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Unilever produziert in Pratau Unilever produziert in Pratau: Konzern trennt sich von Margarine-Sparte

Von Michael Hübner 07.04.2017, 11:39
Das Pratauer Werk von Unilever
Das Pratauer Werk von Unilever Klitzsch

Pratau - Ausnahmezustand beim niederländisch-britischen Unilever: Mitarbeitervollversammlung im Stammhaus in Hamburg, Meeting in Pratau. Der Grund ist simpel: Der Konzern strukturiert kräftig um. Dazu gehört auch die Trennung von der Brotaufstrichsparte. Es hat alles angefangen mit Margarine aus Holland und mit Seife aus Großbritannien.

Aber 87 Jahre nach der Fusion von Margarine Unie und Lever Brothers hat sich der niederländische Vorstandschef Paul Polman des Konsumgüterkonzerns Unilever dazu entschlossen, das Margarine-Geschäft zu verkaufen. Das steht mit einem Umsatz von zwei Milliarden Euro für vier Prozent des gesamten Umsatzes.

An der Sparte hätten bereits eine ganze Reihe Finanzinvestoren Interesse bekundet, sagte Finanzchef Graeme Pitkethly. Er sei zuversichtlich, dass der Verkauf zu einem guten Preis zustande komme. Die Veräußerung des Margarinegeschäfts ist Teil eines umfangreichen Umbauprogramms, mit dem der Konzern bis 2020 seine Profitabilität deutlich verbessern will.

Statt 16,4 Prozent wie im Jahr 2016 sollen dann 20 Prozent vom Umsatz als operativer Gewinn übrig bleiben. „Das ist eine globale Entscheidung, die aber auch uns am Donnerstag überrascht hat“, sagt ein Hamburger Unternehmenssprecher auf MZ-Anfrage. Die Entscheidung, die am Donnerstag mitgeteilt wurde, hat auch Konsequenzen, die aber laut Pressesprecher noch nicht absehbar seien, für die Pratauer Mitarbeiter.

Hier werden laut Unternehmenshomepage Rama, Lätta, Becel, Sanella und Homa-Gold produziert. Etwa 150 Menschen sind direkt in der Produktion beschäftigt. Die Hiobsbotschaft hat auch schon das Wittenberger Rathaus erreicht.

„Wir haben heute davon erfahren und sofort ein Gespräch mit der Werksleitung vereinbart“, sagt Oberbürgermeister Torsten Zugehör (parteilos), der selbst Pratauer ist. Am Dienstag soll über die Zukunft des Traditionsbetriebes gesprochen werden.

Und die Pratauer Historie ist noch deutlich länger als die von Unilever. Die bisherige Erfolgsgeschichte beginnt 1903. Emil Krüger gründet in Bad Düben als einer der ersten in Deutschland eine Margarinefabrik. Da er in Sachsen nicht expandieren durfte, wählte Krüger als neuen Standort eben Pratau.

Hier finde er die bessere Infrastruktur: Gras, Kühe, Milch und Eisenbahnanschluss vor. 1920 wurde der Betrieb an den Holländer van den Bergh verkauft. Zu DDR-Zeiten kamen etwa 50 Prozent der gesamten Margarine-Produktion aus Pratau: die Marken Sahna, Sonja und Marina.

1991 kehrt die Fabrik wider zu Unilever zurück. Die weitere Zukunft ist ungewiss. Der Konzern selbst will erst Ende des Jahres eine Entscheidung über die künftige Aufstellung fällen. Die Umstrukturierung kommt nach dem abgewehrten Übernahmeversuch durch den US-Konzern Kraft-Heinz, bei dem der Milliardär Warren Buffett Großaktionär ist.

Mehrere Jahre schon forderten Analysten den Vorstand dazu auf, die Margarine-Sparte zu verkaufen, obwohl das Unternehmen damit viel Geld verdient - die Rendite liegt bei 20 Prozent und ist sehr hoch für einen Hersteller von Gütern des täglichen Bedarfs. Das Geschäft mit Lebensmitteln ist aber immer noch überwiegend regional.

Margarine wird nur in Europa und Nord-Amerika verkauft, nicht aber in den für Unilever so wichtigen Regionen wie Asien, Afrika und Südamerika. Dazu kommt, dass die Margarine auch in traditionellen Ländern wie den Niederlanden und Deutschland Konkurrenz bekommt durch pflanzliche Speiseöle. Bereits 2013 machten in Pratau Gerüchte die Runde von einer Werksschließung wegen rückläufiger Absatzzahlen. (mz)