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  7. Vermieter installiert PV-Anlage: Wittenberger nutzen günstigeren Strom

Lösung für Energiekrise? Wittenberger nehmen Mieterstromanlage in Betrieb - Wie viel sie damit sparen werden

Ein Wittenberger Familienunternehmen hat vielleicht eine Lösung für steigende Strompreise gefunden.  Der Vermieter installiert Photovoltaikanlagen auf einem Mehrfamilienhaus und lässt die Mieter davon profitieren. Wie das funktioniert und wie viel sie damit voraussichtlich sparen werden.

Von Andreas Hübner Aktualisiert: 27.10.2022, 09:02
Gerade wenn die Sonne scheint, können die Mieter des Mehrfamilienhauses vom Bezug günstigen Stroms profitieren.
Gerade wenn die Sonne scheint, können die Mieter des Mehrfamilienhauses vom Bezug günstigen Stroms profitieren. (Foto: Thomas Klitzsch)

Wittenberg/MZ - Es gibt kaum ein Thema, dass die Menschen in Deutschland derzeit so bewegt, wie die Energiekrise und die damit verbundenen immer größeren Preissteigerungen für Gas und Strom. Auch im Landkreis Wittenberg haben Mieterinnen und Mieter in diesem Jahr – zumeist bereits mehrmals – Briefe von ihren Versorgern im Postkasten gefunden.

Es wird über gestiegene Preise beziehungsweise angepasste Abschläge informiert. Viele fürchten sich, dass sie spätestens mit der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2022 vor schier unbezahlbaren Rechnungen stehen. So ganz geht dieses Thema auch an Brigitte Flemming nicht vorbei. Allerdings kann die Seniorin gemeinsam mit ihren Nachbarn etwas entspannter auf die Endabrechnung warten, denn auf ihrem Haus in der Weinbergstraße in Wittenberg ist im April dieses Jahres eine große Mieterstromanlage in Betrieb gegangen.

Keine Angst vor der Rechnung

„Angst in ein Loch zu fallen, habe ich daher nicht“, sagt sie. Der Strom der Photovoltaikanlage, die der Vermieter auf dem Dach des 1997 errichteten Mehrfamilienhauses installiert hat, wird nicht komplett ins Netz eingespeist, sondern den Mietern direkt zur Verfügung gestellt. Das erklärt Niklas Guttenberger, der Immobilienentwickler ist und seit Beginn dieses Jahres den Immobiliensektor des Familienunternehmens leitet. Die Kalipe-Unternehmensgruppe wurde vor 25 Jahren von seinem Vater Ralph Guttenberger gegründet.

Der 21-Jährige kümmert sich in seiner Funktion um mehrere Gebäude mit etwa 60 verschiedenen Mietparteien. „Wir haben im Unternehmen von vornherein auf Nachhaltigkeit gesetzt“, berichtet der junge Mann, „das hilft uns jetzt sehr.“ Der Vermieter selbst verkauft den Strom an die Mieter für 27,9 Cent pro Kilowattstunde, was oft nur einen Bruchteil der derzeit in Neuverträgen aufgerufenen Strompreise darstellt und: Er garantiert diesen Preis 20 Jahre lang. Guttenberger erklärt, dass die PV-Anlage, die eine Gesamtleistung von 25 Kilowatt-Peak hat, natürlich nur am Tage produziert. „In der Nacht kaufen wir Strom dazu“, informiert er, „Das ist der einzige unkalkulierbare Faktor für unsere Mieter.“

Wenn sich diese aber genau auf diesen Umstand einstellen, ermögliche die Mieterstromanlage große Ersparnisse. Wenn also gerade große Stromfresser – wie beispielsweise Wasch- oder Spülmaschine – hauptsächlich am Tage betrieben werden und nachts nur noch die wirklich notwendigsten Geräte Strom verbrauchen, drücke das die Rechnung enorm.

„Wir schaffen für unsere Mieter sozusagen eine Teilautarkie“, erklärt Guttenberger. „Auf die jetzigen Energiepreise berechnet, kann die Rechnung dadurch bestimmt um die Hälfte gesenkt werden“, gibt er eine Schätzung ab. „Der Mehrwert wird noch größer, wenn die Stromkosten noch mehr steigen“, so Guttenberger. Mit den geringen Einnahmen, die das Unternehmen durch den Stromverkauf kreiert, werde die Investition für die Anlage selbst amortisiert. „Das ist eine Win-win-Situation für alle“, betont Guttenberger, „und selbst der Klimaschutz profitiert davon.“

Nachhaltig und wirtschaftlich

„Viele Unternehmer und Vermieter haben Sorge, dass es nicht wirtschaftlich ist, wenn man auf Nachhaltigkeit setzt“, schätzt der Immobilienentwickler ein, „Wir wollen das Gegenteil beweisen“, sagt er. Das Familienunternehmen plane weitere solche Anlagen an ihren Objekten. „Außerdem evaluieren wir momentan, inwieweit solche Anlagen auch für größere fremde Objekte skalierbar sind“, berichtet er. Man wolle dabei gern auch anderen Vermietern mit Rat und Tat zur Seite stehen. „Wir kämpfen da ja alle an derselben Front“, sagt er.

Geheizt wird in diesem Fall im Übrigen mit sogenannten Infrarot-Heizungen, die an den Zimmerdecken angebracht sind und rein elektrisch betrieben werden. „Das finde ich besser, als die Nachtspeicheröfen, die wir vorher hatten“, berichtet Flemming, „die konnte man ja nicht regulieren.“ Am Tage heize sie natürlich viel mehr als in der Nacht, was wiederum gut in das Konzept der Anlage passe. „Es kommt natürlich aber auch auf den Winter an“, sagt sie.

Schon im Vorfeld habe die allgemein sehr interessierte 73-Jährige Mieterin auf einer Messe von diesen modernen Heizungen und der Möglichkeit einer Mieterstromanlage erfahren. Als sie vom Vermieter über die Installation informiert wurde, habe sie sich sehr gefreut. „Endlich kommt mal etwa Neues und Modernes“, kommentierte sie schon zu Beginn.