Nach Herzenslust und auf Bestellung
Merschwitz/MZ. - Von einem Besuch bei Bekannten in Hessen hatte die Merschwitzerin seinerzeit die Geschäftsidee mitgebracht. Woher denn der Kuchen sei, hatte sie ihre Gastgeber gefragt, und die Antwort lautete: Aus "Omas Backstube". Das habe ihr gefallen. Oma war Rita Krüger damals schon und Backen ohnehin ihr Leben. Konditor hatte sie schließlich gelernt, in Torgau, wo sie herstammt. Dann hat sie aber zeitlebens mehr als Köchin gearbeitet, bei der Kur in Bad Schmiedeberg und zuletzt im Parkhotel Pretzsch. Damit war Schluss, nachdem sie sich bei einem Sturz eine komplizierte Schulterverletzung zugezogen hatte.
Sie schied aus dem Berufsleben aus, um festzustellen: "Einfach nur so zu Hause, das ist es auch nicht." Und dann geisterte "Omas Backstube" in ihrem Kopf herum, so sehr, dass sie nicht mehr schlafen konnte. "Es war ein richtiger Spleen."
Beherzt ist sie zur Handwerkskammer nach Halle gefahren, wollte wissen, wie sie es anstellen muss. Am wichtigsten war ihr - darüber lacht sie heute - dass ein alter Schrank, ein richtiges Oma-Buffett eben, mit hinein darf in die Backstube. Wegen ihres Alters, immerhin war sie schon fast 60, brauchte sie auch keinen Meisterbrief mehr für ihr Vorhaben, für andere Kuchen zu backen; nach Herzenslust und auf Bestellung. "Omas Backstube", das war zunächst der Fahrradschuppen. Heute sind dort auch noch zwei normale Küchenherde in Betrieb, ansonsten ist das der Verkaufsraum. Zum "Oma-Schrank" ist ein alter Kohleherd gekommen, der als Ladentisch umfunktioniert wurde. Der Platz reichte schon bald nicht mehr. "Es konnte ja niemand ahnen, dass das so gut läuft!" So dass ein weiteres Nebengelass als Backstube hergerichtet wurde.
Die Kundschaft kommt aus einem Umkreis, der von Bitterfeld bis Torgau reicht. Fernfahrer auf der B 182 halten an und nehmen mit Kuchenpaketen einen Geheimtipp mit. Sehr viel arbeitet Frau Krüger auf Bestellung. Ehe sich die Gastgeberinnen von Geburtstags-, Hochzeits-, Einschulungs- oder sonstigen Familien- oder auch Vereinsfeiern dem Risiko aussetzen, dass der eigene Kuchen in der ganzen Aufregung nicht gelingt, geben sie ihre Wunschliste durch.
"Ein weiterer Vorteil ist ja", sagt Rita Krüger verschmitzt, "dass sie so ganz viele Kuchensorten anbieten können." Größte Herausforderung war für sie bisher eine fünfstöckige Hochzeitstorte - verziert mit 220 ganz kleinen Fruchttörtchen - nicht nur wegen der Arbeit an sich: "Als wir sie bei den Kunden auf dem Buffett aufbauten, haben sich Wespen auf die Torte gestürzt." Es mache immer noch Spaß, sagt die Unternehmerin. Allerdings, erzählt sie, werden ihr abends die Beine oft ganz schön schwer. Den Gedanken, irgendwann aufhören zu müssen, verdrängt sie lieber. "Es wird dann wohl keinen Nachfolger geben", sagt sie wehmütig. Die Kinder haben andere berufliche Ambitionen. Die Enkelin beteuert zwar, dass sie mal "Omas Backstube" übernehmen möchte. Aber das Mädchen ist erst acht.