Polizei-Ermittlungen in Körbin Polizei-Ermittlungen in Körbin: Hundehasser legt Giftköder im Kreis Wittenberg aus

Körbin - Der Fall ist heikel, nicht zuletzt deshalb, weil die Diensthundführerschule der Polizei in unmittelbarer Nachbarschaft ansässig ist. In Körbin-Neu (unweit von Pretzsch) im Kreis Wittenberg sollen schon mehrfach Giftköder aufgetaucht sein, die geeignet sind, Hunde oder Katzen qualvoll verenden zu lassen. Im Herbst vergangenen Jahres zum ersten Mal, seither immer wieder. Das berichten Bewohner des Ortes, die namentlich allerdings nicht in Erscheinung treten wollen. Sie glauben, dass ein Hundehasser sein Unwesen treibt.
Inzwischen kleine Stückchen
Der Begriff Giftköder ist nicht ganz korrekt. Nach dem, was die Körbiner erzählen, handelt es sich um in Öl gebratene Schwämme. Gebraten, um die Tiere anzulocken und sie dazu zu bringen, die Dinger zu fressen. Zunächst sollen es Schwämme im Stück gewesen sein, inzwischen perfiderweise kleine Schwamm-stückchen. Wer genau hinschaut, kann von denen tatsächlich welche finden, ob sie ausgestreut wurden, um Tieren Schaden zuzufügen, müssen Polizei und Staatsanwaltschaft herausfinden. Denn dass Anzeigen aus Körbin-Neu vorliegen - und zwar gleich mehrere - das bestätigt die Sprecherin des Wittenberger Reviers, Cornelia Dieke. Sie sagt auf Anfrage der MZ ebenfalls: „Die Köder sind sichergestellt. Sie sind Bestandteil des Ermittlungsverfahrens.“ Die Sache wurde inzwischen schon an die Staatsanwaltschaft weitergegeben, erklärt Dieke.
Die gebratenen Schwämme sollen, wenn sie von Tieren gefressen worden sind, im Darm zu einer Masse werden, die letztlich dazu führt, dass die Tiere keine Nahrung mehr aufnehmen können und sich übergeben. Sie ereilt eine Art Darmverschluss. Die Besitzer merken das oft zu spät.
Dass Tieren mit Ködern verschiedenster Art Schaden zugefügt werden soll, ist ganz offenkundig kein Einzelfall. Im Netz kursieren lange Listen mit Vorfällen, die aufgelistet werden, um Halter zu warnen und sie zu veranlassen, ihre Tiere an die Leine zu nehmen. Von mit Rattengift gefüllter Bockwurst ist da etwa zu lesen, von Fleischbällchen mit Nägeln oder Glassplittern, von Leckerlis mit Gift. In Preetz bei Kiel soll im April vergangenen Jahres ebenfalls ein gebratener Schwamm als Köder aufgetaucht sein. (mz/mac)
Zu Schaden gekommen sein sollen in Körbin-Neu allerdings noch keine Tiere, zumindest ist nichts derartiges bekannt geworden. Manche Hundehalter nehmen ihre Lieblinge jetzt stets an die Leine, um sie davor zu bewahren, solche Köder zu fressen.
Die Pretzscher Veterinärin Sabine Meumann hat ebenfalls noch keinen Fall eines durch Schwammstückchen krank gewordenen Tieres auf dem Tisch gehabt. Grundsätzlich vorstellbar sei es aber, dass Tiere so angelockt werden und dass sie sterben, wenn sie eine gewisse Menge gefressen haben. Aus der Diensthundführerschule verlautet ähnliches. Man habe gehört von den fatalen Ködern, aber zum einen noch keinen gefunden und zum anderen sind auch die wertvollen Tiere, die in Körbin ausgebildet werden, nicht betroffen. Mike Strömer von der Polizeidirektion Dessau erklärt: „Auswirkungen auf Tiere oder Menschen der Diensthundführerschule gab es nicht.“ Im Umfeld aber mehrere Verfahren. Die Ermittlungen der Polizei haben nach seinen Worten bislang nicht zu einem Verursacher geführt.
Nicht involviert ist bislang der Wittenberger Amtstierarzt Thomas Moeller. Verdachtsfälle hat es in der Vergangenheit nach seinen Worten im Landkreis bereits gegeben. Allerdings: Der Vorwurf werde erfahrungsgemäß öfter erhoben, als er Bestätigung finde. Moeller will aber nicht verharmlosen: „Ich streite nicht ab, dass es solche Fälle gibt, sei es wegen eines Nachbarschaftsstreits oder weil manche Menschen Tiere nicht mögen.“ Dem nachzugehen sei Sache der Polizei, die die Köder untersuchen muss. Von Schwämmen als Köder hat er noch nichts gehört.
Hunde an die Leine nehmen
Das trifft auch auf Mitarbeiter der Tierschutzorganisation „Vier Pfoten“ zu. Sarah Roff berichtet, dass immer wieder Giftköder gefunden werden. In Österreich gebe es gerade eine Welle solcher Vorfälle. Allerdings sei meist Rattengift im Spiel oder Rasierklingen. Gebratene Schwämme gehören offenbar zu den seltenen Mitteln der Tierfeinde. Sie empfiehlt jenen, die derartige Köder entdecken, das im Internet publik zu machen, sei es über soziale Netzwerke („Das wird von Hundefreunden schnell geteilt“) oder über eine eigens geschaffene Internetseite (www.giftkoeder-radar.com). Sollten in der Gegend, in der man lebt, Hundehasser ihr Unwesen treiben, sei es ratsam, die Tiere anzuleinen oder notfalls einen Maulkorb zu nutzen.
Nach den Erfahrungen der Tierschützer werden die Täter in den seltensten Fällen ermittelt. Und wenn doch, dann kommen sie mit eher harmlosen Strafen davon. Sarah Roff: „Das fällt unter Tierquälerei. Dafür wird meist eine Geldstrafe verhängt. Das Tierschutzgesetz ist da eher lasch.“ (mz)