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Weltausstellung Reformation Weltausstellung Reformation: Wittenberg will hoch hinaus

Von Corinna Nitz 11.03.2016, 09:34
Die „Weltausstellung Reformation“ in Wittenberg wird am 20. Mai 2017 eröffnet. Besucher sind eingeladen, sich beim Rundgang durch die „Tore der Freiheit“ und damit vorbei an Luthers Lebens- und Wirkungsstätten auch mit aktuellen Reformationsthemen auseinanderzusetzen. 16 Themenwochen sind zudem im Stadtgebiet geplant. Zu den weiteren Höhepunkten gehört das Asisi-Panorama „Luther 1517“, das bereits 2016 eröffnet werden soll.
Die „Weltausstellung Reformation“ in Wittenberg wird am 20. Mai 2017 eröffnet. Besucher sind eingeladen, sich beim Rundgang durch die „Tore der Freiheit“ und damit vorbei an Luthers Lebens- und Wirkungsstätten auch mit aktuellen Reformationsthemen auseinanderzusetzen. 16 Themenwochen sind zudem im Stadtgebiet geplant. Zu den weiteren Höhepunkten gehört das Asisi-Panorama „Luther 1517“, das bereits 2016 eröffnet werden soll. Daniel Leyva/r2017

Wittenberg - Eine Möglichkeit, sich in fremden Großstädten einen ersten Überblick zu verschaffen, ist für Ulrich Schneider die Fahrt im Lift auf irgendein Hochhaus. Nun ist Wittenberg keine Großstadt, Hochhäuser gibt es auch nicht. Wer das Städtchen von oben sehen will ohne zu fliegen, dem bleibt nur der nicht ganz unbeschwerliche Gang auf den 88 Meter hohen Schlosskirchentrum (soweit er denn geöffnet ist).

Blick vom Turm

2017 wird sich das vorübergehend ändern: Im Zuge der „Weltausstellung Reformation“ wird am Hauptbahnhof ein Turm gebaut, der in der äußeren Gestaltung einem Buch ähneln und den Blick auf Teile der Altstadt freigeben soll. Verantwortet wird die Exposition vom Verein „Reformationsjubiläum 2017“, der von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und dem Deutschen Evangelischen Kirchentag zur Vorbereitung des Reformationsjubiläums gegründet wurde. Schneider ist einer von zwei Geschäftsführern im Verein; Anfang Februar war die Geschäftsstelle aus Berlin nach Wittenberg umgezogen, um im ehemaligen Melanchthon-Gymnasium ihr Hauptquartier für die heiße Phase aufzuschlagen (die MZ berichtete).

Zu einem Tag der offenen Tür lädt der Verein „Reformationsjubiläum 2017“ am Samstag, dem 19. März, in die Geschäftsstelle im alten Melanchthon-Gymnasium in der Neustraße 10 b in Wittenberg ein. Das Schulgebäude aus dem 19. Jahrhundert birgt für viele Menschen in und um Wittenberg Erinnerungen an die Schulzeit. Insofern bietet dieser 19. März eine doppelte Chance: Besucher sehen Räume wieder, die ehemalige Schüler noch aus vergangenen Zeiten kennen - und gleichzeitig lernen sie die Planungen, Überlegungen und Vorbereitungen für den Reformationssommer 2017 kennen. Von 10 bis 15 Uhr - jeweils zur vollen Stunde - wird in der Aula mit einem Video und kurzen Erläuterungen über die Arbeit des Vereins informiert. Darüber hinaus beantworten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den verschiedenen Arbeitsbereichen Fragen der Besucher.

Aktuell befinden sich Vertreter des Vereins auf der Internationalen Tourismus-Börse in Berlin. Vorgestellt werden dort auch die Pläne zur „Weltausstellung Reformation“: Die Freiluft-Ausstellung in Wittenberg setzt sich 2017 in sieben „Torräumen“ mit Themen wie Kultur, Spiritualität oder Globalisierung auseinander. Bei www.r2017.org sind weitere Infos im Internet abrufbar.

Die ersten Wochen waren vom Ankommen geprägt, sagt Schneider kürzlich, da ist er gerade in einem VW-Bus vor dem Hauptbahnhof vorgefahren, derweil auf Gleis 2 der ICE 1587 aus Berlin hält und den anderen Geschäftsführer Hartwig Bodmann in die morgendliche Kälte entlässt. Während sich der Kirchentagsmanager auf den Weg in Richtung Innenstadt macht, geht Schneider zu einer Sandfläche in Bahnhofsnähe: Dort soll der Welcome-Turm entstehen. Über dessen Höhe gibt es noch abweichende Angaben. Im Konzept ist von „annähernd“ 30 Metern die Rede - bei einer Grundfläche von 16 mal vier Metern. Schneider zufolge habe der Testflug einer Drohne ergeben, dass 25 Höhenmeter erreicht werden müssen, um über benachbarte Schornsteine hinweg auf die Stadt sehen zu können.

