Stadtfest Wittenberg Wittenberg: Vorbereitungen zum Stadtfest gehen in heiße Phase

Wittenberg - Das Lutherpaar muss ein bisschen aufpassen. Dass ihm nicht die Show gestohlen wird: durch ein unscheinbares Tierchen. Das heißt Maus und ist gar nicht so unscheinbar, sondern zu respektabler Größe gelangt. Die „Maus“, das Symbol der populären Kindersendung aus dem Fernsehen, nimmt in diesem Jahr teil am Stadtfest „Luthers Hochzeit“. Sie hat es sogar (ein bisschen versteckt) auf das Cover des Programmheftes geschafft.
Spagat zwischen 1525 und 2016
Und demonstriert dort ein bisschen, was „Luthers Hochzeit“ im Jahre 2016 ja auch ist: ein Spagat zwischen Historie und Neuzeit, gefeiert wird nicht nur à la 1525, sondern ebenso mit moderner Musik, modernen Getränken, modernen Medien.
Eigens für das Fest eingerichtete Parkplätze für behinderte Menschen gibt es nach Auskunft der Organisatoren nicht. Sie verweisen auf die ohnehin vorhandenen Behinderten-Parkplätze in Wittenberg und auf den Sonderparkplatz an der Kuhlache, von dort pendelt zumindest am Samstag die Altstadtbahn ins Zentrum. Zusätzliche Toiletten für Behinderte wird es an folgenden Orten geben: Gegenüber der Schlosswiese, auf dem Arsenalplatz, auf dem Marktplatz und in der Straße Am Stadtgraben.
Das Publikum hat an diesem Ausnahmewochenende die Qual der Wahl, selbst gestählten Stadtfest-freunden dürfte es bei 80 Stunden Programm auf neun Bühnen kaum gelingen, sämtlichen Angeboten beizuwohnen. Die berühmte Hochzeit wird quasi in der gesamten Altstadt gefeiert - an den zentralen Plätzen: Schlosswiese, Schlossplatz, Markt, Kirchplatz, Arsenalplatz, in den Straßen, auf den Höfen. Deshalb nur einige Tipps:
Freitag, 16.30 Uhr, kommen die entfleuchten Nonnen aus dem Kloster Nimbschen und läuten den Beginn ein. Die Ankunft und die Vorfreude auf die Eheschließung am Tag darauf werden zünftig und mit erheblicher Vielfalt gefeiert. Auf dem Arsenalplatz etwa hat die Big Band Wittenberg ab 17.30 Uhr ihren ersten öffentlichen Auftritt. Freibier gibt es so lange der Vorrat reicht. Die Cranach-Höfe bieten am Abend wie gewohnt Rock und Pop, der Leucorea-Hof wartet mit Country auf, die Stadtkirche mit Orgelmusik (18 Uhr). Im Bugenhagenhaus nehmen Luther und Freunde Abschied vom Junggesellenleben (20 Uhr). Der gruselige Pestumzug der Vereine und Cranach-Gymnasiasten startet 21.30 Uhr am Kirchplatz.
Am Samstag streben die Lustbarkeiten ihrem Höhepunkt zu. Allerorten ist jede Menge los, natürlich ist der große historische Festumzug mit rund 2 000 Teilnehmern ab 14 Uhr das Nonplusultra. Hier reihen sich auch zahlreiche auswärtige Gäste ein, aus Bretten und Haderslev, aus Kronach und Mogiljow, aus Hoogstraten (Belgien) und Torgau (um nur einige zu nennen). In der Schlosskirche erklingt zuvor Hochzeitsmusik (12 Uhr), im Weberhof können Tänze aus dem Mittelalter erlernt werden (18 Uhr). Wer dem Trubel ein bisschen entkommen möchte, dem sei der Bugenhagenhof empfohlen. Dort ist unter anderem für Kinder allerhand vorbereitet (Rittertheater, Märchenspiel).
Der Sonntag startet mit einem Festgottesdienst in der Stadtkirche, in dem sich Eheleute und Paare für ihren weiteren Weg segnen lassen können - eine Bekräftigung des Ja-Wortes. Der Kinderfestumzug führt ab 14 Uhr vom Lutherhaus zum Arsenalplatz. Zur gleichen Zeit findet auf der Schlosswiese ein Schaukampf für den Kurfürsten statt (mit den Torgauer Geharnischten). Das 22. Wittenberger Stadtfest klingt am frühen Sonntagabend aus mit Abschlussspektakeln und dem „Abriss der Lager“.
Wer noch keine der handgearbeiteten Plaketten hat, sollte sich beeilen. Im Vorverkauf kosten sie in diesem Jahr 8,50 Euro. Ab Freitag steigen die Preise auf zehn Euro. Kinder bis zum vollendeten 14. Lebensjahr haben freien Eintritt.
Das detaillierte Festprogramm ist im Netz nachzulesen unter www.lutherhochzeit.de. Eine App für IOS- und Android-Geräte gibt es ebenfalls.
