Tiere Tiere: Wittenberger ist Brieftauben-Champion
WITTENBERG/MZ. - Bei den Brieftauben ist es wie bei den menschlichen Leichtathleten: Es gibt Sprinter, Mittelstreckler und Marathonläufer. Doch auch da zeigen sich Unterschiede. Zu Beginn der Saison im Mai, wenn die Flüge noch relativ kurz sind, fliegt so manches Tier schnell los, aber zum Schluss reicht die Kraft nicht. "Die Allround-Taube sollte alles fliegen, sowohl 150 als auch 700 Kilometer", sagt Reinhard Lorenz.
Der Wittenberger Züchter Lorenz kennt die Materie. 60 Jahre ist er alt, und von Kindesbeinen an widmet er sich den "Rennpferden des kleinen Mannes", wie die Tauben liebevoll genannt werden. Doch so eine erfolgreiche Saison wie die zurückliegende gibt es für ihn nicht immer. Lorenz hat in der Auswertung für die Einsatzstelle Wittenberg so gut wie alles abgeräumt, was die Preise hergaben. Dabei reicht es nicht allein, dass die eigenen Tauben auf die Spitzenplätze fliegen. Man muss sie auch darauf vorbenennen, sich also vor dem Flug festlegen, dass das Tier in die Preise kommen wird.
Ein fünf Jahre alter Vogel (ein männliches Tier) hat sich wiederum als erfolgreich erwiesen. "Er ist jetzt das dritte Jahr Einsatzstellenbeste", strahlt Lorenz. "Im vorigen Jahr war er RV-Meister. Viele Züchter sagen: Lass die Taube zu Hause, aber ich setze sie." Denn dass die Nachkommenschaft von erfolgreichen Tauben auch erfolgreich wird, ist nicht gesagt. Im Gegensatz zu Rassetauben ist "eine Brieftaube eine Taube, die gern fliegt", weiß Richard Reiß, Vorsitzender der Reisevereinigung (RV) Wittenberg und des Wittenberger Vereins "Heimatliebe".
Diese Flugleidenschaft versuchen die Züchter weiterzugeben. Dass das nicht einfach ist, weiß Lorenz zur Genüge. "Ich hatte ein Paar, das war elf Mal im Korb, kam immer ohne Preis nach Hause. Aber die Jungen sind drei Jahre spitze geflogen."
Um für Tauben und die Fahrer zu den Auflass-Orten noch bessere Bedingungen zu haben, hat sich die RV einen neuen Kabinen-Express zugelegt. Der neue Transporter für 3 200 Tiere, finanziert aus Sponsorengeldern, hat nicht nur Tränken für die Vögel, die manchmal über einen Tag unterwegs sind, sondern auch Belüftung, Beleuchtung und elektrische Jalousien. Der Vorgänger war Baujahr 1976. "Da hätten wir nochmal 3 000 Euro an Reparaturen reinstecken müssen", sagt Reiß. Genutzt wird der Transporter gemeinsam mit den Brieftaubenzüchtern der RV Dessau.
"Der Wagen soll wieder 20 Jahre halten, es ist eine Investition in die Zukunft unseres Sports", betont Richard Reiß. Auch er hat sich dieses Jahr in der Bestenliste verewigt, allerdings einer besonderen. Ihm gelang ein Spitzenplatz beim Olympia-Flug.