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Fish Spa in Coswiger Straße Wittenberg: Fish Spa öffnet in Coswiger Straße

Von Ilka Hillger 22.05.2016, 18:44
Blick ins neue Fish Spa. Links die drei, die es nach Wittenberg brachten: Hau Scholz, ihr Sohn Luan Do und Bernd Gliesche
Blick ins neue Fish Spa. Links die drei, die es nach Wittenberg brachten: Hau Scholz, ihr Sohn Luan Do und Bernd Gliesche Thomas Klitzsch

Wittenberg - „Es ist wie kleine Küsschen.“ Hau Scholz hat ihre Füße zu Demonstrationszwecken in ein Wasserbecken getaucht. Ihre Zehen, Fersen, Ballen und Knöchel werden sogleich von 65 Mäulern geküsst. Kaum sind die Beine unter Wasser, machen sich kleine Fische an die Arbeit.

Die Rötliche Saugbarbe (Garra rufa) wurde erstmals 1843 durch den Biologen Johann Jakob Heckel erwähnt. Sie gehört zur Familie der Karpfenfische. In der Natur kommt die Rötliche Saugbarbe in den Flüssen Jordan, Euphrat und Tigris sowie in Küstenflüssen Syriens und der Türkei vor. In den heißen Quellen von Kangal in der Türkei konnten sich diese Fische mangels natürlicher Feinde besonders gut fortpflanzen. Daher sind sie dort außergewöhnlich zahlreich vertreten. Die Saugbarben leben im Kangalgebiet in Thermalflüssen und Gewässern bei Temperaturen von 28 bis 32° Celsius.

Diese Gewässer sind nährstoffarm. Menschen in dieser Region nutzten die warmen Thermalgewässer seit Jahrhunderten zum Baden und zum Kurieren rheumatischer und anderer Beschwerden. Die Fische haben sich im Laufe der Zeit an die Anwesenheit der Menschen gewöhnt. Sie haben die menschliche Haut und die Hautschuppen als reiche Proteinquelle entdeckt und sich darauf spezialisiert, diese zu nutzen. Die Menschen haben sich die heilende und wohltuende Kombination von Knabberfischen und den angenehmen Temperaturen zu Nutze gemacht und genießen diese Kombination bis heute.

Garra rufa werden rund 14 Zentimeter groß. Jungtiere sind silbergrau gefärbt und bekommen mit der Zeit ihre typische Färbung: Der Körper ist dunkelgrau/dunkelbraun mit rötlichen Flossen. Kangalfische wurden früher schon für die Zierfischhaltung importiert, ihren hohen Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad erreichten sie als Knabberfische im Zusammenhang mit der mittlerweile als wirksam erachteten Ichthyotherapie.

Für die Rötliche Saugbarbe gibt es viele Namen - Garra rufa, Kangalfisch, doctor fish - am besten aber trifft die Bezeichnung Knabberfisch zu. Denn genau dies tun die kleinen Karpfenfische im Schwarm, sie nehmen sich die Haut vor und knabbern Schuppen ab. Die erste und einzige Adresse dafür ist in Wittenberg die Coswiger Straße 27. Hau Scholz hat dort vor kurzem ihr Fish Spa eröffnet.

Vorbereitungszeit abgeschlossen

Im Dreiergespann - gemeinsam mit Sohn Luan Do und dem Wittenberger Bernd Gliesche - ist diese Geschäftsidee entstanden, die in Sachsen-Anhalt noch eine Rarität ist und die viele aus dem Urlaub in südlichen Ländern kennen. „Mit der Idee dafür haben wir uns seit vier Jahren beschäftigt, die Vorbereitung hat mit allen Genehmigungen und Prüfungen ein Jahr gedauert“, erzählt Geschäftspartner Gliesche.

Er, der 22-jährige Luan Do und seine Mutter Hau Scholz können sich inzwischen als Sachkundige für Fish-Spa bezeichnen und haben ein entsprechendes Zertifikat. Das ist aber nur eine von zahlreichen Voraussetzungen gewesen, um das Geschäft in der Coswiger Straße zu eröffnen, das lange leer stand und zuletzt Geschenkartikel anbot.

