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Silvesterkonzert in Wittenberg Silvesterkonzert in Wittenberg: Musik zum Fest des Lebens in der Schlosskirche

Von Corinna Nitz 02.01.2019, 14:32
Volles Haus: Wieder einmal war das Silvesterkonzert in der Schlosskirche Wittenberg ausverkauft. Es erklangen Toccaten und Fanfaren.
Volles Haus: Wieder einmal war das Silvesterkonzert in der Schlosskirche Wittenberg ausverkauft. Es erklangen Toccaten und Fanfaren. Thomas Klitzsch

Wittenberg - Zu den außergewöhnlichen Kalendern gehört „Der andere Advent“. Immer vom 1. Dezember und bis Epiphanias ist er eine Einladung - zum Schauen, Schmökern, zum Nach- und Überdenken. Am letzten Tag des Jahres 2018 war das nicht anders und am Abend desselben zitierte die Theologin Gabriele Metzner vom Predigerseminar in der Schlosskirche Wittenberg folgenden Eintrag: „Wenn das Notwendige getan und das Überflüssige verworfen, wenn das Zuviel verschenkt und das Zuwenig verschmerzt ist, wenn alle Irrtümer aufgebraucht sind, kann das Fest des Lebens beginnen.“

Den festlichen, bisweilen auch triumphierenden Sound zu diesem von Wolfgang Poeplau erwähnten Fest lieferten an diesem 31. Dezember beim traditionellen Silvesterkonzert in Wittenberg Schlosskirchenkantor Thomas Herzer (Orgel) sowie Klaus Vogelsang und Bodo Pforte (Trompete) und Paul Ungureanu mit Moritz Anthes (Posaunen). Dabei war das Motto des Konzertes Programm, geboten wurden Fanfaren und Toccaten - und von Metzner kurze Ausführungen.

Etwa zu der Möglichkeit, dass Johann Sebastian Bach „vielleicht“ der Urheber der berühmten Toccata in d-Moll ist, ganz sicher aber von der Toccata in F-Dur. Die beinhaltet übrigens lange Soli auch für die Füße und wer sich einen Platz auf der Südempore und dortselbst nah genug an der Ladegast-Orgel sichern konnte, wurde Zeuge von Herzers über die Manuale fliegenden Händen und seiner Beinarbeit an den zahlreichen Pedalen.

Bei einem Benefizkonzert zugunsten der Brandopfer von Paradise in Kalifornien am 22. Dezember in der Wittenberger Schlosskirche konnten 2626 Euro eingenommen werden. Dies erklärt Schlosskirchenkantor Thomas Herzer auf MZ-Nachfrage. Wie Herzer weiter mitteilt, legt die Gemeinde noch einmal 500 Euro drauf, so dass nun 3126 Euro auf ein Spendenkonto überwiesen werden können. Die kleine Stadt Paradise war bei schweren Waldbränden Ende 2018 zerstört worden. Gestaltet haben das Benefizkonzert in Wittenberg die Ensembles der Schlosskirche. Insbesondere der von Kantorin Sarah Herzer geleitete Handglockenchor pflegt enge Kontakte nach Kalifornien.  

Seinen Anfang nahm das erneut ausverkaufte Silvesterkonzert jedoch vor dem Altarraum: Zwischen den Gräbern von Martin Luther und Philipp Melanchthon überreichten Herzer an der kleinen und ursprünglich aus dem Predigerseminar stammenden Chororgel sowie die Bläser die Eröffnung II des jungen Kirchenmusikkomponisten Traugott Fünfgeld.

Es folgte eine Mischung aus alten Kompositionen etwa von Michael Praetorius und dem bereits erwähnten Bach sowie eine aus 2017 stammende Bearbeitung von Stefan Mey der im 17. Jahrhundert entstandenen Playford Suite. Zwei Sätze spielte Herzer aus der Suite Gothique des Franzosen Léon Boëllmann (1862 bis 1897).

Gekrönt wurde das Konzert nach fast 90 Minuten von einer Paraphrase über Georg Friedrich Händels „Tochter Zion, freue dich“ aus der „Musique Triomphale“ des französischen Komponisten Alexandre Guilmant. Bei dem Werk handelt es sich um eine Zusammenstellung von verschiedenen Orgelwerken Guilmants, die von dem ehemaligen Landesposaunenwart Friedel W. Böhler für Bläser und Orgel bearbeitet wurden.

Dazu gehören auch weihnachtliche Stücke, von denen einige bereits im ersten Teil des Silvesterkonzertes erklangen. Kurz nach 22.30 Uhr gab’s dann stehende Ovationen für die Musiker und Zugaben fürs Publikum, darunter von Bach „Jesu bleibet meine Freude“.

Eine Freude war das Konzert, einmal mehr auch der Beweis, dass man Wittenberg nicht zwingend verlassen muss, will man an einem Silvesterabend musikalisch auf den Jahreswechsel eingestimmt werden. Und zum Neuen? Wie steht’s denn um die berühmten guten Vorsätze? Herzers, beide Kantoren an der Schlosskirche und Eltern von drei Kindern, wollen versuchen, „nicht immer gleichzeitig im Einsatz zu sein“, sagt er zur MZ. Zumindest beim Silvesterkonzert 2018 hat das ja funktioniert. (mz)