftigen Verbindungen dann erstmals online einsehbar. Die gute Nachricht hatte die Bahn bereits einige Tage zuvor selbst verkündet: Die 2018 zugunsten von Bitterfeld in den Wittenberger ICE-Stundentakt gerissenen Lücken würden jetzt wieder geschlossen.

Plötzlich verschwunden

Umso größer war jetzt der Schreck in Wittenberger Pendlerkreisen, als einige im Morgenzug die Probe aufs Exempel machten: Ihr Zug, der ICE 1618 um 5.47 Uhr nach Berlin, taucht ab 9. März nicht mehr im Fahrplan auf. „Das war eine Aufregung!“, berichtet Andrea Kanitz aus Dobien, die die Strecke täglich zurücklegt, auch die Leipziger, ebenfalls betroffen, seien „völlig schockiert“ gewesen.

Um rechtzeitig um 7 Uhr auf Arbeit zu sein, reiche der nächste, dann erste ICE um 6.48 Uhr nicht aus, so Kanitz, die im Bezirk Mitte arbeitet und täglich insgesamt rund drei Stunden Fahrzeit aufwendet, um an ihren Arbeitsplatz zu gelangen. Als Mitarbeiterin im öffentlichen Dienst könne sie selbst zwar die Gleitzeit nutzen, viele andere hätten aber nicht diese Möglichkeit - und überhaupt: Was bleibt dann noch vom Tag?, fragt die 46-Jährige, die bisher gegen 16.30 Uhr wieder zu Hause in Wittenberg ist - und vor ihrem Umstieg auf den Zug viele Jahre, seit 1995, mit dem Auto zur Arbeit nach Berlin gependelt war.

Gerade angesichts der aktuellen Klima-Debatte halte sie eine Streichung des Frühzugs für ein total falsches Signal, so Kanitz. Und der Regionalzug um 5.03 Uhr wäre schon wegen der viel längeren Fahrzeit als Alternative „völlig inakzeptabel“ - zumal nicht nur Wittenberger, sondern auch Menschen aus anderen Orten des Landkreises sich den frühen ICE ab der Lutherstadt antun.

In Pendlerkreisen kennt man sich. Neben, wie Andrea Kanitz aufzählt, beispielsweise Polizisten und Mitarbeiterinnen von Bundesministerien wären auch Bahnbedienstete selbst auf dem Weg an ihren Einsatzort betroffen. Im Übrigen sei der ICE 1618 jeden Morgen sehr gut besetzt: Mindestens 50 Menschen - andere sprechen sogar von 80 - stiegen mit ihr auf dem Hauptbahnhof ein, schätzt Kanitz, dann sei der von Leipzig kommende Zug voll.

Die Pendlerin berichtet von Mitreisenden, die sich nach der hässlichen Entdeckung im Online-Fahrplan direkt an die Bahn gewandt hätten: Der morgendliche Zug wäre nicht ausgelastet und würde zudem anderswo benötigt, habe man ihnen erklärt.

Gegenüber der MZ wiegelt die Deutsche Bahn AG ab: Es werde „auch nach dem 8.3.2020 weiterhin eine Frühverbindung Leipzig - Bitterfeld - Lutherstadt Wittenberg - Berlin in ähnlicher Zeitlage des ICE 1618 geben“, schreibt Bahnsprecher Jörg Bönisch am Donnerstag aus Leipzig. Auf Nachfrage konkretisiert er: „Er (der ICE) wird wiederkommen“, und zwar „nahtlos“ ab 9. März.

Neue Verbindung kommt

„Details hierzu befinden sich derzeit noch in finaler Abstimmung“, so Bönisch. „Sobald diese in den nächsten Tagen feststehen, wird die Frühverbindung in die Fahrplanauskunft noch eingepflegt.“ Dass dies bisher nicht geschehen konnte, begründet Bönisch mit „Trassenkonflikten“, die noch auszuräumen seien.

Nach Auskunft des gewöhnlich gut vernetzten CDU-Verkehrsexperten Frank Scheurell stoppt am frühen Morgen statt des ICE 1618 fast zur selben Zeit künftig der IC Wien - Berlin. Der, so der Landtagsabgeordnete, biete mehr Platz und sei auch preiswerter.

Ab Oktober bis Mitte Dezember 2020 hält in Wittenberg kein Zug

Pendler zwischen Wittenberg und Berlin gruseln sich schon heute vor dem Herbst 2020. Ende 2018 war bekannt geworden, dass es dann über Wochen eine Totalsperrung auf der Strecke geben wird wegen Gleiserneuerungen zwischen Jüterbog und Ludwigsfelde mit Umleitungen für den Fernverkehr und Ersatz im Nahverkehr. Details hierzu sind nach wie vor nicht öffentlich bekannt.

Auf MZ-Anfrage teilte Bahnsprecher Jörg Bönisch jetzt allerdings mit, dass in der Zeit vom 5. Oktober bis 12. Dezember 2020 „die Strecke Berlin - Bitterfeld für neun Wochen komplett gesperrt“ werde. Und: „In der Zeit werden in Lutherstadt Wittenberg keine Züge halten.“

Das ist neu und wurde von Bönisch auf Nachfrage ausdrücklich bestätigt. Wie nah man an Wittenberg heranfahren könne, das neben dem betroffenen Hauptbahnhof ja noch weitere Haltepunkte - und Strecken - hat, könne er noch nicht sagen. Das Konzept für den Ersatz im Nahverkehr befinde sich noch in der Abstimmung. Details würden „rechtzeitig vor dem Baubeginn“ bekannt gegeben. (mz)

(mz)

Ein ICE auf dem Weg von Wittenberg nach Berlin. Um den ersten am Morgen gibt es Aufregung.
Ein ICE auf dem Weg von Wittenberg nach Berlin. Um den ersten am Morgen gibt es Aufregung.
Thomas Klitzsch