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Drei Herren und ein Zaun Wörlitzer Gartenreich: Drei Herren und ein Zaun

Von Ilka Hillger 14.10.2016, 11:21
Roland Paasch öffnet die Zauntür für Kulturstaatssekretär Gunnar Schellenberger und Thomas Weiß (v. re.).
Roland Paasch öffnet die Zauntür für Kulturstaatssekretär Gunnar Schellenberger und Thomas Weiß (v. re.). Thomas Klitzsch

Wörlitz - Am neuen Zaun steht ein qualmender Ofen und trägt den Duft von frisch geräuchertem Fisch über die Ränder des Wörlitzer Parks. Das riecht verlockend und lädt dazu ein, vom Weg am See abzuweichen und in der Gaststätte „Seeblick“ einzukehren.

Inhaber Roland Paasch serviert die Spezialität seines Hauses gerne den Gästen und kann dies seit Donnerstag auch tun, ohne dass die Kundschaft auf gewissermaßen illegalen Wegen in sein Gasthaus am Parkrand findet.

Mit der Übergabe eines grünen Metallzaunes in der Wörlitzer Grabengasse hat an diesem Tag ein mehrmonatiger Zaunstreit ein Ende gefunden, und nun, wo da drei Herren in großer Einigkeit am Zaun stehen, fragt man sich doch, ob all der Ärger und die überbordenden Emotionen in diesem Sommer notwendig gewesen wären.

Hölzerner Lattenzaun spielt Hauptrolle

In der Vorgeschichte zum erfreulichen Übergabetermin mit Kulturstaatssekretär Gunnar Schellenberger (CDU), Thomas Weiß, dem Direktor der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz, und Gastronom Paasch, spielt ein alter hölzerner Lattenzaun mit einem Loch die Hauptrolle.

Der marode Holzzaun trennte über Jahrzehnte die Parkseite der Grabengasse vom grünen Rand des Ausflugsziels. Das Loch in den Latten, das schon bald durch einen Trampelpfad zum Weg am See von vielen Füßen legitimiert wurde, verursachte eine holländische Touristin. In der engen Gasse, die beidseitig befahrbar ist, manövrierte sie ihr Auto etwas unglücklich.

Staatssekretär beauftragt

In der Folge nutzten Spaziergänger den so entstanden Zugang zum „Seeblick“ für einen spontanen Besuch. Als Roland Paasch von der geplanten Erneuerung des Zaunes durch die Kulturstiftung erfuhr, hatte er den Wunsch, dass das Loch bliebe und daraus ein Tür werde, wollte den auszubauenden Weg sogar selbst bezahlen. Doch die Kulturstiftung gab diesem Ansinnen nicht nach.

Der Umgangston zwischen Stiftung und Gastronom wurde barsch und Paasch trug sein Anliegen bis ins Kultusministerium. Sogar Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) erfuhr von den Zwistigkeiten. „Kümmere dich mal darum“, gibt Staatssekretär Schellenberger die Weisung des Landeschefs weiter. Schellenberg, seit Juni im Amt, hat sich gekümmert, denn „bei unterschiedlichen Auffassungen lässt sich am besten im gemeinsamen Gespräch das Problem erkennen und eine Lösung finden“.

Die Lösung ist Grün, schulterhoch, wohl kaum 100 Meter lang, kostete die Stiftung knapp 4.500 Euro und hat nun ganz offiziell eine Tür, gleich vis-à-vis vom Gasthaus. Roland Paasch hat den Schlüssel dafür. „Er kann öffnen und schließen, wie er es für richtig hält“, sagt Stiftungschef Thomas Weiß.

Den holprigen Start dieser Zaungeschichte erläutert er zwar nicht näher, verweist aber auf die immer wiederkehrende Frage, wie sich das Parkgelände von seinen Anrainern abgrenzen lässt. Er nennt Privatgrundstücke wie das von Paasch oder auch die geschaffenen Parkplätze am historischen Schulgarten in Wörlitz bis hin zu den Windkraftanlagen. Schon zu Zeiten des Fürsten Franz habe dichtes Grün die Grenze von Park und Stadt markiert.

Heute helfen Hecken nicht gegen Rasenlatscher, also müssten zuweilen Zäune wie der in der Grabengasse her. „Denkmalschutz und Unternehmerinteressen müssen natürlich in Einklang gebracht werden“, sagt Thomas Weiß.

Schildermix verschwunden

Dann schaut er sich um und registriert anerkennend, dass der kunterbunte Schildermix des „Seeblick“-Gastronomen verschwunden ist, der auch schon dem Kulturstaatssekretär bei Parkbesuchen nicht unbedingt angenehm ins Auge gesprungen ist. „In angemessener Gestaltungsqualität hat sich jetzt hier alles angepasst“, lobt er Park, Zaun, Schilder und gute Räucherforellen. Roland Paasch freut’s, und diesen Standard will er halten. „Ich kümmere mich darum, dass dieser Straßenabschnitt in Ordnung ist“, verspricht er.

Die drei Herren am Zaun wünschen sich nun nur noch, dass sich auch die Stadt Oranienbaum-Wörlitz kümmert und aus diesem Teil der engen Grabengasse eine Einbahnstraße macht oder zumindest eine Spielstraße mit Temporeduzierung auf zehn Stundenkilometer.

„Ich habe Bürgermeister Zimmermann gebeten, dies zu befördern“, so Thomas Weiß. Zumindest bietet das Metallbauwerk einem rangierenden Auto künftig mehr Widerstand als die Holzversion.

(mz)