Dass die „Maus“ (und, ebenfalls Kult, Shaun das Schaf) eine Attraktion sein wird, zeigen schon die zahlreichen Anfragen bei den Organisatoren, wann die denn wo auftritt (Samstag auf dem Arsenalplatz 11.30, 13 und 16 Uhr). Peter Pajak, Projektmanager, ist ein bisschen in Sorge: „Wir versuchen das Programm ja immer so zu machen, dass es keinen Star gibt. Die Leute sollen wegen ,Luthers Hochzeit’ kommen“.
Machen die ja auch: mutmaßlich wieder zu Tausenden, längst nicht nur aus Deutschland. Sie treffen auf eine bei der 22. Auflage eingespielte Großveranstaltung, die das Besondere stets behalten hat. Und das speist sich wesentlich aus der Leidenschaft, der Freude und Fröhlichkeit der so zahlreichen Mitwirkenden aus vielen Teilen der Stadtgesellschaft.
Und darüber hinaus: „So kennt man Wittenberg sonst nicht“, sagt ein immer wieder erstaunter Peter Pajak, der mitsamt dem Team nicht zuletzt deshalb ausgesprochen gerne die immense Arbeit leistet, die im Hintergrund getan werden muss, damit ein solches Spektakel auch tatsächlich funktioniert. Sie reicht vom (ziemlich dicken) Sicherheitskonzept über die Bereitstellung der Anschlüsse (Strom und Wasser) bis hin zu Parkplätzen, Toiletten, Beschilderung, der Müllentsorgung (diesmal mit dem Anbieter, der auch in Ferropolis im Einsatz ist) oder eben der Gestaltung des Festprogrammes.
Weil das Fest aber so groß geworden ist, weil immer mehr Details und Orte hinzukommen, laufen die Fäden zwar bei der Wittenberg Marketing GmbH zusammen, an der Organisation sind aber viele Partner beteiligt. „Heureka“ etwa, die sich um den Markt kümmern, der Gewerbeverein, der die Collegienstraße „betreibt“. Oder jene, die das reizvolle und so vielfältige Leben in den Höfen gestalten. Pajak nennt den Weberhof als gutes Beispiel: „Das ist eine Privatinitiative, die machen das selbstständig. Wir beteiligen uns aber an der Finanzierung des Programms.“
„Immer ein Ereignis“
Überhaupt lebt das Stadtfest, das tatsächlich zu den zehn schönsten in Deutschland gezählt wird - aus einer Marketingidee wurde Realität - von Privatinitiative. Das sind längst nicht nur die rund 30 Vereine und Freundeskreise, die das Lagerleben zelebrieren und sich schon mal historische Gewänder anfertigen lassen, die mit vierstelligen Summen bezahlt werden müssen.
Das sind auch die Männer und Frauen und Kinder, die es lieben, beim Festumzug mitzulaufen. „Der ist“, freut sich Pajak, „immer spannend, immer ein Ereignis.“ Und dass beim Umzug Lücken entstehen, das sei zwar bisweilen ärgerlich, liege aber auch darin begründet, dass die Teilnehmer mit dem Publikum ringsum kommunizieren: „Da gehen manchmal die Emotionen mit ihnen durch.“
Jedenfalls kommen die Vorbereitungen jetzt in die heiße Phase: „Wir planen nicht mehr, jetzt geht es um das Konkrete.“ Um die Schlüssel zum Beispiel, die übergeben werden müssen, um den Aufbau von Bühnen und Ständen, der am Donnerstag beginnt. Die App zum Fest ist inzwischen freigeschaltet: „Sie ist wie ein Spaziergang aufgebaut und bietet Hintergrundinformationen zu den Gruppen, die auftreten“, erklärt Pajak.
Manche Parkplätze in Zentrumsnähe (Elbstraße, Altstadtbahnhof) werden in Kürze ebenfalls gesperrt, sie sind Helfern und Mitwirkenden vorbehalten. Pajak verweist auf die Sonderparkplätze an der Kuhlache, der kommunale ist kostenfrei - und zumindest am Samstag fährt die Altstadtbahn als Shuttle.
Mit Plakette in den Bus
Mit Plakette übrigens können zumindest auf manchen Strecken auch Busse kostenfrei genutzt werden (wo genau steht im Netz, dort wird auch über Sonderzüge informiert). Wittenbergern indes wird empfohlen, möglichst mit dem Fahrrad anzureisen.
Was die Maus betrifft, so wird Luther ja nachgesagt, ein Faible für Tiere gehabt zu haben. Eine Textsammlung trägt den Titel „Martin Luther und die Tiere“, und die Museumspädagogik des Lutherhauses hat sich längst des Themas angenommen. So weit hergeholt ist der Auftritt also nicht. Und die Show wird sie dem Hochzeitspaar nicht stehlen. (mz)