Wollte Arzt Kind nicht behandeln? Wollte Arzt Kind nicht behandeln?: Mediziner wählt 110 - Mutter erhebt schwere Vorwürfe
Wittenberg - Ein Arzt ist am Freitag in seiner Praxis ziemlich ratlos. Eine weinende Mutter bringt den Mann aus der Fassung. Die Frau besteht darauf, dass ihr 14-jähriger Sohn behandelt wird. Auf dem Überweisungsschein der Kinderärztin zum Spezialisten steht der Vermerk „Eilt“.
Der Junge, so die Diagnose am Donnerstagabend bei seiner Hausärztin, habe eine ansteckende Krankheit. Deshalb könne er im Moment auch nicht zur Schule gehen.
Es müssen sich emotionale Momente auf beiden Seiten abgespielt haben. Der Arzt wählt sogar den Notruf 110. Der Anruf geht in der Polizeidirektion in Dessau kurz vor 8 Uhr ein. „Es wurde zum Durchsetzen des Hausrechts um polizeiliche Unterstützung gebeten“, so die Behördensprecherin Doreen Wendland am Montag auf MZ-Anfrage.
Nach ihren Angaben kommt es aber nicht zum Einsatz der Beamten. „Der Arzt hat ein paar Minuten später noch einmal angerufen und hat gesagt, es habe sich erledigt.“ Das will auch die Mutter per Notruf getan haben. „Ich kann doch meinen Sohn nicht abführen lassen“, sagt sie der MZ.
Nach ihrer Darstellung beginnt die Auseinandersetzung um 7.45 Uhr. „Am Tresen wurde uns forsch und unfreundlich mitgeteilt, dass mein Kind auf keinen Fall behandelt werden könne“, berichtet die junge Frau, „was mein Kind hat, hat überhaupt nicht interessiert“.
Die Mutter fährt fort: .„Ich sagte, dass ich am Tresen stehen bleiben würde, bis der Arzt sich meinen Sohn ansieht. Dann raste sie los und holte den Doktor. Dieser bat mich, ohne den eigentlichen Patienten, in einen Raum, ließ sich kurz den Fall schildern, und meinte, dass er meinen Sohn trotzdem nicht behandeln würde. Ich fing an zu zittern und zu heulen, bettelte förmlich, dass er sich das Kind doch wenigstens mal ansehen könnte“, heißt es in der Mail an die Redaktion.
Der Arzt ließ sich nicht erweichen. „Er könnte mir einen späteren Termin geben. Er hat keine Zeit! Interesse wäre wohl richtiger gewesen. In der Zeit, die vergangen war, hätte er mein Kind gut behandeln können“, meint die Mutter.
Schon vor dem Vorfall war das Duo von einem anderen Arzt abgewiesen worden. „Wir waren die ersten in der Praxis. Wegen Personalmangel wurden wir dort freundlich, aber bestimmt wieder weggeschickt. Es werden keine neuen Patienten angenommen“, berichtet die Frau.
Ihrer Hartnäckigkeit ist es zu verdanken, dass sich doch noch eine Ärztin um ihr Kind kümmert. „Hier wurde mein Sohn gut und freundlich behandelt“, so die Mutter. Der Verdacht auf eine schwere Krankheit bestätigte sich dabei aber nicht.
Am Montag geht die Geschichte in den sozialen Medien weiter - die Mutter schildert ihre Vorwürfe in einem Ärztebewertungsportal. Die Kritik steht aber nicht lange online. Sie verschwindet relativ schnell. Dafür hat der Mediziner gesorgt.
„Hiermit fordere ich Sie auf, die sachlich falsche für mich abgegebene Bewertung zu löschen. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Bewertung ein Behandlungskontakt zugrunde liegt“, so der Doktor. Es sei höchstrichterlich anerkannt, dass die gewissenhafte Prüfung der Beanstandungen eine entscheidende Voraussetzung dafür sei, dass die Persönlichkeitsrechte der Ärzte beim Portalbetrieb geschützt seien. „Außerdem ergeben sich schon beim oberflächlichen Lesen erhebliche Ungereimtheiten“, so der Arzt.
Die Mutter hält am Montagabend im Gespräch mit der MZ an ihren Vorwürfen fest. „Es gab keinen Behandlungskontakt, weil er sich geweigert hat, meinen Sohn zu behandeln“, so die Frau, die das Portal auffordern wird, ihre Vorwürfe zu veröffentlichen. (mz)