 

Aus Sandpapier zu Seide

Vor allem die Behörden schauen in Deutschland genau hin, ob in den Fish Spa alle Auflagen erfüllt werden. „Das ist hier sehr viel genauer als in südlichen Ländern“, so Bernd Gliesche. Auf dem Tierschutz liegt großes Augenmerk und deshalb haben sich die drei auch entschieden, die neueste Anlage für ihr Geschäft zu erwerben.

So stehen nun sechs beleuchtete Becken in Reihe, erhöht ist die Sitzfläche, es gibt Fußwaschbecken für Reinigung und Desinfektion vor und nach dem Fischbad. Je 65 Saugbarben machen in den Becken ihren Job. Die 1.300 Liter Wasser darin werden permanent umgewälzt und über vier Filter gereinigt sowie regelmäßig gewechselt.

„Hygienisch gibt es hier keine Bedenken“, versichert Bernd Gliesche, der alle zwei Wochen die Fische an seine Füße lässt. Als Läufer schätzt er das Ergebnis. „Sie werden weich und glatt. Vorher wie Sandpapier, danach wie Seide.“ 30 Minuten Fischknabberei empfiehlt er für ein gutes Ergebnis.

Entspannung für die Füße

Gliesche und Scholz legen Wert darauf, dass solch ein Fischbad für die Beine vor allem Wellness und Spaß bringen soll. Für therapeutische Behandlung gäbe es spezielle Betreiber, wie beispielsweise in Halle.

In Wittenberg aber soll es um ein gutes Gefühl gehen, und das stellt sich schnell ein, wenn die Beine im Becken baumeln. Es kribbelt und tupft im angenehm temperierten Wasser. Gerade und besonders für fußmüde Touristen, die Schloss- und Collegienstraße entlang spaziert sind, kann dies eine optimale Entspannung sein. „Für ältere Menschen ist es aber auch ideal“, empfiehlt Hau Scholz.

Fish Spa als zweites Standbein

Die Vietnamesin, die seit 2005 in Wittenberg lebt, hat sich mit dem Fish Spa ihr zweites Standbein in Sachen Wellness und Entspannung aufgebaut. Schon seit mehreren Jahren hat sie ihren Massagesalon in der Schlossstraße 27. „Jetzt ist eine gute Mischung entstanden“, findet sie.

Sohn Luan Do massiert im ersten Laden, sie bietet die Massagen auch zusätzlich im Fish Spa an. Der ist ähnlich asiatisch angehaucht wie das erste Geschäft. Von einer Freundin ließ sich Hau Scholz aus Vietnam Kunstblumen mitbringen und hat daraus blühende Kirschbäume für das Geschäft gebastelt. Eine andere Freundin bemalte die Wand hinter den Fischbecken mit japanischen Kois.

Ein grauer Fleck weniger

„Das war hier früher eine triste Ecke, wir haben das geändert“, meint Bernd Gliesche. „Ich bedauere es als Wittenberger immer, leerstehende Geschäfte zu sehen. Deshalb bin ich froh über alle Dinge, die neu passieren, und Leute, die etwas anpacken“, nennt er einen der Beweggründe für die Geschäftseröffnung.

Hau Scholz hingegen, die täglich im neuen Salon anzutreffen ist, freut sich über jeden Kunden, den sie vom guten Job der Knabberfische überzeugen kann. „Die Leute bekommen ein glückliches Gesicht und lächeln“, hat sie beobachtet.

Hautschuppen reichen nicht

Fast 400 Fische in sechs Becken schaffen das und haben sich nach jeder Behandlung eine Ruhepause und ihr Abendessen mit Fischfutter verdient. Denn allein von den Schuppen kann eine Saugbarbe natürlich auch nicht leben.

Die Eröffnungsangebote im Fish Spa liegen für 20 Minuten bei zwölf Euro und für eine halbe Stunde bei 15 Euro. Kommt man zu zweit, gibt es Rabatt. Geöffnet ist wochentags von 10 bis 19 Uhr und sonnabends von 10 bis 14 Uhr. (mz)

Blick ins neue Fish Spa. Links die drei, die es nach Wittenberg brachten: Hau Scholz, ihr Sohn Luan Do und Bernd Gliesche
Blick ins neue Fish Spa. Links die drei, die es nach Wittenberg brachten: Hau Scholz, ihr Sohn Luan Do und Bernd Gliesche
Thomas Klitzsch