Veranstaltungsorte in Wittenberg Veranstaltungsorte in Wittenberg: Stadthaus und Co. ohne Nutzer wegen Corona

Wittenberg - Nein, das bisschen Kommunalpolitik macht den Kohl nicht fett. Nicht für ein Veranstaltungshaus, das auf, im besten Fall, tägliche Nutzung zielt. Im März 2020 zog der Stadtrat ein, doch nach dieser Sondersitzung am 25. des Monats war dann erstmal wieder Sense.
Deutschland war im Lockdown versunken, von dem man damals nicht wusste, dass es nur der erste sein sollte. Erst Anfang Juli zogen dann auch die Ausschüsse aus ihrem angestammten Beratungsraum im Neuen Rathaus ins abstandssichere und damit coronakonforme Stadthaus.
Baumann und Clausen zuletzt
Waren die „Goldenen Melodien aus dem Egerland“ am 8. März eigentlich die letzte normale Veranstaltung dort gewesen? Oder kam es schon dazu nicht mehr? Allein das Wort Blasmusik lässt heutzutage ja die Aerosol-Ängste munter tanzen. Nein, sagt Dirk Wald sofort, die vorletzten; „Baumann und Clausen“ waren die allerletzten vor dem Lockdown.
Das Jahr war so „bescheiden“ wie im Ergebnis übersichtlich hinsichtlich dessen, was tatsächlich stattfinden konnte im Stadthaus, dessen Leiter Wald als Mitarbeiter des Fachbereichs Gebäudemanagement ist. „Fast normaler Auftakt“ bis März, dann Schnitt, erst im September gab es wieder ein paar Veranstaltungen in nennenswertem Umfang, dito im Oktober, der Rest ist bekannt. 62 Prozent weniger Umsatz sprechen eine deutliche Sprache, die Erträge schrumpften von 78.000 Euro im Vorjahr auf 29.000.
Und in der Exerzierhalle, die Dirk Wald ebenfalls leitet, war es noch viel schlimmer, nicht bloß bescheiden, sondern „katastrophal“: Magere sieben Veranstaltungen verzeichnet seine Statistik für diese, eine davon war die Fahrradversteigerung der Stadtverwaltung. Der Gesamtertrag 2020 für die Exerzierhalle: 6.200 Euro (2019: 28.000), das Umsatzminus lag hier gar bei 78 Prozent.
„Die Veranstaltungshäuser Stadthaus und Exerzierhalle haben aufgrund der Corona bedingten Schließung ihren rechnerischen Plan-Wert nicht erreicht“, hatte es, gar nicht überraschend, bereits im 3. Quartalsbericht der Wittenberger Finanzverwaltung geheißen. Und daran sollte sich bis zum Jahresende dann auch nichts mehr zum Positiven entwickeln, ganz im Gegenteil.
Nun gut, mit einer kleinen optischen Ausnahme: Kurz vor der Festtagsruhe, am Nachmittag des 13. Dezembers, 3. Advent, veranstaltete der in Wittenberg wohnende Ministerpräsident des Landes dort eine hybride Pressekonferenz, um die Medien über die Ergebnisse des Krisengipfels mit der Kanzlerin zu informieren, der nur wenige Stunden zuvor stattgefunden hatte, letzterer übrigens als reine Videokonferenz.
Das war der Wittenberger Auftakt zum zweiten Lockdown für nun fast alle, live aus dem örtlichen Stadthaus. Geld spülte der Haseloff-Auftritt aber nicht in die klammen Kassen, die Stadt spricht von Amtshilfe und, vor allem, von einem nicht zu unterschätzenden Werbeeffekt: „Wir können ganz schnell und kurzfristig“ eine solche Veranstaltung organisieren, nennt Stadt-Sprecherin Karina Austermann die damit verbundene Botschaft.
Die angereisten Journalisten, pandemie- und terminbedingt nur eine Handvoll, seien jedenfalls „sehr zufrieden gewesen“ mit den Arbeitsbedingungen. „Wir könnten sofort wieder eine solche Veranstaltung durchführen“, versichert auch Dirk Wald. Eingerostet ist da ganz offenkundig nichts übers Jahr im Stadthaus.
