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Tourismus Tourismus: "MS Lutherstadt Wittenberg" wird verkauft

Von Marcel Duclaud 13.11.2018, 11:27
Das Passagierschiff „Lutherstadt Wittenberg“ steht zum Verkauf.
Das Passagierschiff „Lutherstadt Wittenberg“ steht zum Verkauf. Thomas Klitzsch

Wittenberg - Jan Harnisch zieht die Notbremse. Der Mann, der sich mit seinem unternehmerischen Mut um den Tourismus in Wittenberg verdient gemacht hat, verkauft jetzt sein Schiff, die „Lutherstadt Wittenberg“, mit der so mancher Einheimische und Auswärtige schöne Touren auf der Elbe verbindet.

Die extreme Trockenheit und der damit verbundene niedrige Wasserstand waren einfach zu viel. Zwar haben Harnisch und sein Team einiges erlebt in den vergangenen 14 Jahren, seit das Motorschiff seinen Heimathafen in Wittenberg hat - Hochwasser, Niedrigwasser. Aber 2018 schlägt alles.

Bis Juni konnte das Schiff noch halbwegs normal fahren, ab dann nur noch sporadisch, wenn mal wieder ein „Schluck Wasser“ kam. Reihenweise lange gebuchte Touren mussten abgesagt werden. „Wir verzeichnen 80 Prozent weniger Umsatz im Vergleich zu 2017“, bilanziert der Mann mit Kapitänspatent. Besonders bitter nicht zuletzt deshalb, weil die Bücher voll waren, weil es nicht weniger Buchungen gegeben habe als im Jubeljahr 2017: „Wir hätten fahren können ohne Ende.“

So bricht das Niedrigwasser einer Wittenberger Attraktion das Genick. Harnisch hat nach eigenen Angaben mit dem Geld, das er durch den Verkauf der Altstadtbahnen einnahm, die immensen Verluste ausgeglichen. Irgendwann geht das nicht mehr. Und so scheitert auch der ursprüngliche Plan, das Schiff an seine Frau und seinen Sohn zu übergeben. Denn er selber ist ja auf der großen Schwester, dem Passagierschiff „Junker Jörg“ unterwegs.

Um dem Niedrigwasser auf der Elbe zu entkommen, reiste das einstige Wittenberger Hotelschiff Richtung Ostsee und fuhr im Sommer zwischen Stralsund und Stettin. Ausgesprochen erfolgreich, wie Harnisch versichert. Die Kreuzfahrten mit „Junker Jörg“ seien bestens gebucht: „Wir sind für 2019 und 2020 fast ausverkauft.“

Deshalb ist der Abschiedsschmerz für Jan Harnisch nicht ganz so groß. Dass es ihm schwer fällt, die „Lutherstadt Wittenberg“ zu verkaufen, dass er sich das alles anders gewünscht hätte, auch für seine Heimatstadt, räumt er aber ein. Der Kapitän hat viel investiert, nicht nur Geld, sondern auch Leidenschaft.

Erste Gespräche mit Interessenten seien inzwischen geführt, Harnisch spricht von mehreren ernsthaften Angeboten. Der Schiffstyp, ein altes DDR-Modell, sei begehrt. Unterschrieben ist freilich noch nichts, was aber sehr schnell gehen könne. Harnisch wünscht sich, dass das Schiff in Wittenberg bleibt und weiter von hier aus Fahrten auf der Elbe angeboten werden. Garantieren kann er das nicht.

Gestoppt sind inzwischen sämtliche Planungen fürs nächste Jahr, der Mannschaft wurde gekündigt. Verkaufen will der Unternehmer die komplette Firma „Wittenberger Passagierschifffahrt“, samt Know How, samt Kontakten, samt dem Büro in der Schlossstraße. Auch deshalb, um einem Erwerber, der hier bleibt, den Start zu erleichtern.

Dass es ein „großer Einschnitt“ wäre, würde das Schiff Wittenberg verlassen, erklärt Diana Schelhaas, stellvertretende Leiterin der Tourist-Information, gegenüber der MZ. Sie hofft freilich noch, dass es der Stadt erhalten bleibt: „Wir haben das Schiff immer empfohlen, für Wittenberg ist es eine Bereicherung.“

Allerdings orientiert sich die Information um, weil sie ein touristisches Paket halten möchte, das Fahrten mit Altstadtbahn und Schiff kombiniert. Im Angebot ist deshalb statt MS „Lutherstadt Wittenberg“ jetzt MS „Vineta“ auf der Goitzsche. (mz)