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Mit Glanz und ohne Pannen

Von Marcel Duclaud 23.09.2007, 13:22

Wittenberg/MZ. - Ein Auto, das nur zwei Jahre gebaut wurde. Und das älteste Fahrzeug bei der diesjährigen Herbstausfahrt des Wittenberger Oldtimer-Stammtisches.

Es gehört zweifelsohne zu den Stars auf dem gut besuchten Wittenberger Marktplatz und auf den Straßen des Flämings am vergangenen Wochenende. Völlig zu Recht. Der Wagen wirkt wie frisch aus dem Museum, bitzblank geputzt, mit viel glänzendem Messing, die Speichen aus Holz, der Tank eine kleine Tonne am Heck, die Leuchten brauchen Petroleum. Und das gute Stück läuft, die 120 Kilometer über die Dörfer im Norden der Stadt hat der "Torpedo" ohne zu Murren bewältigt. Wie im Übrigen alle 85 an der Ausfahrt beteiligten Fahrzeuge.

Am Markt angekommen, beobachtet Rödiger gelassen den Auflauf, den sein Oldtimer verursacht. Das Publikum nähert sich dem altehrwürdigen Wagen mit Staunen und Respekt. Der Mann aus Dessau ist mit dem Ford T seinem Kindheitstraum näher gekommen: "Eigentlich wollte ich KFZ-Mechaniker werden. Durfte ich aber nicht, ich musste Abitur machen."

Über einen Mangel an Aufmerksamkeit kann auch Rudolf Dressel sich nicht beklagen. Der Berliner steht auf Mercedes, nach Wittenberg gekommen sind er und seine Freunde gleich mit zwei Modellen, einem schnittigen grünen Cabrio aus dem Jahre 1950 und dem Highlight seiner Sammlung - einem 500er Tourenwagen von 1936. Ganze elf Stück sind nach den Worten des gelernten KFZ-Schlossers davon gebaut worden. Zwei existieren noch. Dressel, ein bekannter Name in der Oldtimer-Szene, hat zweieinhalb Jahre an dem so seltenen wie wertvollen Exemplar geschraubt, bis er ihn so hatte, wie er heute über die Straßen rollt. Und nicht zum ersten Mal über die Wittenberger. Der Berliner, der sich auf die Fahnen geschrieben hat, das Alte zu erhalten, schätzt die "familiäre Atmosphäre" bei den Ausfahrten hier.

Bei weitem nicht so repräsentativ wie die alten Ford oder Mercedes, sondern eher unscheinbar wirkt das Auto, mit dem Werner und Theresia Hempe zur Oldtimer-Tour gekommen sind. Das Paar aus Taucha bei Leipzig klettert aus einem türkisen Skoda Octavia, Baujahr 1964. "Ein robuster Wagen", lobt der einstige Landwirt, der nach seiner Pensionierung ein Hobby gesucht und alte, reparaturbedürftige Fahrzeuge gefunden hat. Seine Frau begründet, warum die Wahl auf Skoda fiel: "Das sind doch die Autos, die wir kennen. Wir müssen auch unsere Geschichte pflegen." Oldtimer-Ausfahrten wie die Wittenberger mögen die beiden Tauchaer: "Das ist schon die sechste in diesem Jahr. Man lernt so viel kennen und es entsteht ein großer Freundeskreis." Skoda wollen die Hempes übrigens treu bleiben: "Ich überlege gerade, mir noch einen "Felicia" anzuschaffen."

Neben den Oldtimer-Freunden aus näheren und ferneren Städten sind auch etliche Wittenberger mit von der Partie bei der traditionellen Herbstausfahrt, der Petrus ein prächtiges Wetter beschert hat. Weshalb die Verdecke unten bleiben können. Titus Schinke hat seinen aus dem Jahr 1934 stammenden weißen Opel 13 / 97 - "Das war, bevor Autos Namen bekamen" - durch die Fläminglandschaft gesteuert. Und freut sich über das Funktionieren der Technik: "Er läuft wie eine Biene." Erstanden hat er seinen Opel in den 80er Jahren in Wittenberg, als zweiter Besitzer, was selten ist: "Er war über 50 Jahre in einer Hand", sagt der Gartenbauingenieur mit der Liebe zu alten Autos: "Die sind ein Kulturgut, das erhalten werden muss."

Das findet auch Emil Belder, obgleich er weder ein neues noch ein altes Auto sein Eigen nennt. Der Wittenberger bewältigt die Strecken, die er zurücklegen muss, mit dem Fahrrad. Und liebt gleichwohl die edlen alten Karossen: "Die sehen toll aus, so gepflegt, so formschön - besser, als das, was im Alltag auf den Straßen zu sehen ist."