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Serie Schlosskirche Wittenberg Serie Schlosskirche Wittenberg: Besucherzentrum entsteht an der Nahtstelle

Von Irina Steinmann 20.05.2016, 12:55
Blick in den Hauptraum des Besucherzentrums für die Schlosskirche. Zwischen den Säulen entsteht hier derzeit der Empfangstresen.
Blick in den Hauptraum des Besucherzentrums für die Schlosskirche. Zwischen den Säulen entsteht hier derzeit der Empfangstresen. Thomas Klitzsch

Wittenberg - Nennen wir es lieber Besucherzentrum, dann gibt es keinerlei Verwechslungsgefahr mit dem (Zentralen) Besucherempfang am Arsenalplatz. Im Zuge der Sanierung der Schlosskirche bekommt das Gotteshaus erstmals eigene Räumlichkeiten für Besucher, die es nicht (nur) als Gläubige aufsuchen, sondern besichtigen wollen, was Restauratoren und Bauarbeiter ihm in den letzten Jahren an alter Pracht zurückgegeben haben. Hiervon, von Vorhangmalerei und Glasfenstern, Holzgeschnitztem und Bronze, handelt eine neue MZ-Serie. Aber erstmal muss man hier durch: durchs Besucherzentrum.

Fertig Anfang Juni - mit Glück

Der Eintritt in die Schlosskirche erfolgt für die Touristen künftig also über den Hof. Doch gut’ Ding will auch hier noch etwas Weile haben. Ursprünglich für den 1. Mai avisiert, gehen optimistische Annahmen nun von einer Eröffnung des Besucherzentrums Anfang Juni aus. Das sagt Jörg Bielig und der muss es wissen. Bielig ist „Kustos des Schlosskirchenensembles“ und damit der Verwalter des gesamten Schlosses. Grund für die Verschiebung sind Bielig zufolge Bauverzögerungen beim Fußboden. Der „terrazzoähnliche“ Belag, um den es ging, musste jedenfalls noch geschliffen werden, bevor nun die Einbauten anstehen.

Wirklich traurig scheint man über die Verzögerung allerdings nicht. Denn das künftige Besucherzentrum - über das man dann vom Schlosshof her die Kirche betritt - ist umgeben von weiteren Baustellen, was eine Nutzung derzeit ohnehin sehr kompliziert gestalten würde: Die Sanierung des Hofs selbst, über dem sich zudem der Kran des Schlosses dreht, ist noch gar nicht erfolgt.

Und gerade erst ist vor der Schlosskirche eine weitere Baustelle hinzugekommen. Auch der frühere Zugang zur Kirche, die seit kurzem wieder zumindest für einige Führungen geöffnet worden ist, ist damit nur sehr eingeschränkt nutzbar. Die Arbeiten am Vorplatz sind auch der Grund dafür, dass der Info-Pavillon, der dort über Monate als provisorischer Empfang diente, in der vergangenen Woche an den Kranhaken genommen wurde und entschwebte. Zum Glück aber ist ja die Touristen-Info nicht weit.

Legionen enttäuschter Touristen und einheimische Kleinkinder, die sie noch gar nicht anders kennen: Über annähernd vier Jahre hinweg wird die Schlosskirche im Inneren Baustelle gewesen sein, wenn am 2. Oktober 2016 die Wiedereinweihung des Gotteshauses gefeiert wird im Beisein von Bundespräsident Joachim Gauck. Eine kurze Zeitspanne im Vergleich etwa zum Bau des Kölner Domes, aber eine schöne Gelegenheit, jetzt schon mal einen Vorgeschmack zu bieten auf das, was Besucher der Kirche in wenigen Monaten dann auch außerhalb von Führungen in der Kirche erwartet. (mz/irs)

Diese Gemengelage am Schloss wird Bielig zufolge kurioserweise zur Folge haben, dass die Besucher für eine Übergangszeit über das Gotteshaus dessen Besucherzentrum betreten werden - und nicht, wie es sein soll, umgekehrt.

