Mit Sack und Pack von West nach Ost
ZSCHORNEWITZ/MZ. - Vom Gespür für den richtigen Moment war viel die Rede am vergangenen Freitag in Zschornewitz. Und vom glücklichen Händchen, das es brauche, um unternehmerischen Erfolg einzufahren.
Herbert Gandyra wird beides immer wieder zugeschrieben. Doch selbst will er sich gar nicht in den Mittelpunkt schieben. Er bedankt sich vielmehr bei Ehefrau und Sohn, Mitarbeitern, Banken, geschäftlichen und privaten Freunden. Ohne die, sagt er, wäre die AWU Bildungs-Gesellschaft nicht das geworden, was sie heute sei. Ein Unternehmen, das eine feste Größe in Aus- und Weiterbildung in der Region sei und im Verbund mit Töchtern und Beteiligungen auf derzeit gut 130 Mitarbeiter bauen könne.
20 Jahre alt ist die AWU, am Freitag wurde zeitgleich auf zwei Jahrzehnte Bestehen der Schweißtechnischen Kursstätte in Zschornewitz zurückgeblickt. Sie ist nicht nur die Wurzel des Erfolgs in der Industriegemeinde. Sie war auch die erste ihrer Art in den neuen Bundesländern, als sie am 22. Juni 1990 als Außenstelle der Kursstätte Hameln die Arbeit aufnahm. "Es war noch die DDR", präzisiert Herbert Gandyra und spricht von echten Herausforderungen, vor denen man damals gestanden habe. "Wir konnten schließlich nur Waren im Wert von maximal 10 000 Mark pro Lkw-Ladung von West nach Ost transportieren."
Doch die Hürde wurde genommen. Die Kursstätte und wenig später die AWU gingen in Betrieb. Gandyra war zu der Zeit noch Beamter in Niedersachsen, half im Dessauer Regierungspräsidium und engagierte sich in der Ausbildung in Zschornewitz. Eigentlich habe er nach einiger Zeit wieder zurückgewollt. "Aber so viele haben gesagt, dass ich das doch nicht machen könnte."
Zwei Jahrzehnte ist er jetzt mit der Region verbunden. Die AWU ist in diesen Jahren gewachsen und hat auch ihr Gesicht geändert. Sie übernahm die Berufsschulen der Zentralwerkstatt Gräfenhainichen und des Zementanlagenbaus in Dessau, musste aber auch umdenken. "Denn wir hatten jetzt die Gebäude, aber keine Schüler mehr." Gandyra erinnert an den Zusammenbruch der Berufsausbildung der großen Unternehmen, spricht allerdings auch vom Neubeginn. Ausbildung, Weiterbildung und Umschulung sind die Säulen des AWU-Erfolgs. Das Unternehmen verfügt heute über Außenstellen in Köthen und Jessen, steht für das Bildungsinstitut für Bäderbetriebe, das Zweirad-Kompetenz-Zentrum und die Schweißtechnische Kursstätte Anhalt mit Sitz in Dessau-Roßlau. In der Doppelstadt ist auch das Berufliche Ausbildungs- und Vorbereitungswerk zu Hause - ein AWU-Tochterunternehmen.
"Die haben so viel auf die Beine gestellt", lobt auch Rolf Hennig vom Verein "Historische Schmiede und Bauschlosserei August Reinhard" die Jubilare, die beim Geburtstag über den Tellerrand schauten. AWU und Schweißtechnische Kursstätte unterstützen den Verein in Gräfenhainichen. "Passt zu uns", kommentierten die Gastgeber die Arbeit am Schmiedefeuer, die ein Blickfang der Jubiläumsparty war. Mit Ideen für die Zukunft hielt man sich allerdings bedeckt. Solide weiterarbeiten wolle man, das sei wichtig. "Von unseren Absolventen haben in diesem Jahr alle Arbeit bekommen", fügt AWU-Mitarbeiter Holger Menne hinzu.