Neurologe Philipp Feige Neurologe Philipp Feige: Klinik ist seine Bühne

Wittenberg/Dessau - Ein medizinischer Vortrag als Einführung in eine Oper – das kann passen, wenn man den Neurologen Philipp Feige und das Anhaltische Theater Dessau zusammenbringt. Feige, Chefarzt der Wittenberger Bosse Klinik, spricht am 2. Mai im Alten Theater in Dessau über visuelle Agnosie, auch Seelenblindheit genannt. Anlass dafür ist um 18.30 Uhr eine Soirée, die die Kammeroper „Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte“ (Premiere am 13. Mai) vorstellt.
Die Oper mit der Musik von Michael Nyman entstand nach einer Erzählung des britischen Neurologen Oliver Sacks, in der die seltene Hirnkrankheit und ihre Folgen für den Patienten beschrieben wird. Und eben jenes Buch war für Feige berufsbestimmend. „Das habe ich damals verschlungen“, sagt der Mediziner und erinnert die späten 1980er Jahre, als er sich für eine medizinische Fachrichtung entscheiden musste.
„Über Oliver Sacks bin ich richtig heißt auf die Neurologie geworden.“ Im Fachgebiet, das sich mit dem Nervensystem und seinen Erkrankungen beschäftigt, habe es damals wenige Therapieansätze gegeben, „aber es war klar, dass das Fach rasant an Fahrt aufnehmen würde“. 30 Jahre später ist das passiert und Feige bereut nichts. „Ich bin gerne Neurologe“, sagt der Chefarzt der Bosse-Klinik.
Aus der Bosse-Klinik bringt der Mediziner eine Ausstellung mit nach Dessau, die bisher in den Fluren des Wittenberger Krankenhauses zu sehen war. Sie zeigt Bilder der syrischen Künstler Rami Hariri und Ibrahim Ghazal, die neurologische Krankheitsbilder, wie sie auch Thema in der Kammeroper sind, künstlerisch umsetzen. Die Arbeiten entstanden in den neurologischen Krankenstationen in Wittenberg, wo die beiden Künstler mit Patienten zusammenarbeiteten.
Dabei hätte seine Karriere auch eine ganz andere Richtung nehmen können, denn parallel zum Medizinstudium hatte er sich damals für eine Schauspielausbildung beworben, Prüfungen dafür bestanden und schon eine Zusage. Er schwankte zwischen Medizin und Bühne, dann „bin ich doch der Medizin treu geblieben“. Die Bühne hat der in Dessau lebende Arzt freilich nie ganz gelassen.
Philipp Feige ist ein treuer Theatergänger und stellvertretender Vorsitzender des Theaterfreundeskreis. In letzterer Funktion interviewt er regelmäßig für den Offenen Kanal seiner Heimatstadt Theatermitarbeiter.
Nun aber hat er mit seinem Vortrag selbst etwas zu sagen und bewegt sich ganz in seinem Fachgebiet. „Ich bin sehr gespannt auf die Umsetzung eines solchen Themas in der Oper“, so Feige. Die visuelle Agnosie sei ein sehr seltenes Phänomen in der Neurologie, Patienten mit dieser Krankheit hat er als Chefarzt in Wittenberg auch schon behandelt.
Sie haben die Fähigkeit verloren, das Gesehene seinem Sinn und Nutzen nach einzuordnen. Der Titel „Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte“ ist also durchaus wörtlich zu nehmen. „Ein Schlaganfall oder auch ein Unfall mit Hirnblutung können für diese Erkrankung eine Ursache sein“, so Philipp Feige, der sein kurzes Referat um Videoeinspielungen ergänzen will.
Wie die Oper eine Erkrankung thematisieren kann, erleben die Besucher der Soirée bei einem Probenbesuch. Mit Dr. Philipp Feige schaut dann auch jemand, der sich wirklich damit auskennt, auf die Bühne. (mz)