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Schlagfertig wie sein Vater

Von Karina Blüthgen 27.12.2006, 17:03

Wittenberg/MZ. - Der Vater war Otto Franz Weidling, zumeist kurz O. F. genannt, und das Publikum hatte den DDR-Entertainer einst genau für diese Sprüche geliebt.

Nun war Carsten J. W. Weidling in Wittenberg und signierte in der Buchhandlung Franzke sein jüngstes Buch. "Ich habe einen Koffer von meinem Vater. Da waren alle seine Manuskripte drin und auch seine Memoiren von 1967", erzählte Carsten Weidling. Sein Vater habe über seine Kindheit geschrieben, über Kriegserinnerungen und die ersten Schritte auf der Bühne. "Nicht, dass ich nicht gewusst hätte, wo das alles ist. Es war aber eben jetzt an der Zeit, es zu veröffentlichen."

Entstanden ist "Im Namen des Vaters und des Sohnes (... und der Heiteren Muse)", ein Buch, so heiter und ernst wie das Leben. Ein Teil enthält besagte Memoiren, ein anderer ein Gespräch der Mutter mit den beiden Söhnen, in dem sie gemeinsam noch einmal entscheidende Episoden reflektieren - einschließlich der Beerdigung 1985 und der Tatsache, dass das Ministerium für Staatssicherheit einen Kranz auf das Grab des Vaters hatte legen lassen.

Carsten J. W. Weidling ("Das J. W. steht für Johann Wolfgang, mit wem habe ich wohl Geburtstag?") hatte Zeit zum Erzählen mitgebracht. Nur wenige Leute durcheilten Wittenberg so kurz nach Mittag, doch einige fanden den Weg in den Buchladen. "Wir waren in Leipzig in zwei Geschäften, aber Ihr Buch war überall schon weg", sagte Walter Neumann. Der Kemberger zeigte sich erfreut, neben dem begehrten Buch auch noch eine Widmung zu bekommen.

Cornelia Gumz war neugierig. "Warum machen Sie nicht mehr Riverboat?", fragte sie. Im nächsten Jahr, so Weidling, werde er auch wieder Fernsehen machen. Dass er aufgehört habe, lag daran, "dass damals nicht jede zwischenmenschliche Beziehung von Erfolg geprägt" gewesen sei, sowohl vor als auch hinter der Kamera. Und kam wieder aufs Schreiben. "Mit dem Buch kann ich auch einiges gerade rücken", sagte er. "Viele denken, Vater war ein Barrikadenstürmer. Er war eher ein Linksverordneter."

Dennoch, zwei von Vaters Jackets mit dem roten Futter habe er noch. "Er hat immer gesagt, nach seinem Tod werde er auf einem Stern im Orion sitzen und auf uns herab schauen", scherzte er. Bevor er weiter nach Quedlinburg fuhr (den letzten Termin vor Weihnachten), ließ er noch einige signierte Exemplare in der Buchhandlung Franzke - für all jene, die im Weihnachtsstress keine Zeit gefunden hatten.

Carsten J. W. Weidling & O. F. Weidling: Im Namen des Vaters und des Sohnes (... und der Heiteren Muse); Mitteldeutscher Verlag 2006; 240 S. mit Abb.; ISBN 3-89812-392-8, 19 Euro