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Pelztiere im Landkreis Wittenberg Pelztiere im Landkreis Wittenberg: Grüne empört über Nerzfarm

Von Alexander Baumbach 05.12.2015, 10:47
Leben hinter Gittern: Ein Nerz
Leben hinter Gittern: Ein Nerz dpa Lizenz

Söllichau - Deutschland will aus der Pelztierzucht aussteigen, zumindest wenn es nach dem Willen von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) geht. „Dies ist ein überfälliger Schritt“, teilt Reinhild Hugenroth (B90/Grüne) in einer Presseerklärung mit. Sie sitzt im Wittenberger Kreistag und ist Mitglied im Umweltausschuss.

Eine Pelztierfarm liegt am Rand der Dübener Heide in Söllichau. Alfons Grosser betreibt hier mit seiner Firma Artemis eine Nerzfarm, in der nach Angaben der Kreisverwaltung etwa 8 000 Fähen, also weibliche Nerze, zur Zucht gehalten werden. Dazu kommen in der Decksaison noch einmal 2 100 Rüden. Diese werden im März getötet und „gepelzt“. Im Mai kommen dann bis zu 40 000 Welpen zur Welt. Sie werden sieben Monate lang aufgezogen und im Dezember getötet.

„Ich hatte im August 2015 nach den Bedingungen der Nerzhaltung in Söllichau gefragt. Entsetzt war ich über die große Anzahl dieser unsinnigen Tiertötungen“, sagt Hugenroth. „Die Argumente der Nerzhersteller sind Waffenhändlerargumente nach dem Motto: Wenn ich es nicht mache, macht es jemand anders. Das ist Blödsinn. Der Ausstieg aus dieser Haltungsform sollte möglichst schnell geschehen“, erklärt die Politikerin.

Mit Alfons Grossers Firma liegt die Kreisverwaltung über Kreuz. „Ja, es gibt einen Rechtsstreit des Landkreises mit dem Betreiber“, schreibt Landrat Jürgen Dannenberg (Linke) auf eine Anfrage der Bündnisgrünen. Der Grund: ein Bescheid der Verwaltung vom Oktober 2011, der Grosser die Haltung und Zucht von Nerzen ab dem 12. Dezember des gleichen Jahres untersagt, wenn die Käfige eine Grundfläche von weniger als einem Quadratmeter pro Tier und insgesamt eine Grundfläche von weniger als drei Quadratmetern haben. Damit sollte die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung umgesetzt werden. Vorher waren Käfige von 0,27 Quadratmetern pro Tier erlaubt - also rund ein Zehntel der jetzt geforderten Größe.

Der Zentralverband Deutscher Pelztierzüchter (ZDP), dessen Vorsitzender Grosser war, sieht das anders: „Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass eine Vergrößerung der Gehege über die Maße der Europaratsempfehlung hinaus das Wohlergehen des Nerzes nicht verbessert“, erklärt er auf seiner Webseite. Diese fordert Boxen mit 85 und 30 Zentimetern Kantenlänge und einer Höhe von 45 Zentimetern. Alfons Grosser selbst stand nach Auskunft des Zentralverbands nicht für ein Gespräch mit der Mitteldeutschen Zeitung zur Verfügung. Der Verband lehnt die Pläne von Umweltminister Schmidt weiter ab: „Ein gesetzliches Pelztierhaltungsverbot, wie es der aktuelle Gesetzentwurf des Bundesrates vorsieht, verstößt gegen das Grundgesetz. Einer etwaigen Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz, zu deren Erhebung sämtliche Pelztierhalter entschlossen sind, messen wir und unser juristischer Beistand daher hohe Erfolgsaussichten bei“, erklärt Torsten Homscheid vom ZDP per Mail.

Bis zu einer gerichtlichen Klärung über die Anwendbarkeit der Haltungsverordnung kann noch viel Zeit vergehen. Bis heute entsprechen die Käfige in Söllichau laut Kreisverwaltung noch nicht den Anforderungen von 2011. Aufgrund vorläufigen Rechtsschutzes wird die Farm in Söllichau weiter in der bisherigen Form betrieben. Bei amtlichen Kontrollen wurden keine haltungsbedingten Erkrankungen oder Verhaltensstörungen festgestellt.

Die Nerzfarm der Heideblick GmbH liegt bei Söllichau.
Die Nerzfarm der Heideblick GmbH liegt bei Söllichau.
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