Noch aber muss man seine Fantasie anstrengen, um sich auf der Großbaustelle, die der Wittenberger Hauptbahnhof wegen des Umbaus zu einem „Grünen Bahnhof“ derzeit ist, ein begehbares Buch vorzustellen. Dass die Statiker am Rechnen sind, sagt Schneider beim Vor-Ort-Termin unter Hinweis auf notwendige Genehmigungsverfahren. Errichtet werden könnte der Turm aus Gerüstteilen, zumindest sei dies die wahrscheinlichste Möglichkeit, die gegenwärtig überlegt werde.

Noch nicht abschließend geklärt ist nach Auskunft von Christof Vetter, Marketingchef beim Verein, der Untergrund (Bodenplatte). Dabei müsse auch bedacht werden, wie eine Nutzung des Geländes nach dem Reformationssommer 2017 aussehen könnte. Und solange man nicht genau wisse, wie der Turm gebaut wird, könne auch die Frage, wie viele Personen einmal gleichzeitig hinauf dürfen und wie überhaupt die Besucherlenkung erfolgt, noch nicht beantwortet werden.

Fest steht jedoch, dass auf der äußeren Hülle des Turmes - Stichwort: Buch - Luthertexte stehen sollen. Ob es sich um die 95 Thesen handeln wird, ist laut Vetter auch noch nicht abschließend geklärt. „Martin Luther war ein sprachgewaltiger Mensch, da kann man über Alternativen nachdenken, ohne die Bedeutung der Thesen zu schmälern“, sagt er.

Der Turm ist das Ergebnis eines vom Verein „Reformationsjubiläum 2017“ im Frühjahr 2015 ausgelobten Wettbewerbs; eingereicht hatte ihn die Bauhaus-Universität Weimar. Insgesamt beteiligten sich 21 Architektur-Hochschulen aus dem deutschsprachigen Raum. Am Ende gab es acht Preisträger und sieben „Tore zur Freiheit“ - der Preis für den Torbereich 7 „Kultur“ wurde unter zwei Bewerbern aufgeteilt. Den ersten Torraum „Welcome“ wird der Turm bilden. Weitere Räume, die in den Wittenberger Wallanlagen eingerichtet werden, widmen sich den Themen „Spiritualität“, „Jugend“, „Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“, „Globalisierung“, „Ökumene und Religion“ und eben „Kultur“.

Laut Schneider stehen über zwei Millionen Euro für die gesamte „Weltausstellung Reformation“ in Wittenberg zur Verfügung. Vetter zufolge wird der Betrag aus dem Gesamthaushalt des Vereins finanziert: „Ein erheblicher Anteil dieses Haushalts kommt von Geldern der EKD, daneben finanziert die öffentliche Hand.“ Zudem würden mit privaten und privatrechtlich organisierten Unterstützern und Partnern Gespräche geführt. Präsentiert wird die Weltausstellung „Tore der Freiheit“ vom 20. Mai bis 10. September 2017; mit Themenwochen soll jeweils einer der sieben Bereiche mit unterschiedlichen Programmen behandelt werden.

Logistische Herausforderung

Bis dahin ist noch viel zu tun, auch bei dem Treffen am Wittenberger Hauptbahnhof standen Schneider und Vetter unter Termindruck. Mit Blick auf die Weltausstellung sind Beratungen (unter anderem mit örtlichen Stellen) ziemlich dicht getaktet. Eine logistische Herausforderung wird aber nicht nur das Ausstellungsprojekt, auch auf den Abschlussgottesdienst des Kirchentags Berlin-Wittenberg am 28. Mai 2017, zu dem bis zu 300 000 Teilnehmer auf den Elbwiesen erwartet werden, darf man gespannt sein. Dass man sich für die Pratauer Elbseite entschieden hat, liegt am Panorama: Denn von dort hat man den ultimativen Blick auf die Silhouette von Wittenberg. Und die, so Schneider, hat sich „seit 500 Jahren nicht maßgeblich verändert“. (mz)

So klein, so groß: Ulrich Schneider hat unlängst schon mal gezeigt, wo am Hauptbahnhof das begehbare Buch entstehen soll.
So klein, so groß: Ulrich Schneider hat unlängst schon mal gezeigt, wo am Hauptbahnhof das begehbare Buch entstehen soll.
Thomas Klitzsch