Sommerausstellung bei Cranach-Stiftung Sommerausstellung bei Cranach-Stiftung: Achtung! Fälscher am Werk!

Wittenberg - Das Thema scheint gerade en vogue, jedenfalls widmet sich auch in der Metropole Hamburg aktuell eine Ausstellung der Kunstfälschung. „Echt - Falsch“ nähert sich dem Phänomen auf vielschichtige Weise. Unter anderem soll gezeigt werden, „wo die Grenzen zwischen legaler Kopie und krimineller Kunstfälschung liegen“.
Ortswechsel. In Wittenberg (keine Metropole, aber nicht direkt arm an Kunst) besitzt die Cranach-Stiftung auch Gemälde im Stil Cranachs, das heißt, einige sind Kopien echter Cranach-Werke, andere lehnen sich an deren Stil und Motive an. „Echt gefälscht“ titelt die aktuelle Sommer-Kabinettausstellung der Stiftung im Cranach-Haus Markt 4.
An die Gleichzeitigkeit der Ereignisse, hier „Echt gefälscht“, dort „Echt - Falsch“, erinnerte am Donnerstag bei einer Vorbesichtigung in Wittenberg die Kunsthistorikerin der Cranach-Stiftung, Marlies Schmidt. Sie zitierte zudem eine Theorie, wonach bis zu 60 Prozent der Gemälde, die im Kunsthandel angeboten werden, Kopien sein könnten. Eine Kopie ist etwas anderes als eine Fälschung. „Jahrhundertelang schulten sich junge Künstler, indem sie alte Meister kopierten“, so Schmidt.
„Echt gefälscht“ im Cranach-Haus am Markt 4 in Wittenberg wird am heutigen Freitag, dem 1. Juni, um 19 Uhr eröffnet. Die Kabinettausstellung präsentiert Cranach und seine Kopisten sowie Aspekte der Rezeptionsgeschichte. Und sie zeigt, dass Fake News - alternative Wahrheiten - keine Phänomene des 21. Jahrhunderts sind, wie es im Text zu dieser Exposition heißt. Weitere Termine in der Fälscher-Schau, die bis September zu sehen ist, sind u. a. öffentliche Ausstellungsrundgänge, der erste findet am 15. Juni um 14 Uhr statt, sowie ein Vortrag von Doreen Zerbe am 23. August im Malsaal.
Bei www.cranach-stiftung.de sind Infos auch online abrufbar.
Fälschungen hingegen setzen die böse Absicht voraus. Und: „Gefälschte Urkunden und Bilder und die damit zusammenhängenden Bedeutungsänderungen beschäftigen immer wieder Archive und Museen.“
Zu den Exponaten der Kabinettausstellung „Echt gefälscht“ gehört das Gemälde „Luthers Begegnung mit der Heiligen Anna“ von Wolfgang Beltracchi. Gemalt ist es im Stil Cranachs, es zeigt Luther im Moment des legendären Gewitters am 2. Juli 1505 bei Stotternheim, als er in Todesangst angesichts des Blitzschlags die Heilige Anna um Schutz anflehte und gelobte, Mönch zu werden. Cranach hat Luther vielfach gemalt, aber diese Episode, über die es im Text zur Schau heißt, sie führte letztlich zur Reformation, nicht.
Und Beltracchi? Der begnadete Maler, der sich offenbar virtuos und mühelos beinahe jede künstlerische Handschrift aneignen kann und auch als Meisterfälscher in die jüngere Geschichte eingegangen ist, folgte seinem Anspruch, „dass dieses Bild so durchaus hätte entstehen können“, wie es am Donnerstag im Cranach-Haus Kristina Behrend von der Kunstplattform Zott-Artspace aus München formulierte.
Die Arbeit ist zudem Teil des Projektes „Kairos. Der richtige Moment“, das sich auf 2000 Jahre Kunstgeschichte beziehe. Als Wanderausstellung konzipiert, ist das Kairos-Projekt mit dem Luther-Bild ab 5. Oktober zunächst in Venedig zu sehen, weitere Stationen sind Hamburg und Wien.
Eine lange Reise nach Wittenberg hat das Bild „Christus und die Ehebrecherin“ hinter sich. Vor zehn Jahren wurde es Schmidt zufolge der Cranach-Stiftung als original Cranach angeboten, der Besitzer, ein Kanadier, hatte es zu Ausstellungszwecken offeriert. 2017 stellte sich nach Untersuchungen des Cranach-Spezialisten Gunnar Heydenreich (Köln) heraus, dass es sich um die Kopie eines unbekannten Meisters aus dem 17. oder frühen 18. Jahrhundert handelt. Schön ist’s trotzdem.
Groß und farbmächtig ist ein Werk, das die Cranach-Stiftung 2003 selbst in Auftrag gegeben habe: Es zeigt einen Ausschnitt aus Cranachs Zehn-Gebote-Tafel, das Original hängt bekanntlich im Refektorium des Lutherhauses Wittenberg. Was überhaupt die Originale betrifft, so wird in der kleinen Kabinettausstellung auf Tafeln ausführlich über selbige informiert, auch über die Künstler erfährt der Betrachter einiges. Und über Beltracchi, Sohn eines Kirchenmalers, ist zudem ein Film zu sehen - wie er Gloria von Thurn und Taxis porträtiert. Im Stil Cranachs. Was sonst.
(mz)