Mehr Veranstaltungen
Schon allein wegen der zig Gremiensitzungen nicht, die zwar ebenfalls nichts zu den Einnahmen beitrugen, da sich die Stadt ja schlecht selbst Miete abknöpfen kann für ihr eigenes Objekt, allerdings haben Stadtrat und Ausschüsse zumindest die Statistik verbessert und hier sogar dazu beigetragen, dass es 2020 im Stadthaus mit alles in allem 96 sogar mehr Veranstaltungen gab als im Vorjahr (81).
Um die laufenden Kosten zu minimieren, die ja so oder so anfallen, hatten Wald und sein fünfköpfiges Team einiges umgestellt und anders gehandhabt in der Stille dieses Jahres. Abbestellt wurde der Reinigungsdienst, die jeweiligen Bestuhlungen wurden selbst durchgeführt und auch sonst fand mehr „in Eigenleistung“ statt. Dazu gehört beispielsweise, dass das gesamte Haus gemalert wurde, wie Dirk Wald weiter berichtet.
Yes, we can!
Dass der Aufwand, Veranstaltungen überhaupt durchführen zu können, „deutlich höher“ war im Corona-Jahr, ist leicht nachzuvollziehen und eine Herausforderung, mit der letztlich alle Veranstalter zu kämpfen hatten. Das fing mit den zu erarbeitenden Hygienekonzepten an und war mit Bestuhlungsplan und Wegeführung noch lange nicht am Ende. „Wir waren in vielen Fällen mit Katastrophenmanagement beschäftigt“, so Wald, man habe aber, und das sei besonders wichtig, bewiesen: „Wir können auch unter Corona-Bedingungen Veranstaltungen durchführen.“
Eine Aussage, die - leider - auch auf die Zukunft zielt, doch Interessenten Mut machen soll, das Stadthaus zu mieten. Und bisher, sagt Dirk Wald, sieht es damit sogar sehr gut aus, das Stadthaus sei „für dieses Jahr nahezu restlos ausgebucht“. Freilich gilt dies vorerst nur auf dem Papier, Wald macht sich da nichts vor.
Allerfrühestens könne man über Ostern nachdenken; sollten sich die Pandemie-Situation und damit die Einschränkungen noch verschärfen, könnte es allerdings auch locker Mai werden, bis da wieder regelmäßig was läuft. Komplett irreführend sind vor diesem Hintergrund Veranstaltungsübersichten Dritter zum Stadthaus im Internet, die sogar für dieses Wochenende etwas in petto hatten...
Wenn überhaupt, dann dürfte am 3. Februar der Stadtrat der erste sein, der in diesem Jahr das Stadthaus nutzt. Die goldenen Egerländer wollen am 6. März wiederkommen - 2022. In einer fernen Zeit, in der wir über Aerosole hoffentlich lachen dürfen.
Drei kommunale Veranstaltungshäuser
Stadthaus und Exerzierhalle sind zwei von über einem Dutzend „Locations“, die es in Wittenberg für größere Veranstaltungen wie Konzerte und Tagungen gibt. Seit 2018 existiert dafür eine eigene Homepage, locations.lutherstadt-wittenberg.de. Die Stadt bietet neben Stadthaus und Exerzierhalle auch das Alte Rathaus für Veranstaltungen an. Das Wittenberger Tagungsgeschäft gilt seit langem als ausbaubedürftig - Corona hat 2020 freilich auch die geringsten Blütenträume platzen lassen.
Platz für knapp 600 Gäste hat - in normalen Zeiten und bei Reihenbestuhlung - der große Saal des Stadthauses. Ebenfalls maximal knapp 600 passen in die Exerzierhalle, die aus einem Raum besteht. Kleinstes der drei kommunalen Veranstaltungshäuser ist mit 120 Plätzen im Großen Saal das Alte Rathaus, hinzu kommen dort 35 weitere Sitzplätze auf der - unbequemen - Empore. Insgesamt stehen in dem historischen Gebäude fünf Räume für Veranstaltungen zur Verfügung. (mz)
