Schneller mit der Pferdekutsche?
Bad Schmiedeberg/MZ. - Eine Fahrplanauskunft mit dem Informationssystem des Nahverkehrs Sachsen-Anhalt (Insa) zeigt die günstigste Verbindung über Pratau und Delitzsch an. Dauer: zwei Stunden, 20 Minuten.
Der Fahrgastbeirat Wittenberg ist unzufrieden mit der Erschließung des Öffentlichen Nahverkehrs in der Dübener Heide. Die Situation sei vor allem für Kurgäste der Region prekär, erklärte der Vorsitzende Maik Müller nun in einem offenen Brief an die Verwaltungen und Verkehrsunternehmen und fordert eine kurzfristige Lösung.
Holger Zubke, Fachdienstleiter Straßenverkehr beim Landkreis Wittenberg, nennt das Hauptproblem: "Es gibt zu wenig Fahrgäste." Laut einer Erhebung des Nahverkehrservices Sachsen-Anhalt (Nasa) hätten täglich weniger als 50 Reisende die Zugstrecke zwischen den Kurorten genutzt. Deshalb wurde diese 2002 eingestellt. Bis Dezember 2007 verkehrte dreimal pro Woche eine Linie von SaxBus als Ersatz. Der Landkreis selbst hat laut Zubke jedoch keine Mittel für eine Bezuschussung des Buslinienverkehrs auf dieser Strecke. So habe man vor mehr als einem Jahr nach Gesprächen mit dem Altkreis Delitzsch einer Reduzierung der Dienste zustimmen müssen. Kunden könnten in der Region nun stattdessen einen Anrufbus nutzen.
Diesen empfiehlt Birgit Paul vom Gästeservice des Eisenmoorbades Bad Schmiedeberg ihren Kunden des Öfteren. Sie bekomme oft Anfragen von Patienten, die gern einen Ausflug nach Bad Düben unternehmen würden. Paul würde jedoch einen regulären Linienbetrieb zwischen den beiden Kurorten begrüßen.
Die Suche nach dem Anrufbus gestaltet sich allerdings für Kunden recht unübersichtlich. Eine Nachfrage der MZ bei der Fahrplanauskunft des im Landkreis Wittenberg verkehrenden Omnibus-Betriebes Vetter ergab nämlich, dass Bad Düben normalerweise nicht durch Rufbusse bedient werde. Geschäftsführer Wolfdietrich Vetter wollte sich am Mittwoch gegenüber der MZ dazu nicht äußern. Laut Michaela Wilde von der benachbarten Sax-Bus bedient das Unternehmen die Strecke Bad Düben - Bad Schmiedeberg mit der Linie 238 nur noch im Schülerverkehr. Dennoch versuche das Unternehmen, die Fahrt von Leipzig nach Bad Schmiedeberg schon seit 2007 vorteilhafter für den Reisenden zu gestalten, zum Beispiel durch ein einziges Ticket mit Umstieg in Bad Düben im Rahmen des Tarifsystems MDV.
Christina Fehse, Geschäftsführerin des Tourismusverbands Dübener Heide in Kemberg, bedauert, dass der Busverkehr so stark eingeschränkt worden ist und die reguläre Buslinie zwischen Leipzig und Wittenberg über Bad Düben und Bad Schmiedeberg abgeschafft wurde. "Da sind immer viele Touristen unterwegs eingestiegen", sagt sie. Diese seien nun auf ihre eigenen Fahrzeuge angewiesen, um die Region zu erkunden. "Ältere Leute können das oft nicht nutzen, dabei haben wir hier so schöne Ecken", so Fehse. Ihr sei sehr daran gelegen, "wenn die Busunternehmen sich arrangieren und den Verkehr wenigstens am Wochenende wieder aufnehmen könnten."
Landrat Jürgen Dannenberg (Linke) sieht in der ungenügenden Erschließung der Dübener Heide neben den wirtschaftlichen Gründen auch organisatorische. Denn die Anrufbus-Lösung sei im Augenblick nicht vollständig geregelt. "Die Landesgrenze ist hier immer noch eine starke Barriere", so der Landrat. Zwar könne der hiesige Anbieter, Vetter, den Fahrgast per Rufbus nach Bad Düben bringen, doch der käme dann mit diesem Unternehmen nicht zurück. Im Herbst auf der Heidekonferenz will Dannenberg das Problem noch einmal mit seinem Kollegen aus Nordsachsen, Michael Czupalla, besprechen. Damit Touristen vielleicht wenigstens im Sommer schneller reisen als mit der Pferdekutsche.