Raum Kemberg Raum Kemberg: Zu viel Nitrat im Wasser

kemberg/MZ - Längst hat der Verein zum Schutz des Rheins und seiner Nebenflüsse, kurz VSR-Gewässerschutz, sein Einzugsgebiet erweitert. Mit Labormobilen ist er deutschlandweit unterwegs und bietet Schnelluntersuchungen des Grundwassers an, zumeist Brunnenwasseranalysen. Je nach Nutzung des Brunnens zahlen Privatleute, die eine Untersuchung in Anspruch nehmen, zwischen 19 und 98 Euro für die Ergebnisse.
Neue Zahlen liegen nun, so der Verein, für Kemberg und Bad Schmiedeberg vor. Eben diese Werte beunruhigen den VSR-Gewässerschutz. Man habe, so wird informiert, das Wasser aus 74 privat genutzten Brunnen in diesem Gebiet analysiert und dabei bei über einem Viertel der analysierten Proben hohe Nitratkonzentrationen festgestellt. Diese lagen oberhalb des Grenzwertes für Trinkwasser von 50 Milligramm pro Liter.
Spitzenreiter war ein privat genutzter Brunnen in Wartenburg mit 191 mg Nitrat pro Liter, es folgen Privatbrunnen in Dabrun (162 mg), Rotta (183 mg), Gaditz (172 mg), Lammsdorf (116 mg) und Ogkeln sowie Söllichau (142 mg). Knapp unter der 100 mg-Marke lagen Brunnen in Reinharz, Ateritz, Reuden und Selbitz.
Starke Belastung
„Nicht nur, dass das Wasser bei so starker Belastung nicht mehr zum Trinken geeignet ist, beim Bewässern im Garten kann es zu Nitratanreicherungen in Gemüsesorten kommen“, so Harald Gülzow, Pressesprecher des VSR-Gewässerschutzes. Sein Verein informiert, dass die Nitratauswaschung ins Grundwasser ansteigt, je größer die Menge an Gülle aus der Tierhaltung, der Gärreste aus den Biogasanlagen oder aus dem zugekauften mineralischen Düngemittel sind, die auf den Feldern und in den Gärten ausgebracht werden.
Doch wie zuverlässig sind diese Messergebnisse? Mit seinem Labormobil, an dem man die Grundwasserproben in möglichst sterilen Glasgefäßen abgeben kann, hat der Verein eine etwas andere Arbeitsweise als die Mitarbeiter des Landesbetriebs für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW). Der ist in Sachsen-Anhalt die kompetente Institution, wenn es um das Grundwasser geht. Speziell ist es dort der Bereich Gewässerkunde, dem Erwin Becker als Sachbereichsleiter vorsteht. Insgesamt hat das Land 455 Grundwassermesspunkte, 51 davon gibt es im Landkreis Wittenberg und sieben darunter sind im Raum Kemberg/Bad Schmiedeberg verteilt.
Von ausgebildeten Probenehmern des LHW werden die Messungen ein bis zwei Mal im Jahr an jedem Punkt durchgeführt und in den Laboren in Halle, Magdeburg und Wittenberg analysiert. „Unsere Messstellen sind repräsentativ ausgesucht und gewährleisten unverfälschte Messwerte“, so Becker.
Auf der Homepage des LHW, Gewässerkundlicher Landesdienst, können Untersuchungsergebnisse der Grundwasserüberwachung heruntergeladen werden.
Gleichwohl haben auch die LHW-Mitarbeiter Messwerte für Grundwasser aufgelistet, die im Landkreis die Trinkwasser-Grenzwerte überschreiten. Laut den letzten vorliegenden Daten aus dem vergangenen Jahr war dies mit 51,8 mg in Wartenburg, 57,1 mg in Wörlitz, 91,2 mg in Sackwitz und 84,6 mg in Schützberg erreicht. „Ein Vergleich der Ergebnisse des Landesmessnetzes mit den Ergebnissen des VSR ist nicht direkt möglich, da die räumliche Verteilung der beprobten Hausbrunnen nicht bekannt ist. Bereits kleine räumliche Abweichungen der Untersuchungsstellen können große Unterschiede im geologischen Untergrund bedeuten und damit auch bei den hydrochemischen Befunden“, informiert Becker. Was die Nitratmessung zusätzlich verfälschen kann, benennt Gerald Redlich von der Unteren Abfall- und Wasserbehörde des Landkreises. „Als Grundstücksbesitzer düngt man seinen Garten und im privaten Bereich ist mancher da nicht zurückhaltend. Das kann sich im Brunnenwasser niederschlagen“, sagt er. Eine Klär- oder Sickergrube in Brunnennähe und die Tiefe des Brunnes würden ebenso die Nitratwerte beeinflussen. „Bei Düngemitteln rate ich dazu, sich an die Vorschriften auf den Verpackungen zu halten“, so Redlich.
Schutzzonen geben Sicherheit
Vor einer Belastung des Trinkwassers durch Nitrate kann der Mann von der Kreisverwaltung ebenso Entwarnung geben wie der Fachmann bei den Trinkwasserversorgern. Der sitzt in Torgau bei der Fernwasserversorgung Elbaue-Ostharz. Im Wasserwerk Mockritz holt man aus der Elbaue das Wasser, welches in Kemberg aus dem Hahn sprudelt. „Das Grundwasser ist aus Trinkwasserschutzzonen, in denen die Nitrat-Belastung weit unter den zulässigen Grenzwerten ist“, sagt Bereichsleiter Rolf Kurmann. Damit dies so bleibt, gebe es Vereinbarungen mit der Landwirtschaft. Gleiches gelte für den Wasserverband Heiderand in Meuro, der Bad Schmiedeberg mit Trinkwasser versorgt.
Zu viel gedüngt
Als Ursache für hohe Nitratbelastungen im Grundwasser benennt Becker - und damit ist er mit dem VSR-Gewässerschutz auf einer Linie - langjährig hohe Düngereinsätze. „Privat- oder Hausbrunnen schneiden in der Regel den oberflächennahen Grundwasserleiter an, können aber auch durch Schichtenwasser beeinflusst werden. Damit ist die Möglichkeit naheliegend, dass Hausbrunnen nicht immer die tatsächliche Grundwassergüte wiedergeben“, differenziert der Fachmann vom LHW. Wer also sicher gehen und an den Salat aus eigenem Garten nur garantiert nitratarmes Wasser lassen will, muss auf Trinkwasser zurück greifen.