Parteien in Gräfenhainichen Parteien in Gräfenhainichen: Der Eklat für die Ewigkeit

Gräfenhainichen - Der Juso-Kreisvorsitzende in Wittenberg geht mit seinen Genossen in Gräfenhainichen hart ins Gericht. Er sei entsetzt über den Antrag der SPD-Stadtratsfraktion, wonach ein ehemaliger NSDAP-Ortsgruppenleiter eine Gedenktafel im Rathaus erhalten soll.
„Es ist für uns erschütternd zu sehen, dass es in einer Demokratie dazu kommen kann, dass solch ein Mann tatsächlich eine Ehrung erhalten soll. Dass dieser Antrag dann auch noch von der SPD-Fraktion gestellt wurde, stimmt uns mehr als bedenklich, da gibt es sicherlich einigen Gesprächsbedarf“, kritisiert er das Verhalten der Fraktion und fügt fassungslos über diesen Vorgang an: „Unter dem NS-Regime wurden Sozialdemokraten verraten, verfolgt und ermordet, wie können Sozialdemokraten tatsächlich eine Ehrung eines der Mitträger dieses Regimes beantragen?“ Diese Erklärung wird am 29. April 2008 im Internet veröffentlicht. Es ist offensichtlich ein Eklat für die Ewigkeit. Wer gestern SPD Gräfenhainichen googelt, stößt zuerst auf diese Seite mit dieser Erklärung. „Das ist tatsächlich die letzte Aktion, mit der wir über die SPD hinaus für Schlagzeilen gesorgt haben“, so Fraktionschef Lothar Schröder, dem das MZ-Nachfragen hörbar unangenehm ist.
„Peinlich, beschämend“
Dabei pflegen andere Parteien ihren Internetauftritt auch nicht besser. „Das ist peinlich, beschämend“, spricht Werner Reckziegel (Linke) Klartext. Wer Linke Gräfenhainichen googelt, kommt direkt auf die Seite des Ortsverbandes. Da erfährt der Internetnutzer, dass der Verband im Rahmen der Umstrukturierung am 29. Februar 2001 gebildet wurde. Der Vorstand wird auf der Titelseite vorgestellt. Da wird der Name eines Verstorbenen genannt. „Ich habe sofort den Kreisvorstand und Renate Bauer informiert. Es muss ermittelt werden, wer die Administration für diese Webseite hat, sie muss aktualisiert oder gelöscht werden“, so Reckziegel kurz nach der MZ-Anfrage per Mail.
Auch die CDU bastelt gerade an ihrem Web-Auftritt. Seit gefühlten Ewigkeiten - nach offiziellen Angaben sind es sechs Wochen - werden Wartungsarbeiten durchgeführt. „Selbstverständlich stehen wir Ihnen in unserer Geschäftsstelle zur Verfügung“, heißt es auf der Homepage. Zur Kontaktaufnahme wird eine Telefonnummer genannt. Es nimmt gestern Vormittag kurz vor 11 Uhr aber niemand ab. „Ich bin gerade mal fünf Minuten die Post holen“, erklärt Christian Tylsch am Handy. „Unsere Technik war veraltet. Wir wollen in Zukunft unsere Angebote auf Smartphones und Tablets lesbar machen“, sagt der Geschäftsführer zum Internet-Vorhaben. Nach seinen Angaben gebe es eine Infrastruktur, in der sich die Orte einbinden können. Ob Gräfenhainichen will, werde aber von den dortigen Christdemokraten entschieden. „Wir haben bisher dieses Angebot genutzt und werden es auch in Zukunft tun“, sagt Gräfenhainichens Parteichef und Bürgermeister Enrico Schilling.
Das derzeit aktuellste Angebot aus Gräfenhainichener Sicht bieten die Bündnisgrünen. Der letzte Eintrag stammt aber auch schon vom 18. Februar. Stadtrat René Schmidt äußert sich sehr kritisch zur Haushaltssituation in der Heidestadt. Seitdem ist aber auch hier Funkstille. Das freilich muss nicht unbedingt verwundern, Schmidt kämpfte Anfang des Jahres noch um den Chefsessel im Rathaus.
Bodenständige Abstinenz
Wer FDP oder Wählergemeinschaft mit Gräfenhainichen googelt, findet Artikel im Internet-Auftritt der MZ. Die Wählergemeinschaft Möhlau verzichtet dabei ganz bewusst auf das weltweite Datennetz. „Wir sind bodenständig“, erklärt Günter Lönnig. (mz)