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Wirtschaft Wirtschaft: Seefest und bodenständig

Von Ute Otto 21.05.2013, 16:34
Reiner Lucas (re.) ist Experte für Schiffsausrüstungen.
Reiner Lucas (re.) ist Experte für Schiffsausrüstungen. klitzsch Lizenz

CoSwiG/MZ - Wer mit einem Schiff der Aida-Flotte auf große Fahrt über die Ozeane geht, schläft möglicherweise in einer Kabine mit Möbeln aus Coswig. „Wir arbeiten zu 85 Prozent für den Schiffbau“, berichtet Reiner Lucas, der gemeinsam mit Uwe Stanitz die „Inho“ Innenausbau Holz GmbH führt.

Stanitz hat 1991 die ehemalige Produktionsgenossenschaft des Handwerks (PGH) „Innenausbau“ in der Berliner Straße mit mehr als 30 Jahre alten Maschinen übernommen. Mit Lucas holte er nicht nur einen Experten in Sachen Schiffsausrüstung ins Boot, sondern auch einen Mann mit entsprechenden Kontakten.

Konstrukteur geht eigene Wege

Bis kurz nach der Wende war Lucas als Konstrukteur in der Roßlauer Schiffswerft für den Tischlereibereich zuständig. Mit Sprelacart - Schichtstoffplatten aus Kunstharz - bekam seinerzeit das Interieur der Binnencontainer- und Küstenmotorschiffe lediglich eine Holzoptik. Zweckmäßig und strapazierfähig sollen Täfelungen und Einbaumöbel auch heute noch sein. Doch werden in dem Coswiger Betrieb edle Hölzer und Holzbeschichtungen verarbeitet. Aus Teakholz beispielsweise sind die Treppen, die neben Parkett und Kabinenmöbeln derzeit für die neuen Flusskreuzfahrtschiffe der A-Rosa- und der Viking-Reederei angefertigt werden.

14 solcher schwimmenden Hotels sind auszustatten - gebaut werden sie in der Rostocker Neptunwerft, die sich auf Flussschiffe spezialisiert hat. Aber auch Reisezugwaggons, Geschäfte, Arztpraxen, Hotels, Büros und Banken möblieren die Coswiger. „Wir produzieren weltweit“, sagt Lucas. In Frankreich, England, Polen, Japan, USA sitzen Auftraggeber für die Firma im Elbestädtchen. Nicht minder stolz sind die Coswiger auf die Geschäftsbeziehungen mit großen Unternehmen in der Region: Für SKW Piesteritz werden Schaltwarten bestückt und an der Sanierung der SKW-Werksfeuerwache sind sie ebenfalls beteiligt. Und letztlich arbeitet „Inho“ nach ganz individuellen Wünschen von Privatkunden. Alles in allem sei das eine gute Konstellation.

Kompetenz und moderne Technik

Transport und Endmontage des Interieurs überträgt „Inho“ überwiegend an Subunternehmen. Die eigene Fachkompetenz wird am Firmensitz für die Fertigung gebraucht. In der Werkhalle stehen modernste computergesteuerte Maschinen für den Zuschnitt und die Bearbeitung der Teile. Lucas spricht mit Hochachtung von den 20 Mitarbeitern, ob Tischler oder Konstrukteur: „Wir haben tolle Fachleute.“

Lediglich altersmäßig gebe es zwei Gruppen: die nunmehr 50- Jährigen, die 1991 mit Stanitz und ihm angefangen haben, und die „30er“. Von letzterer wurden bis auf wenige Ausnahmen die meisten im Unternehmen ausgebildet und weiterqualifiziert. Mit Wohlwollen sehen es die Chefs, dass die jungen Leute Familien gründen und Häuser bauen, dass sie also bodenständig sind. „Das ist wichtig für ein Unternehmen und für die Region“, sagt Lucas.

Freilich sei die Entwicklung in den 22 Jahren nicht geradlinig verlaufen. „Uwe Stanitz und ich, wir sind beide von Haus aus Techniker. Das Wirtschaften mussten wir erst lernen.“ Und da hätten sie einiges an Lehrgeld bezahlt. Aber eines haben sie nie verloren: den Mut.