Sympathische Kindereien von Vater und Tochter
Wittenberg/MZ. - Was für viele Künstler einem Super-GAU gleichkommt, ist für Andreas Fasbender ein großes Glück. Bei ihm sind kleine Kinder auch nicht nur wiederkehrendes Bildmotiv, vielmehr gestattet er es seiner Tochter, an die Arbeiten selbst Hand anzulegen. Es heißt, er habe die heute Siebenjährige schon früh in sein Atelier geholt. Mitunter sei sie dann durch Farbe gewatet und anschließend über den Malgrund gelaufen. Was für ein Vater! Aziza, so heißt der Fasbender-Spross, wird später jedenfalls nicht zu jenen traumatisierten Erwachsenen gehören, die nie wieder ein Bild produzieren, weil ihre Eltern die frühkindlichen Mal-Versuche nicht hinreichend goutiert haben.
Davon, wie diese Kooperationswerke, die Fasbender selbst dem Vernehmen nach Kollaborationen nennt, aussehen, kann man sich im Krankenhaus der Wittenberger Paul-Gerhardt-Stiftung einen Eindruck verschaffen. Nachdem dort Monate lang keine Ausstellung mehr zu sehen war, wurde jetzt unter dem Titel "Von Kindern" eine Schau mit Fasbenders Bildern eröffnet. Der größte Teil der Arbeiten hängt im Korridor zur Radiologischen Klinik. Aquarelle, Acryl auf Papier - tiefer Himmel über Napoli, Häuserschluchten von Havanna, außerdem eine ganze Serie wilder Pinselstriche mit dem Titel "Congeros". Das, was dieser Exposition ihren Namen gab, findet sich in seiner ganzen bizarren Schönheit jedoch in dem roten Backsteinbau, in dem der Stiftungsvorstand logiert.
Auf raumgreifenden Formaten hat Fasbender knuffige Putten, wie sie etwa in einem Park in seiner Wahlheimat Berlin zu finden sind, verewigt - und Aziza die Vollendung der romantischen Ansichten überlassen. Darüber hinaus schlägt er in den Bildgeschichten eine Brücke zu seiner anderen großen Leidenschaft - der Musik. Vor Jahren erfand Fasbender das, was in Fachkreisen perkussive Malerei genannt wird. Nun finden sich Trommeln auch auf den Bildern, bespielt von den Engeln, die sich dabei schon mal eines Pinsels bedienen. Bevor sich Fasbender dem alten Motiv des spielenden Kindes widmete, schickte er sich an, das Ausland zu erobern. Bereits Ende der 80er Jahre wurden Bilder des Absolventen der Staatlichen Kunstakademie Münster u. a. in Lille, Paris und Bukarest gezeigt. Mehrere internationale Museen haben seine Werke in ihren Sammlungen.
Der Funke, einen Kinder-Zyklus zu schaffen, sprang durch die Schabernack treibenden Kinder über, die sich in den Pompejanischen Fresken tummeln. Dort werden Kinder als handelnde Figuren, die scheinbar sinnlose Spielchen treiben, gezeigt. In der Kunstgeschichte wird die Darstellung des Kindes erst wieder in der Renaissance salonfähig. Zur Vernissage am Freitagabend gab es dazu von Sabine Aichele-Elsner einen tief schürfenden Vortrag samt einer Flut von Zitaten großer Künstler . Die Frau, die in Leipzig die Galerie "ARTAe" betreibt, hat Andreas Fasbender nach Wittenberg vermittelt.
Aber auch ohne Exkurs in die Kunstgeschichte kann man den Versuch unternehmen, sich auf die sympathischen Kindereien des Künstlers Fasbender einzulassen - oder es zum Beispiel wie Stiftungsdirektor Rainer Wettreck halten, der fand: "Kunst hat etwas mit Kommunikation zu tun." Und kommuniziert werden kann in der Galerie im Stift noch bis Ende Januar.