Unilever verkauft Margarine-Sparte Unilever verkauft Margarine-Sparte: 200 Mitarbeiter in Pratau haben Zukunftsangst

Pratau - Wenigstens gibt es jetzt Gewissheit. Die langen Monate, da lediglich die Ankündigung des Verkaufs der Margarine-Sparte des Lebensmittelkonzerns Unilever im Raum stand, ist vorüber. Seit Freitag steht fest, wohin die Reise geht: zum Finanzinvestor KKR mit Firmensitz in New York City.
Unilever hat sein Geschäft mit Brotaufstrichen (etwa Rama, Becel, Lätta oder Sanella) an KKR verkauft. Das niederländisch-britische Unternehmen erhält dafür 6,83 Milliarden Euro, wie es heißt. Damit geht eine Ära zu Ende, der Standort Pratau mit mehr als 200 Beschäftigten beispielsweise gehört bereits seit den 1930er Jahren zu Unilever.
Dass die Mitarbeiter zunächst aus der Presse erfahren mussten, dass es einen neuen Besitzer geben wird, ist einer der Punkte, der für Unmut sorgt. „Ich finde das zum Kotzen, das so mitgeteilt zu bekommen“, lautet einer der Kommentare in den sozialen Netzwerken.
Erst am gestrigen Montagmittag ist in Pratau spontan eine Belegschaftsversammlung einberufen worden, wo mitgeteilt wurde, was bislang bekannt ist. Allzu viel dürfte das freilich nicht sein, unter anderem deshalb, weil mit dem Abschluss des Geschäfts erst Mitte des Jahres 2018 zu rechnen sei.
Dass die Stimmung in Pratau ambivalent ist, erklärt Betriebsrat André Hoyer gegenüber der MZ. Sie schwanke zwischen Ängsten und Unsicherheit. Andererseits verknüpfe mancher gar Hoffnungen mit dem Wechsel, weil im Unilever-Konzern eben auch nicht alles rosig sei.
Dass er persönlich nicht schockiert ist von der Nachricht, dass das traditionsreiche Pratauer Werk ausgerechnet an einen Finanzinvestor gehe, sagt Hoyer. Den Schock habe er bereits hinter sich als Anfang des Jahres der Unilever-Übernahmeversuch durch den US-Konzern und Ketchup-Hersteller Kraft Heinz bekannt geworden war. Das ist letztlich der Grund für den Verkauf der Margarine-Sparte.
Unilever hat ein umfangreiches Veränderungsprogramm angekündigt. Ziel ist es, bis 2020 die Kosten zu senken und die Ertragskraft zu steigern. Mit dem Verkauf der Brotaufstrich-Marken trennt sich Unilever von einem nicht mehr sonderlich ertragreichen Bereich. Im vergangenen Jahr habe der Umsatz dort bei gut drei Milliarden Euro gelegen - konzernweit waren es im gleichen Zeitraum knapp 53 Milliarden Euro.
Auswirkungen auf die Produktion erwartet Betriebsrat Hoyer in absehbarer Zeit nicht. Auch die Arbeitsplätze erachtet er als zunächst nicht gefährdet. Die prognostizierten Verkaufszahlen für 2018 vermittelten: „Wir brauchen unsere Mitarbeiter.“
Dass es jede Menge Gerüchte gebe, sei klar, viele davon aber seien haltlos. Trotzdem wisse natürlich derzeit niemand so genau, wie es weiter gehen wird mit der Margarine-Produktion in Pratau.
Dass der Umsatz bei Margarine generell rückläufig ist, räumt Hoyer ein. Was sich aber auch schnell ändern kann, wie die Zeit gezeigt habe, als der Butterpreis durch die Decke ging. „Da hat sich das Kaufverhalten sofort verändert.“ Der Betriebsrat jedenfalls ist optimistisch, was die Zukunft des Pratauer Unternehmens angeht: „Wir sind ein solider Standort, der sich in Europa eine starke Position erarbeitet hat.“ Das Werk in Pratau sei in jedem Fall wettbewerbsfähig.
Wie Werkleiter Kai Behrmann die aktuelle, von erheblicher Verunsicherung geprägte Situation beurteilt, ist unklar, er lässt auf die Presseabteilung in Hamburg verweisen. Dafür macht der Chef des Europa-Betriebsrats von Unilever, Hermann Soggeberg, aus seinem Herzen keine Mördergrube: „Das ist bitter. Ich kann mir Unilever ohne Margarine-Sparte gar nicht vorstellen.“
Zumal Margarine schon im Namen auftauche und zu den Gründungssäulen des Unternehmens zähle: „Da hängt Herzblut dran.“
Zurückhaltend äußert sich Soggeberg unterdessen im Blick auf den Investor. Beteiligungsgesellschaften wie KKR haben bekanntlich nicht das beste Image. Sie werden schon mal als Unternehmensjäger oder Heuschrecken bezeichnet. Geschäftsmodell ist, erworbene Unternehmen auf Profit zu trimmen und sie später wieder zu verkaufen - im Falle KKR im Schnitt nach sechs bis sieben Jahren. KKR hat im Portfolio eine Reihe bedeutender deutscher Unternehmen.
Soggeberg sagt derzeit nur: „KKR ist kein unbeschriebenes Blatt.“ Der Betriebsrat will abwarten. Zugesagt habe der Investor zumindest, sich an die Unilever-Nachhaltigkeitskriterien zu halten. „Was der Verkauf für Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen bedeutet, wissen wir noch nicht.“
Er hoffe, am Mittwoch mehr zu erfahren. Da treffen sich in Rotterdam der europäische Betriebsrat und das Unilever-Management, womöglich sind Vertreter von KKR dabei. Der Betriebsrat fordert nach wie vor den Erhalt ökonomischer, ökologischer und sozialer Standards, der Arbeitsplätze und Pensionen. (mz)