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Stadt und Verband bald vor Gericht

Von Markus Wagner 18.11.2005, 16:09

Bad Schmiedeberg/MZ. - Die Stadt Bad Schmiedeberg und der Abwasserzweckverband Elbaue / Heiderand sehen sich jetzt vor Gericht wieder. Dort soll geklärt werden, ob der AZV Herstellungsbeiträge für den Abwasserkanal im Margarethenviertel erheben darf. Die Stadt hatte dort den Kanal als Erschließungsträger selbst gebaut und den Kanal dem Verband per Vertrag kostenlos übergeben. Dennoch fordert der AZV, zu dessen Mitgliedern auch die Stadt Bad Schmiedeberg gehört, nun von allen Grundstückseigentümern - auch von der Stadt - Herstellungsbeiträge für die Anlagen des Verbandes.

Vertrag nicht haltbar

"Der Vertrag ist laut Rechtsgutachten nicht haltbar", sagt der AZV-Geschäftsführer Wolfgang Bormann, für den die Kanäle deshalb "rein formaljuristisch" gar nicht an den Verband übergeben worden sind. "Das macht die Situation in Bad Schmiedeberg noch schwieriger", meint Bormann, der Ende vergangenen Jahres - kurz vor Auslaufen der Verjährungsfrist - die Bescheide hatte verschicken lassen (die MZ berichtete).

"Wenn die Kanäle dem Verband nicht gehören, hätte er auch keine Bescheide verschicken dürfen", argumentiert Dr. Manfred Milse, einer der betroffenen Grundstückseigentümer. Insgesamt 50 haben sich bereits zwei Mal getroffen, um die Situation zu beraten. Denn alle haben ihre Grundstücke "voll erschlossen" gekauft. "Bei mir hat das ein Drittel des Kaufpreises ausgemacht", sagt Milse. "Dafür hätte ich mir damals ein Grundstück in Wittenberg kaufen können."

Dass der Verband keine Bescheide verschicken dürfte, bestreitet Bormann. "Faktisch ist das Gebiet an das Abwassernetz angeschlossen, also können auch Herstellungsbeiträge erhoben werden." Das pikante in Bad Schmiedeberg: Der Verband verlangt tatsächlich die kompletten Herstellungsbeiträge, nur die Hausanschlüsse sind ausgenommen. Das liegt am Vertrag, den der damalige Bürgermeister Hubertus Baum und der damalige Verbandsvorsitzende Reinhard Stefaniak 1996 unterschrieben hatten. Bormann hält den für ungültig. "Man hätte eine ordentliche Ablösevereinbarung machen müssen, bei dem der Bauträger die Herstellungsbeiträge stellvertretend für den AZV erhoben hätte", sagt Bormann. So war lediglich vereinbart worden, den Kanal im Wert von rund 3,03 Millionen Mark kostenlos an den Verband zu übergeben. "Von den Grundstückseigentümern werden im B-Plan-Gebiet vom Abwasserzweckverband keine weiteren Kanalbaubeiträge erhoben", steht da wörtlich. Und verursacht eine Sprachverwirrung. Denn inzwischen verlangt der Verband, so erzählt Milse, eine "Schmutzwassererstellungsgebühr". "Der Begriff war 1996, als ich gekauft habe, gar nicht in der Satzung enthalten", klagt er. "Die damalige Satzung war sowieso nicht rechtsgültig", hält Bormann dagegen. Die erste korrekte Satzung des Verbandes bestehe ja erst seit dem Jahr 2000. Auf deren Grundlage sind die inkriminierten Bescheide erstellt worden. "Und bislang hat an den Formulierungen keiner Anstoß genommen." Eigentlich, sagt Bormann, sei das Ganze ja auch gar kein Problem zwischen AZV und Grundstückseigentümern. Was die mit ihrem Bauträger - der Stadt - vereinbaren, sei ausschließlich deren Sache. "Wir als Verband sind nach Kommunalabgabengesetz dazu verpflichtet, Herstellungsbeiträge zu erheben."

Ansprüche an Stadt

Diese Erkenntnis scheint sich bei den Grundstückseigentümern auch breit gemacht zu haben. Inzwischen, sagt Milse, hätten die meisten ihre Ansprüche bei der Stadt geltend gemacht. Denn auch die Hausbesitzer drückt die Verjährung. Immerhin hat Milse bereits vor zehn Jahren gekauft.

Doch weil nicht alle Grundstücke im Gebiet verkauft worden sind, bleibt auch die Stadt auf Herstellungsbeiträgen sitzen. "Es wäre ungerecht, wenn die Grundstücksbesitzer doppelt bezahlen müssten, aber die Stadt beträfe es ja auch", sagt Bürgermeister Stefan Dammhayn. Der hatte sich mit Bormann auf einen "Musterprozess" geeinigt, der beim Verwaltungsgericht bereits angemeldet aber noch nicht terminiert ist. Bei dem soll auch geklärt werden, wem der Kanal nun eigentlich gehört. "Je nachdem, wie das ausgeht, hat sich die Sache auch für die Grundstückseigentümer erledigt", sagt Dammhayn. Wird die Stadt allerdings dazu verdonnert, ihre Bescheide tatsächlich zu begleichen, wird wohl die nächste Gerichtsverhandlung ins Haus stehen: Hausbesitzer vs. Stadt.