"95 Schätze - 95 Menschen" Martin Luther: Feuerwerk für den Reformator in Wittenberg

Wittenberg - Es nimmt kein Ende mit Martin Luther - wie schön! Zu diesem erfreulichen Schluss mag kommen, wer sich aufmacht, die dritte der Nationalen Sonderausstellungen zur Reformation zu besichtigen, die am heutigen Freitag im Wittenberger Augusteum, gleich am Lutherhaus in der Collegienstraße gelegen, eröffnet wird und dem Publikum vom Samstag an bis zum 5. November offen steht.
Wie ein Kaskadenfeuerwerk sind die drei aufwendig gestalteten Ausstellungen „gezündet“ worden: Zunächst die Berliner im Martin-Gropius-Bau, in der es, der Hauptstadt angemessen staatstragend um die weltweite Wirkung der Reformation geht. Dann die Eisenacher auf der Wartburg, wo Luther als „Vogelfreier“ unter dem Decknamen Junker Jörg vor erbosten „Altgläubigen“ versteckt worden war, mit dem Teufel rang, seinem gnädigen Gott vertraute und die großartige Bibel-Übersetzung ins Deutsche schuf. Epochal.
Der Mensch und seine Zeit
Nun ist Wittenberg an der Reihe, als letzte Station. Und eigentlich verdient es diese Schau, an erster Stelle genannt zu werden. Denn hier, wo der in Eisleben geborene und in Mansfeld aufgewachsene Reformator, der den Katholiken über lange, erbitterte Kampfzeiten hinweg nur als Kirchenspalter galt, weit mehr als 30 Jahre lang lebte und wirkte, wird der Heimvorteil nun nach besten Möglichkeiten ausgeschöpft.
Der Mensch Luther in seiner Zeit ist es, den die Ausstellungsgestalter um Stefan Rhein, den Direktor der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt, konsequent in den Mittelpunkt der Betrachtung rücken. Die Idee ist bezwingend, die Umsetzung rundum überzeugend - nicht zuletzt dank der zahlreichen kostbaren Objekte, die man aus in- und ausländischen Sammlungen hat leihen können.
In der ersten Abteilung wird der junge Mönch Luther, den seine Suche nach dem reinen Glauben in schwersten, existenziellen Konflikt mit dem Papsttum und dem von ihm betriebenen Ablasshandel stürzte, auf seinem Weg von Angst und Leiden zur Erlösung begleitet - in einer symbolträchtig verwinkelten Architektur. Gegenstände und Zeugnisse des 16. Jahrhunderts illustrieren diese Entwicklung und den damaligen Zeithorizont.
Klare Ansage an Albrecht
Am Ende wird Luther seine legendären 95 Thesen formulieren und seinem großen Gegenspieler, dem Kardinal Albrecht, einen Brief, eine klare Ansage, schreiben. Das Dokument ist jetzt eigens aus Stockholm nach Wittenberg gebracht worden. Die Botschaft zeichnet der Rebell erstmals nicht mit seinem eigentlichen, dem Geburtsnamen Martin Luder, sondern selbstbewusst als Martin Luther. Der Bruch mit dem Hergebrachten, Bedrückenden ist unwiderruflich vollzogen.
Im darüber liegenden Geschoss stellt die Ausstellung 95 Menschen und ihre Verbindung zu Luther vor - darunter die Schriftstellerin Astrid Lindgren, der Apple-Gründer Steve Jobs, der Bürgerrechtler Martin Luther King und der Philosoph Friedrich Nietzsche. Aber auch dem breiten Publikum weniger Bekannte oder zu Unrecht fast Vergessene sind dabei, so der Schriftsteller, Theologe und Kirchenlied-Dichter Jochen Klepper, der 1942 mit seiner jüdischen Frau und einer ihrer Töchter in den Freitod ging, weil den beiden die Deportation in ein NS-Vernichtungslager drohte.
Am Ende der Schau steht ein Wort der 1943 von den Nationalsozialisten hingerichteten Widerstandskämpferin Sophie Scholl: „Freiheit“. Ein Wunsch, von dem die Reformation getragen wurde.
Bis zum 5. November, tägl. 9-18 Uhr, Eintritt: 8, erm. 6, Schüler 5 Euro
MZ-Beilage zur Ausstellung in Wittenberg
Am Sonnabend erscheint die Mitteldeutsche Zeitung mit einer Beilage zur Nationalen Sonderausstellung „Luther! 95 Schätze - 95 Menschen“ in Wittenberg, die am heutigen Freitag eröffnet wird und von Sonnabend an bis zum 5. November geöffnet ist.
Für die Jüngsten ist eine Etage des Augusteums in die Lutherzeit versetzt worden. Als Begleiter steht der als Mönch verkleidete Hund Tölpel bereit. Tatsächlich hatte der Reformator einen Hund dieses Namens. (mz)
