1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wittenberg
  6. >
  7. Marktplatz in Wittenberg: Marktplatz in Wittenberg: Ein Fest für die Fleischer

EIL

Marktplatz in Wittenberg Marktplatz in Wittenberg: Ein Fest für die Fleischer

Von Ilka Hilger 30.03.2014, 14:52
Fleischer Holger Freigang holt die Rauchwurst aus dem Ofen.
Fleischer Holger Freigang holt die Rauchwurst aus dem Ofen. KUHN Lizenz

WITTENBERG/MZ - Gegen Mittag sind die drei kleinen Schweine eingeschlafen und kuscheln im Stroh. Ganz anders als bei Zilly, Billy und Willy hat ihnen niemand ihr Dach überm Kopf weggepustet. Sie haben ihr Haus auf Rädern dabei und das parkt am Wochenende auf dem Wittenberger Marktplatz. Rund um das Trio tobt die Fleischeslust. Es wird gekauft und gekaut. Die Lutherstadt erlebt ihr 1. Schlachtefest und lässt es sich schmecken.

„Der Markt ist doch schon sehr gut gefüllt“, findet am Samstag zur Mittagszeit Andreas Thiele. Der Geschäftsführer von Zonkus Conkus Eventcatering hat die Veranstaltung organisiert. In einer gemütlichen Runde wurde die Idee geboren. „Den Aufwand haben wir anfangs etwas unterschätzt“, sagt Thiele. Nun aber haben vor allem Fleischer der Region ihre Verkaufswagen und Imbissstände aufgebaut und das zumeist ältere Publikum fühlt sich an jene Zeit erinnert, als das Schlachten auf dem Dorf selbstverständlich war.

Auch Rainer Knape erinnert sich daran. „Als Kind war ich dabei“, erzählt der Wittenberger. Auf dem Biertisch vor ihm steht ein Schlachteteller von Herziger aus Gräfenhainichen. Alles, was Knape schmeckt, ist drauf: Wellfleisch, Klops, Niere und Blutwurst. „Das kann es jedes Jahr geben“, sagt der Rentner. Und weil es so gut mundet, bleibt der Herd bei den Knapes am Wochenende kalt. Auch am Sonntag kommt das Ehepaar noch mal auf den Marktplatz.

„Ich weiß, was ich verarbeite“

Ein paar Schritte weiter haben sich Hannelore und Rudolf Höpfner für Ochsenfleisch mit Meerrettich entschieden und ein Wurstpaket gekauft. „Das ist mal was anderes und wird auch angenommen“, sagen die Wittenberger. Tatsächlich stimmt der Zuspruch Veranstalter Thiele zufrieden. Lange Schlangen bilden sich vor den Imbissständen, zur deftigen Wurst gibt es Blasmusik und im Internet fanden sich gar Gedichte zum Schlachtfest, von denen die Moderatorin eines vorträgt.

Für die Reimereien von Hobbydichtern hat Holger Freigang indes kein Ohr. Er bestückt seinen Räucherofen mit Wurst. Der Fleischer hat sein Geschäft in Bergwitz. „Es ist gut, dass sich jemand gefunden hat, diesen Markt zu organisieren“, erzählt der Fleischer. Einen alten Fleischwolf, eine Molle und eine Füllmaschine hat Freigang aufgebaut. „Wir werden ja immer weniger Handwerker und dürfen uns nicht verstecken“, erklärt er. Mit den Maschinen kann er demonstrieren, wie die Wurst in den Darm kommt. Und Freigang weiß auch, woher das Fleisch dafür kommt. Gut 300 Schweine hat er. „Ich weiß, was ich verarbeite.“

Wer von Schwein, Rind und Co. gar nichts wissen will, wird auch fündig. Beispielsweise beim Käse vom Fläminger Ziegenhof. 69 kleine Ziegen wurden in den vergangenen Wochen in Zahna geboren. „Wir haben den Müttern schon ein wenig von der ersten Milch geklaut“, sagt Bianca Nerenz. Zwei Ziegen und ein Zicklein hat sie mitgebracht. Dieses Trio ist an diesem Wochenende jedoch nicht so verschlafen wie die Schweine.