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Von Käffchen zu Käffchen

Von Ute van der Sanden 12.10.2006, 14:54

Wittenberg/MZ. - Das heißt, von Arbeiten kann keine Rede sein. Nur, dass sie in der Raufasertapete die Knubbel pro Quadratmeter zählen. Und dass Baumann allmorgendlich die Dauer seiner Anfahrt zum Büro notiert.

Frank Bremser und Jens Lehrich heißen die beiden im richtigen Leben. Als sie vor rund zehn Jahren erstmals mit "Baumann und Clausen" auf Sendung gingen, ahnten sie nicht, dass aus der Büronummer eine der beliebtesten deutschen Radio-Comedys werden würde. Ein Dutzend Sender hatte oder hat das Duo im Programm, jeden Werktag schalten rund vier Millionen Menschen ein. Mehr als 3000 Folgen wurden ausgestrahlt.

Kein Wunder also, dass der Phönix-Theatersaal am Mittwochabend rappelvoll von erwartungsfrohen Radiohörern war. "Feierabend" heißt das Programm, in dem Baumann und Clausen von Bühne zu Bühne und Käffchen zu Käffchen ziehen und ihr Publikum mit freundlichem Spott erheitern. Auch eine Kunst: Zwei Stunden lang Sketche spielen, ohne jemandem zu nahe zu treten. Nicht dem Rezeptionisten im größten Wittenberger Hotel, der per Live-Schalte aus dem Saal angerufen wird: "Ich weiß gar nicht, was Sie da so abwiehern!" Nicht den Frauen im Allgemeinen und im Besonderen, eine Ella wie Clausen hat schließlich so mancher zu Hause. Und schon gar nicht den Beamten.

Doch funktioniert, was im Radio lustig ist, auch auf der Bühne? Taugt der Stoff kurzer Einspieler für einen ganzen Abend? Es funktioniert. Weil Baumann und Clausen auf dem Podium so fremd und unbedarft agieren wie mancher Beamte im Büro. Weil sie sich Mühe geben, jedes Klischee zu bedienen und das auch noch gut zu spielen. Sogar das Publikum darf auf die Bühne, Herr Koch aus Wittenberg einmal Baumann sein. Es funktioniert, weil es Spaß macht, ihnen zuzusehen, wie sie sich an den eigenen Witzen freuen. Über eine beschlagene Brille können sie dermaßen in Verzückung geraten, dass sie ihren Text verlassen.

Und dann funktioniert es doch wieder nicht. Wenn der Plot verpufft, die Show in der Show zu geben, und beim Tag der offenen Tür im Rathaus von Neddelhastedtfeld drauf los geblödelt wird wie zuvor im Archiv. Oder wenn partout kein Zuschauer eine Telefonnummer von Bekannten oder Verwandten herausrücken mag, die coram publico veralbert werden sollen. Auch ist ein solches Spaßtelefonat nur einmal lustig - wie der eindrucksvolle Hüftschwung des Oberamtsrats übrigens auch. Gleichwohl: Als unfreiwillige Realsatire, etwa auf zwei Radiomoderatoren, die am Sinnlos-Telefon krampfhaft nach Pointen suchen, sind Baumann und Clausen wiederum wirklich komisch.

Am 1. Dezember ist im Phönix schon wieder "Feierabend". Die Zusatzvorstellung, hieß es, sei noch nicht ausverkauft, werde aber rege nachgefragt.