Nachwuchs kam plötzlich
Gräfenhainichen/MZ. - Was auf den ersten Blick aussieht wie anderswo auch, ist doch anders. Denn Elke und Peter Fuß sind Pflegeeltern, Chris und Patrick nicht ihre leiblichen Kinder. Was war der Auslöser, dass das Ehepaar in Gräfenhainichen sich dazu entschlossen hat, Eltern auf Zeit zu werden? "Britta hatte eine Schulfreundin, die im Heim war", erzählt Elke Fuß. Diese war öfter im Hause der Familie, blieb mal über Nacht und kam dann manches Wochenende. "Da wurden wir gefragt, ob wir nicht Pflegekinder aufnehmen würden." Die beiden eigenen Töchter waren schon größer, und so entschloss sich das Paar, diese Herausforderung anzunehmen.
Mutter gestorben
Pflegeelternschule, ein Packen Formulare vom Jugendamt, polizeiliches Führungszeugnis - "vom Antrag bis zum Pflegekind dauerte es schon eine Weile", meint Peter Fuß. "Aber nach dem Bewerberseminar ging es relativ schnell." Patrick, im Jahr 2000 war er neun Jahre alt, habe zuvor bereits vier Jahre in einer anderen Pflegefamilie gelebt, nachdem die allein sorgeberechtigte Mutter gestorben war und der beruflich stark eingespannte Vater sich überfordert fühlte, erläutert Peggy Steinbiß, Mitarbeiterin im Pflegekinderdienst des Fachamtes Jugend.
Nach einer Eingewöhnungsphase nicht ohne Schwierigkeiten, an denen er zunächst tageweise oder am Wochenende bei der Familie Fuß war, hat sich Patrick gut eingelebt. In den letzten Jahren sei er tüchtig gewachsen, bescheinigen die Pflegeeltern ihrem Schützling. Seit September vorigen Jahres besucht Patrick die Peter-Petersen-Schule. Im Abstand von vier Wochen sieht er seinen leiblichen Vater, den er den "richtigen Papa" nennt. Beide verstehen sich gut. "Und das ist der Papa", sagt Patrick und zeigt auf Peter Fuß.
Mit solchen Unterschieden muss sich Chris noch nicht beschäftigen. "Es stand für Chris von Anfang an fest, dass er nicht zur leiblichen Mutter zurückkehrt", erklärt Peggy Steinbiß. Jene lebe in Obdachlosigkeit, sein Vater sei nicht bekannt. Chris, in der 33. Schwangerschaftswoche geboren, litt zudem unter Alkoholembryopathie. Für das Ehepaar ging, als der Junge geboren wurde, alles schnell. "Wir haben nur erfahren: Es gibt ein Baby", erinnert sich Elke Fuß, die den Kleinen zwei Wochen nach der Geburt in der Klinik erstmals sah.
Die Entscheidung für Chris fiel für Elke und Peter Fuß bei Konzerten von Gerhard Schöne und Peter Maffay. "Wir hatten beide Tränen in den Augen", sagt Elke Fuß. "Aber uns war klar, dass wir von nun an wieder einen Babysitter brauchen, wenn wir mal weggehen wollen." Ihre beiden Töchter seien begeistert über das Baby gewesen. Inzwischen erklimmt Chris blitzschnell die Treppe oder schaut durch seine große Brille neugierig auf die Welt. "Er ist ein Papa-Kind", habe die Gabe, mit wenig Schlaf auszukommen und ganz viele Warum-Fragen zu stellen, erzählt Elke Fuß. Peter Fuß hingegen reagiert auch, wenn er bei Ärzten mit drei verschiedenen Nachnamen angesprochen wird, je nachdem, mit wem er gerade unterwegs ist. Und Arztbesuche fallen regelmäßig an, da sei dann meist ein Tag Urlaub fällig, sagt er. Patrick und Chris harmonisieren gut, er ist der ältere Bruder, der auf den Kleinen aufpasst und mit ihm zum Spielplatz geht.
Entscheidung fürs Leben
Um nichts in der Welt würde das Ehepaar Fuß auf seine Pflegekinder verzichten, das wird im Gespräch schnell klar. "Es ist eine Lebensentscheidung", macht Peggy Steinbiß deutlich. Denn Chris zum Beispiel wird voraussichtlich bis zur Volljährigkeit ein Mitglied in der Familie bleiben. Elke Fuß findet: "Es hält jung."