1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wittenberg
  6. >
  7. Schlosskirche in Wittenberg: Schlosskirche in Wittenberg: Loblieder auf der Ladegast-Orgel

Schlosskirche in Wittenberg Schlosskirche in Wittenberg: Loblieder auf der Ladegast-Orgel

Von Corinna Nitz 30.08.2018, 11:31
Anlässlich des Ladegast-Jubiläums kehrt Anne-Dore Baumgarten an ihren früheren Arbeitsplatz zurück und spielt am heutigen Donnerstag ab 12 Uhr ein Geburtstagsständchen.
Anlässlich des Ladegast-Jubiläums kehrt Anne-Dore Baumgarten an ihren früheren Arbeitsplatz zurück und spielt am heutigen Donnerstag ab 12 Uhr ein Geburtstagsständchen. S.Herzer

Wittenberg - Am 30. August vor 200 Jahren wurde im sächsischen Hochhermsdorf Friedrich Ladegast geboren. Er sollte zu einem der bedeutenden deutschen Orgelbaumeister des 19. Jahrhunderts werden. Auch in Wittenberg wird am heutigen Donnerstag an das Jubiläum erinnert, denn Ladegast hat die Orgel in der Schlosskirche gebaut. Dort ist ihm die nächste Musik der Reihe „OrgelPunkt 12“ gewidmet.

Gestaltet wird das halbstündige Konzert von Anne-Dore Baumgarten, die über 20 Jahre in Wittenberg wirkte - ihr vor allem ist auch die Instandsetzung des Instruments zu danken. Und während ihre Nachfolger im Amt der Schlosskirchen-Kantoren und Dozenten am Predigerseminar, Sarah und Thomas Herzer, von den Missklängen der Orgel vor der Restaurierung nur gehört haben dürften, hat Baumgarten deren Mängel jahrelang erlebt, man könnte vielleicht auch sagen: erduldet.

Bis Ende des 19. Jahrhunderts verließen die Werkstatt von Friedrich Ladegast über 100 Orgelneubauten. Eine Ladegast-Orgel steht in der Wittenberger Schlosskirche. 1994 wurde sie durch die Firma Hermann Eule Orgelbau in Bautzen restauriert und um ein viertes Manual erweitert. Sie verfügt seither über 3500 Pfeifen und 57 Register. Untrennbar verbunden ist die Restaurierung mit Anne-Dore Baumgarten, die von 1979 bis 2003 Kantorin der Schlosskirche war. Ihre Nachfolger, Sarah und Thomas Herzer, mussten im Zuge der jüngsten Generalsanierung der Schlosskirche ihrerseits - wegen der außerordentlichen Staubbelastung - ein besonderes Auge auf die Orgel haben.

Am 30. August bietet Thomas Herzer zusammen mit Anne-Dore Baumgarten im Anschluss an die „OrgelPunkt 12“ ab 13 Uhr eine „Klangführung“ rund um die Ladegast-Orgel an.

Abgesehen davon, dass das Instrument „sehr verschmutzt“ war, passierte es immer wieder, dass mitten im Spiel Töne hängen blieben. Man kann sich vorstellen, dass diese „Heuler“ ziemlich unerfreulich waren. Baumgarten: „So, wie es da stand, war das Instrument unwürdig für die Schlosskirche.“

Dass die Ladegast-Orgel, die nach einjähriger Bauzeit im Mai 1864 mit 39 Registern auf drei Manualen und Pedal abgenommen wurde, überhaupt in einen solchen Zustand kam, hatte auch mit Veränderungen zu tun, welche in den 1930er Jahren durch die Firma Sauer vorgenommen worden waren.

Die Rede ist insbesondere von klanglichen Veränderungen durch den elektropneumatischen Umbau. Baumgarten kam 1979 nach Wittenberg, sie sagt: „Ich wusste um den Zustand der Orgel.“ Die langjährige Kirchenmusikdirektorin, die seit ihrem Eintritt in den Ruhestand 2003 in Wustrow lebt und wirkt, erinnert sich an ein Gutachten, in dem stand, die Orgel sei „technisch und moralisch verschlissen“.

Dennoch: In den 1980er Jahren fand die Orgelbaufirma Eule bei einer Untersuchung viele originale Bestandteile der Ladegast-Orgel. Nach einem Spendenmarathon, bei dem sie, Baumgarten, auch aus ihrem dienstlichen Umfeld Unterstützung erhalten habe, und mit Fördermitteln etwa von der damaligen Kirchenprovinz Sachsen konnte die über eine Million D-Mark teure Instandsetzung realisiert werden.

Am 31. Oktober 1993 hat Baumgarten das vorerst letzte Mal auf der Ladegast-Orgel gespielt, danach wurde das Instrument abgebaut und in Bautzen bei Eule restauriert sowie um ein viertes Manual erweitert.

Die Wiedereinweihung 1994 fand wiederum am Reformationstag, der übrigens Baumgartens Geburtstag ist, statt. Und: „Entgegen aller Prognosen waren wir in kurzer Zeit die Schulden los“, sagt sie und freut sich: „Ich habe ein schönes Erbe hinterlassen.“

Was das Instrument betrifft, so schätzt Baumgarten, die immer mal wieder an diese Ladegast-Orgel zurückgekehrt ist, vieles: etwa ihr Volumen, die Klangfarben und Grundstimmen, „da weiß man manchmal gar nicht, wofür man sich entscheiden soll“.

Hinsichtlich des Programms für den heutigen Donnerstag um 12 Uhr hat sie sich entschieden und nach ihrer Ankunft noch geprobt: Spielen will sie unter anderem die Nordische Toccata von Max Drischner sowie „anlässlich des Geburtstags“ Choralbearbeitungen und Loblieder. (mz)