Was aber erwartet die Besucher, die nun bald über den abgeschliffenen, hellen Boden des neuen Besucherempfangs gehen werden? Zwei Räume im Erdgeschoss - ein etwa 140 Quadratmeter umfassendes Foyer mit dem Verkaufs- und Infotresen, dessen Umrisse am Boden bereits erkennbar sind, und ein etwa halb so großer „Übergangsraum“, von dem aus es hinunter in die Kirche geht - sind das erste, was die Besucher sehen werden.

Hinzu kommen nebenan zwei weitere Räume mit mächtigen Holzsäulen, die bei Bedarf - etwa für Kindergottesdienste oder Ausstellungen - mitgenutzt werden können. Feste Garderoben sind Bielig zufolge nicht vorgesehen (etwa bei Konzerten würden im Untergeschoss aber mobile Kleiderständer aufgestellt werden können).

Im Erdgeschoss selbst sollen allerdings einige Schließfächer zur Verfügung stehen. Auch Gastronomie werde es nicht geben, so Bielig. Die Toiletten befinden sich im Kellerzwischengeschoss und sind, wie das gesamte Besucherzentrum, dank Aufzug barrierefrei zugänglich. Hell wirken die Räume, bis hinein in den unregelmäßigen, glatten „Marmorputz“ an den Wänden, den man gern anfasst.

Zwei Mitarbeiterinnen - die neben Deutsch auch Englisch sprechen - wurden für den Tresen und die Aufsicht bereits eingestellt und sollen nun per 1. Juni ihre Arbeit aufnehmen, so Kustos Bielig. Die Aufnahmen der Kameras, die die Schlosskirche überwachen, werden auf Monitoren im Besucherzentrum sichtbar sein. Schließlich dienen die Räume der Kanalisierung des erwarteten Andrangs.

Um den Wartenden die Zeit nicht lang werden zu lassen - und auch um Anforderungen der Fördermittelgeber nachzukommen - schließt sich ans Besucherzentrum ein „kulturhistorischer Rundgang“ an. In diesem Gang entlang der westlichen Schlossmauer - und ohne die dortige Blickachse zwischen der Kirche und dem dicken Südturm zu stören - wird eine eigens konzipierte Ausstellung eingerichtet.

In dieser geht es insbesondere um die Ausstrahlung des Protestantismus in alle Welt, so Bielig, der hier von einer klitzekleinen „Ergänzung“ zum großen Lutherhaus spricht. Zu sehen sein werde dort unter anderem der Schlussstein der alten Kirche. Wenn im Spätsommer als zweiter Teil des Schlossensembles die Forschungsbibliothek fertig wird, werde es einmal täglich eine Führung inklusive Abstecher in die Bibliothek geben, kündigte der Kustos an.

Mit der Sanierung und ihrem neuen Besucherzentrum wandelt sich die Schlosskirche, die künftig im Besitz der EKD (Evangelische Kirche in Deutschland) ist, endgültig zu einer Schaustelle der Reformation: „Es wird voraussichtlich Eintritt genommen“, sagte Bielig unter Vorbehalt einer Entscheidung des Verwaltungsrats, die Anfang Juni fallen werde.

Zur Kasse gebeten werden sollen demnach zunächst lediglich Gruppen (drei Euro pro Kopf), es gebe allerdings Bestrebungen, später auch Einzelbesucher zahlen zu lassen. Kassiert werde für die Schlosskirche im Übrigen jetzt schon, so Bielig - bei den Führungen, ohne die man zur Besichtigung ins Gotteshaus derzeit nicht hineinkommt. (mz)

Hier sieht es noch gar nicht gut aus: der Schlosshof, über den man künftig das Besucherzentrum und damit als Tourist die Schlosskirche erreichen soll.
Hier sieht es noch gar nicht gut aus: der Schlosshof, über den man künftig das Besucherzentrum und damit als Tourist die Schlosskirche erreichen soll.
Klitzsch