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Sicher in die Praxis Sicher in die Praxis: Wie geht man in Corona-Zeiten zum Arzt?

Von Marcel Duclaud 09.04.2020, 08:50
Schutz für Patienten und das Team: Azubi Tabea Rodewald sowie die Mediziner Gerhard Hoh und Angelika Tamm (von links).
Schutz für Patienten und das Team: Azubi Tabea Rodewald sowie die Mediziner Gerhard Hoh und Angelika Tamm (von links). Duclaud

Wittenberg - „Jeder Tag“, sagt Angelika Tamm, „ist ein Balanceakt.“ Und das System muss stets neu überdacht werden. Die Wittenberger Medizinerin meint die Arbeit in einer Arztpraxis, die gegenwärtig besonderen Herausforderungen unterliegt. Es geht darum, die Patienten effektiv zu schützen, die Mitarbeiter und sich selbst. Es geht darum, dass die Praxis arbeitsfähig bleibt und nicht etwa, wie im Landkreis schon geschehen, geschlossen werden muss wegen der Corona-Pandemie.

„Uns ist wichtig“, betont Angelika Tamm, „dass wir weiter ansprechbar sind.“ Denn die Krankheiten und die Dringlichkeit ihrer Behandlung bleiben ja bestehen - „und gerade unsere Patienten gehören zu den Risikogruppen. Sie sollen einigermaßen sicher sein.“

Sicherheit schon am Eingang

In der kardiologischen Gemeinschaftspraxis von Angelika Tamm und Gerhard Hoh sind deshalb eine ganze Reihe von Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden. Die ersten begegnen den Patienten bereits am Eingang. Menschen mit Atemwegserkrankungen haben keinen Zutritt. Gebeten wird darum, erst zur vereinbarten Zeit einzutreten, Begleitpersonen möchten bitte draußen warten. Wem es lediglich um ein Rezept geht, der kann einen Antrag ausfüllen und den in einen Kasten werfen, der außerhalb der Praxis steht.

Das alles, um die Zahl der Patienten in diesen schwierigen Tagen möglichst gering zu halten - mehr als zehn auf einmal sollen es gegenwärtig nicht sein. Drinnen fallen sofort die Scheiben auf an der Rezeption und die großen Abstände der Stühle im Warteraum. Ständiges Desinfizieren und dass sämtliche Mitarbeiter Gummihandschuhe und Mundschutz tragen, versteht sich von selbst. „Manchmal beschlägt die Brille ein wenig, aber man gewöhnt sich daran“, bemerkt Tabea Rodewald, Auszubildende.

Auch was die Besetzung betrifft, sind Konsequenzen gezogen worden. Die drei Mediziner wechseln sich jetzt ab, haben mit den Arzthelferinnen Teams gebildet und halten sich möglichst nicht gleichzeitig in der Gemeinschaftspraxis auf. Falls einer an Covid-19 erkrankt, können die anderen weiter arbeiten.

Sie haben jetzt zwar deutlich weniger Patienten, wie Gerhard Hoh erläutert - etwa ein Drittel der eigentlich rund 5.000 Patienten pro Quartal. Was nicht dringend ist, wird verschoben, mancher verzichtet von sich aus auf den Besuch. Genug zu tun bleibt trotzdem. Hoh selbst ist wie berichtet Kreissprecher der Kassenärztlichen Vereinigung und kümmert sich überdies um die Abstrich-Ambulanz. Es gilt etwa, die zahlreichen Anfragen verunsicherter Menschen zu beantworten, Rezepte vorzubereiten, Formulare auszufüllen.

Technik als sinnvolle Krücke

Deutlich mehr Kontakte laufen zurzeit telefonisch, für Rückfragen, etwa ob Medikamente gut vertragen werden, reiche das aus. Erweitert werden soll überdies die Videosprechstunde, die in der Praxis schon bisher vereinzelt praktiziert wurde. Die Methode hat nach Hohs Erfahrung Vorteile insbesondere für Patienten, die sich den Weg sparen können.

Für den Arzt sei der Aufwand hoch. Und: „Man kann den Patienten nicht in die Augen sehen.“ Für den Gesamteindruck nicht unwichtig, wie der Kardiologe weiß, dem die persönliche Begegnung dann doch lieber ist. Die Technik, sagt er, sei eine Krücke - sehr sinnvoll in dieser Zeit, aber kein vollwertiger Ersatz. (mz)

Aufsteller am Eingang mit Hinweisen für die Patienten
Aufsteller am Eingang mit Hinweisen für die Patienten
Duclaud