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Mit dem Schrecken davongekommen

Von Iris Lademann 30.12.2005, 17:07

Zschornewitz/MZ. - Sie geht in die Küche, die schon voller Qualm ist. "Ich habe sofort das Fenster aufgemacht", erzählt die 75-Jährige, der noch am Vormittag der Schreck in den Gliedern sitzt.

In die Klinik

Gegen 4.30 Uhr war in der Karl-Liebknecht-Straße ein Feuer ausgebrochen. Eine Wohnung in dem vorwiegend von älteren Menschen bewohnten Block der Gräfenhainichener Wohnungsbaugesellschaft ist stark in Mitleidenschaft gezogen, mehrere andere sind über das Wochenende nicht bewohnbar. Elf Bewohner müssen sich in den Krankenhäusern in Wittenberg und Bitterfeld einer Untersuchung unterziehen.

Elsa Meihlick gehört nicht dazu. Da der Rauch von unten kam, habe sie angenommen, dass es im Keller brennt. Schnell habe sie warme Sachen angezogen, den Käfig mit dem Wellensittich geschnappt und die Papiere eingesteckt. In diesem Moment sei auch schon die Feuerwehr gekommen - ein Ehepaar, das ebenfalls im Haus wohnt, hatte diese zwischenzeitlich alarmiert.

Christine Weber, die nebenan wohnt, wird von ihrem Sohn, der noch am Computer sitzt und den Qualm bemerkt, wachgerüttelt. Schnell sei sie in die Sachen gesprungen und nach draußen geeilt. "Ich kenne das Gebäude gut, da ich dort sauber mache." Die Erlebnisse der frühen Stunde werden ihr immer im Gedächtnis haften bleiben, sagt sie. Zwischenzeitlich sind die Freiwilligen Feuerwehren Gräfenhainichen, Zschornewitz, Möhlau und Jüdenberg mit 37 Leuten und neun Fahrzeugen im Einsatz. Auch der Rettungsdienst ist eingetroffen. Er hat nicht nur die Bewohnerin der lichterloh brennenden Wohnung in Sicherheit gebracht, sondern auch weitere zehn Bewohner.

Auch das Ehepaar Meschede, das unmittelbar neben dem Haupteingang zum "Altenheim" wohnt, wie das Gebäude noch heute von den Zschornewitzern bezeichnet wird, ist vom Blaulicht und dem Sirenengeheul wach geworden. "Mit Erschrecken habe ich festgestellt, dass viele der älteren Leute, die ich persönlich kenne, mit nichts weiter als dem Nachhemd, Latschen und Bademantel bekleidet in den Rettungsfahrzeugen sitzen", gibt der gebürtige Zschornewitzer seine ersten Eindrücke wider. Da hätten er und Ehefrau Sonja nicht lange überlegt und ihr Haus für die Betroffenen und die Rettungskräfte zur Verfügung gestellt. "Ich habe gleich erst einmal Tee und Kaffee gekocht und warme Socken aus dem Schrank geholt", setzt die Ehefrau den Gedankengang fort.

Eingewickelt in Decken saßen alle, die Sonja Meschede im Haus auftreiben konnte, wenigstens erst einmal im Warmen. Unter ihnen auch jene Bewohnerin, in deren Wohnung der Brand, durch eine Kerze, wie die Feuerwehr vermutet, ausgelöst worden ist.

Im Ersatz-Quartier

Im Seniorentreff warten unterdessen zwei Mitarbeiter der Wohnungsgesellschaft auf die Rückkehr der Bewohner aus dem Krankenhaus. "Wir haben bereits Telefonnummern von Familienangehörigen organisiert, denn die alten Leute können aufgrund der starken Rauchentwicklung, noch nicht in ihre Wohnungen", ist von Renate Tusel zu erfahren. Und der technische Mitarbeiter Bernd Geske ergänzt, dass er mit den Einwohnern noch mal zu deren Wohnungen fahre, damit sie sich ein paar Sachen holen können. "Wer nicht bei der Familie, Freunden und Bekannten unterkommen kann", setzt Renate Tusel hinzu, "kann auch im ,Haus Barbara' wohnen."

Bereits angelaufen sind am Freitag die Reparaturarbeiten im Haus. Weil nicht alle Wohnungen übers Wochenende leer bleiben müssen, bemühte sich die Wohnungsgesellschaft, Strom und Heizung wieder in Gang zu bekommen. Wegen der hohen Temperaturen war der Heizkörper in der brennenden Wohnung so leckgeschlagen, dass Wasser auslief. Zudem wurde eine wichtige Stromleitung fürs Haus beschädigt. "Gott sei dank ist niemandem etwas Schwerwiegendes passiert", sagt der stellvertretende Geschäftsführer der Wohnungsgesellschaft, Wolfgang Stiehler, der Schaden sei aber doch erheblich.